Lockerungen für Tourismus: Kroatien prescht voran

Das Land bewältigt das Coronavirus bisher gut und will sich wieder für Touristen öffnen. Für MitteleuropäerInnen ist es ohne Flieger erreichbar.

Zagreb

Ausgangssperre in Zagreb im Mai Foto: dpa

Noch scheint die Sonne auf von Touristen unberührte Strände und Buchten, noch sind Restaurants und Cafés geschlossen, noch dämmern Flughäfen und Autobahnen vor sich hin. Doch schon bald könnte sich das ändern. Kroatien, das mit fast einem Fünftel des Bruttosozialprodukts vom Tourismus abhängt, drängt darauf, den Tourismus wieder anzukurbeln. Die Regierung will die Sommersaison noch nicht aufgeben. Schon in den nächsten Tagen wird es zu weiteren Öffnungen der Anti-Corona-Maßnahmen kommen.

Der Optimismus begründet sich auch auf die Tatsache, dass Kroatien die Coronakrise bisher gut bewältigt hat. Am Mittwoch gab es nur 7 Infektionen im gesamten Land mit 4, 5 Millionen Einwohnern. Die Zahl der Infizierten hält sich mit 2119 in Grenzen, davon sind 1601 genesen, es gab insgesamt 85 Tote (Stand 7.5.2020).

Als die Pandemie Anfang März von Italien, von Venedig und Triest aus die kroatische Region Istrien erreichte, reagierten die Behörden schnell und effizient. Die Grenzen wurden geschlossen, wer kam, musste in die Quarantäne. Die Städte und Gemeinden wurden isoliert, die Polizei überwachte die Zufahrtswege. Nur mit Sondergenehmigungen konnten die Bewohner Nachbarorte aufsuchen. Diese Sperren wurden zwar weitgehend aufgehoben, die Menschen sind jedoch nach wie vor angehalten, zu Hause zu bleiben, Masken zu tragen und Abstand zu wahren.

Und alle diese Maßnahmen zeigten Wirkung. Trotz des verheerenden Erdbebens, das die Hauptstadt Zagreb am 22. März erschüttert und Teile der Innenstadt zerstört hat. Nur in Zagreb und Split kam es zu mehreren Hundert Infizierten, in Split vor allem bei Insassen und dem Personal in Altersheimen. Ganze Landstriche aber blieben coronafrei, niemand durfte ohne Test und Sondererlaubnis die Inseln des Landes besuchen, teilweise wurde der Fährverkehr eingestellt. Auf beliebten Urlaubsinseln wie Rab, Hvar, Brac, Korcula konnte sich die Seuche nicht ausbreiten.

Grenzen öffnen, trotz Reisewarnung

Und dieses Pfund können die Kroaten jetzt bei der Diskussion über die Lockerung des Tourismus in die Waagschale legen. Trotz der Warnung des deutschen Außenministers, der jegliche Auslandsreisen für Deutsche in Frage stellte, ist die kroatische Regierung dabei, mit Slowenien und Österreich über die Öffnung der Grenzen zu verhandeln. Der große Vorteil Kroatiens gegenüber anderen Urlaubsländern wie Griechenland und der Türkei ist, dass Kroatien von Mitteleuropa aus mit dem Auto erreichbar und nicht auf den Flugverkehr angewiesen ist, betonen Tourismusexperten.

Tourismusminister Gari Cappelli strebt bilaterale Vereinbarungen mit Slowenien und Österreich an, auch um Durchfahrtsrechte für Deutsche, Tschechen und andere zu erreichen. Deutsche, slowenische und österreichische Touristen bildeten bisher das Gros der Touristen in Kroatien. Cappelli möchte das Land schon am 18. Mai ganz vorsichtig für den Tourismus öffnen. Dann soll der 14-tägige Quarantänezwang zunächst für Slowenen entfallen, die viele Ferienhäuser in Kroatien besitzen. Wahrscheinlich werden von Einreisenden Nachweise über negative Tests verlangt. Entscheidend werde hier freilich die epidemiologische Lage sein, betonte er letzte Woche.

Josko Stella, der Direktor der Tourismusbehörde der Hafenstadt Split und des umliegenden Verwaltungsbezirks (Splitska-Dalmatinska Zupanja), geht davon aus, dass die Saison noch nicht völlig abgeschrieben ist. Er denkt, dass bis August sich die Lage zwar nicht völlig normalisieren werde, aber in Absprache mit den Gesundheitsbehörden und Epidemiologen Wege für den Tourismus gefunden werden können.

Aufwind für Privatunterkünfte

Kroatien verfüge über 600.000 Ferienwohnungen und Privatunterkünfte, allein in der Region Split mit Inseln wie Brac und Hvar über 200.000. Hier könnten Besucher und Familien sogar alle jetzt gewohnten Vorsichtsmaßregeln einhalten und trotzdem Urlaub am Mittelmeer machen.

Was noch im vorigen Jahr von Experten als überholtes und falsches Tourismuskonzept selbstkritisch gerügt wurde, könnte sich nun als positiv erweisen. Viele Familien und Kleinunternehmer haben in Ferienwohnungen investiert. Zwar geht bei manchen Familien nach wie vor die Angst um, sie könnten wegen der Tourismusflaute die Kredite für den Bau und die Modernisierung dieser Wohnungen nicht mehr bedienen, doch jetzt ist ein wenig Hoffnung aufgekommen.

Auch die Wirtschaft soll wieder Schwung holen. Letzte Woche konnten schon Geschäfte außerhalb von Einkaufszentren sowie Dienstleistungsbetriebe ohne engen Kundenkontakt öffnen. Seit dem 4. Mai dürfen Dienstleister wie Friseurläden und Kosmetiksalons wieder aufmachen, ab 11. Mai sollen Kindertagesstätten und Grundschulen wieder öffnen. Auch Einkaufszentren können dann wieder in Betrieb gehen.

Das gilt auch für die zahlreichen Bars und Restaurants, aber nur, wenn sie ihre Kundschaft draußen im Freien bedienen. Und das hat zu produktiven Ideen geführt. Das Städtchen Jelsa auf der Insel Hvar kündigte an, dass Restaurants und Cafés in dieser Saison die Straßen des gesamten Zentrums nutzen könnten. Vorbild für diese Maßnahme ist die Stadt Vilnius in Litauen. Schon jetzt bereiten sich überall Städte und Gemeinden auf diese Maßnahmen vor.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.