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Lokaler Infektionscluster in QingdaoDas Coronavirus ist zurück in China

Nach knapp zwei Monaten ohne lokale Infektionen in China wurde nun ein neuer Cluster in Qingdao entdeckt. Dort waren gerade Millionen von Touristen.

Der Virus ist zurück: Coronatestung in Qingdao am 12. Oktober Foto: Li Ziheng/Xinhua/imago

Peking taz | Seit fast zwei Monaten schien die Volksrepublik China die Viruspandemie hinter sich gelassen zu haben: Die wenigen Coronafälle, die die Gesundheitsbehörde in Peking registrierte, stammten ausschließlich von Einreisenden aus dem Ausland.

Nun jedoch ist das Virus nach China zurückgekehrt. In der ostchinesischen Küstenstadt Qingdao, bekannt für ihre Bierbraukunst, Sandstrände und eine pittoreske Altstadt mit deutschen Kolonialgebäuden, haben sich bislang mindestens 19 Menschen mit Sars-CoV-2 angesteckt – darunter auch ein Taxifahrer, der das Virus möglicherweise an viele weitere Personen weitergegeben haben könnte.

Was in den meisten Ländern der Welt geradezu verschwindend niedrige Zahlen wären, löst in der Volksrepublik unter den Behörden Panikstimmung aus: Die epidemiologische Strategie der Volksrepublik lautet schließlich seit März, die Wachstumskurve nicht abzuflachen, sondern auf null zu senken.

Präsident Xi Jinping hat den Sieg über das Virus zudem wiederholt zur Chefsache erhoben. Innerhalb der Bevölkerung stützt jener Erfolg die Stellung der Kommunistischen Partei. Und auch vor der internationalen Staatengemeinschaft soll er kritische Fragen zum Umgang mit dem Virus während des Ausbruchs in Wuhan übertünchen.

Millionen von Tests innerhalb kürzester Zeit

Wie schon zuvor in Wuhan werden nun auch in Qingdao sämtliche neun Millionen Einwohner innerhalb einer Woche auf das Virus getestet. Mit dieser drastischen Maßnahme können die Behörden gleichzeitig einen stadtübergreifenden Lockdown verhindern. Bislang sind lediglich die Apartmenthäuser der positiv getesteten Stadtbewohner abgesperrt.

Auf diesem Wege konnte China seit Ende März sämtliche lokalen Infektionscluster frühzeitig eindämmen, ohne dass weite Landesteile betroffen waren. Diesmal jedoch sind über 600 Millionen Chinesen während der nationalen Feiertage in der ersten Oktoberwoche quer durchs Land gereist, hauptsächlich, um ihre Familien zu besuchen. Rund 4,4 Millionen Besucher verzeichnete allein die Stadt Qingdao. Die Gefahr besteht also, dass das Virus bereits in weitere Provinzen eingeschleppt wurde.

Auf den sozialen Medien berichten viele Chinesen nun, dass sie ihre geplanten Reisen nach Qingdao abgesagt hätten. Zudem fokussierte sich die Debatte darauf, ob die heimischen Behörden bei der Behandlung von importierten Fällen bestimmte Schlupflöcher übersehen hätten.

Dabei zählt das System zu den strengsten der Welt: Trotz mehrerer negativer Corona­tests müssen Einreisende die Quarantäne in einem staatlich zugewiesenen Hotelzimmer absolvieren, das rund um die Uhr bewacht wird. Bislang hat die Regierung bei neu auftretenden Virusfällen dennoch stets betont, dass diese aus dem Ausland stammten – entweder durch illegale Grenzgänger oder gar über importierte Meeresfrüchte.

Solche Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Auch die offiziellen Statistiken sollten mit einer gewissen Skepsis betrachtet werden. Die meisten Beobachter werten sie eher als groben Gradmesser. Doch auch als solcher sind die Zahlen im Land mit der größten Bevölkerung der Welt überaus beeindruckend: Bislang zählen die chinesischen Behörden knapp 85.600 Infektionsfälle und 4.634 Tote.

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3 Kommentare

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  • Tja, Millionen von Tests innerhalb kürzester Zeit, eine super Idee, aber so was schaffen nur die Chinesen.



    Keiner hat so viele test zur Verfügung, außer sie. Hätten die Chinesen das am Anfang der Pandemie gemacht, hätten sie uns und der ganzen Welt sehr viel Unnötigen leid gespart.



    Thank you china!!!

  • 1G
    15797 (Profil gelöscht)

    Es geht doch wohl nicht darum, "Angaben" unabhängig zu überprüfen. Sicher ist, China wird es besser und schneller handhaben, als Deutschland - auch ohne eine unabhängige Überprüfung . Ich wohne in Vietnam, da geht es sehr aehnlich.



    Beim geringsten Verdacht wird weiträumig isoliert/in Quarantäne gesteckt, vom F0 bis zum F3 bei Plan plus alles, was eventuell. Das geht ohne weiteres. Alles, bis hin zu den Mahlzeiten, was dann passiert ist bekannt, bis hin zum letzten Bettler.



    Abriegelungen erfolgen wo möglich, bei Block/Strasse/Gemeinde/Stadtviertel ansonsten gibt es Camps. Militaer und Polizei riegeln hermetisch ab, Zugangskontrolle bei Polizei und Milizen. Das Militär versorgt, unterstützt bei endlosen Freiwilligen/Familienangehörigen und Organisationen. Auch medizinisches Personal geht reichlich mit in die 14-Tage Schichten. Sowie jemand schon verdächtige Symptome hat, geht es ab ins Krankenhaus - Isolation, voll versorgt - der Staat zahlt. Versorgt wird mit allem, von Scratch/Sim Karten, Kleidung, Lebensmittel sowieso bis hin zur Babywindel als Standard. Wer da was braucht, wird tatsächlich festgestellt - das läuft eben militärisch ab, aber gespart wird nicht. Alleine die Mahlzeiten sind sehr guter Standard, besser, als viele der Menschen normalerweise haben und aufgestockt durch örtliche Unterstützung/Organisationen/Spenden. Alle Isolierten muessen mindestens 4 Covid Tests machen



    Auch wenn die Unterkunft nicht unbedingt Villa ist, werden Familien relativ zusammengehalten, Einzelne werden werden gruppiert.



    Es gibt sogar eingeschränkte kulturelle Veranstaltungen, besonders fuer die Camps.



    Und es ist bisher dort niemand gestorben.



    Der ganze Rest der Bevölkerung lebt dafür mit minimalen Einschränkungen, Maskenpflicht fast überall, sein ganz normales Leben.



    Vor nicht langer Zeit waren die bisherigen Kosten in den Zeitungen veröffentlicht. Knappe 40 Millionen USD nur und das gesamte Land hat normal funktioniert. In Deutschland geht das nicht? Sicher zu billig

    • @15797 (Profil gelöscht):

      Zumal Vietnam eine mit Deutschland sehr gut vergleichbare Einwohnerzahl und Bevölkerungsverteilung hat.

      Allein was dieses Land beim Testen vorlegt, ist sagenhaft. 4 Tests? Versuchen Sie die mal in einer deutschen Großstadt zeitnah zu kriegen - vom Bezahlen mal gar nicht zu reden.