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Lobbyarbeit gegen EnteignungenDesinformation und Gutachterei

CDU und Immobilienlobby bieten im Kampf gegen Enteignung Tricks und ein neues Gutachten auf. Das Volksbegehren hält dagegen.

Berlin darf am Wahlsonntag über die Zukunft von privaten Wohnkonzernen entscheiden Foto: dpa

Berlin taz | Auf den letzten Metern hin zur Abstimmung über den Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen am Sonntag zeigt das scheue Reh Kapital die Zähne: Während die Deutsche Wohnen trotz Wohnungsnot | jahrelang in Prenzlauer Berg Wohnungen leer stehen lässt, fürchten CDU und Immobilienlobby offenbar das laut Innenverwaltung rechtlich zulässige Volksbegehren, das private Wohnkonzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen vergesellschaften will.

Die CDU treibt ihre Desinformationskampagne auf die Spitze: Nachdem sie lange faktenresistent und wahrheitswidrig behauptet hatte, auch Genossenschaften seien von Enteignungen betroffen, greift sie jetzt sogar zur Wähler-Verwirrungstaktik: Die CDU-Fraktion verschickte Infomaterial, das vom Aussehen erstaunlich an amtliche Wahlunterlagen erinnerte – die Schriftarten ähneln sich, ebenso prangt das Berliner Stadtwappen auf dem Umschlag, in dem das vermeintliche Infomaterial verschickt wurden. Erst auf dem zweiten Blick wird deutlich, dass es sich um eine Kommentierung der CDU-Fraktion handelt.

Der Verein Mehr Demokratie e. V. kritisiert die Aktion: „Wenn die Information der amtlichen Mitteilung zum Verwechseln ähnlich sieht, ist das eine bewusste Täuschung der Abstimmenden!“ Michael Efler, direktdemokratischer Sprecher der Linken im Abgeordnetenhaus meldete sogar Zweifel an, ob die Aktion rechtskonform ist. Er sagte der taz: „Das Abstimmungsgesetz lässt den Einsatz öffentlicher Mittel vor Volksentscheiden nur begrenzt zu.“ Explizit sei es nur dem Abgeordnetenhaus und dem Senat erlaubt, angemessene öffentliche Mittel einzusetzen. Die Fraktionen seien nicht erwähnt, so Efler: „Von daher sind erhebliche Zweifel angebracht, ob das Vorgehen der CDU-Fraktion gesetzeskonform ist“.

Die Unionsfraktion sagte auf taz-Anfrage, die Sendungen seien an über 100.000 Haushalte gegangen. Man habe vorab ein Gutachten dazu mit dem Rechnungshof abgestimmt, alles sei rechtmäßig abgelaufen. Der Rechnungshof wiederum teilte ergänzend mit, man könne die Aktion nicht abschließend bewerten, weil das Informationsangebot nicht vorgelegen hätte.

Schwere Geschütze auch von der Immo-Lobby

Auch die Immobilienlobby greift kurz vor Torschluss zu schweren Geschützen: Der immobilienwirtschaftsnahe Verein Neue Wege für Berlin veröffentlichte ein Gutachten, das die Verfassungswidrigkeit eines möglichen Vergesellschaftungsgesetzes belegen soll und medial ohne zu viel störende kritische Einordnung aufgegriffen wurde. Erstaunlich dabei: Der Gutachter, der emeritierte Staastrechtler Ulrich Battis, hatte noch vor gut einem Jahr nicht nur in der taz die Auffassung vertreten, dass die Sozialisierung nach Art. 15 GG zulässig sei.

Auf taz-Anfrage sagte Battis zu seinem Meinungsschwenk: „Es ist eine Position, die ich im Laufe der Zeit entwickelt habe.“ Wie viel das Gutachten gekostet habe, wisse er nicht. Das habe eine beteiligte Anwaltskanzlei ausgehandelt. Im Übrigen halte Battis das Volksbegehren für sinnvoll, um politischen Druck aufzubauen. Der Volksentscheid sei rechtlich zulässig, ein Vergesellschaftungsgesetz aus seiner Sicht allerdings verfassungswidrig, so Battis.

Moheb Shafaqyar, ein Sprecher vom Volksbegehren, sagte dazu: „Das Gutachten vom Immobilienanwalt Battis ist kurios“, weil dieser selbst vor zwei Jahren Vergesellschaftung für unumstritten rechtmäßig gehalten habe. Shafaqyar verwies deswegen auf „unabhängige Gutachten“, etwa der wissenschaftlichen Dienste des Abgeordnetenhauses, des Bundestages und drei vom Senat beauftragte Gutachten, die eindeutig anderer Meinung seien. Shafaqyar sagte: „Da kann sich nun jede Person selbst ein Bild davon machen, wie ernst zu nehmend die Gefälligkeitsgutachten von Battis sind.“

Zuvor hatten CDU und Immobilien-Verbände ausdauernd und wahrheitswidrig behauptet, dass auch Genossenschaften enteignet werden sollen, obwohl dies niemals geplant war und rechtlich ausgeschlossen werden kann, wie auch ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Abgeordnetenhauses bestätigt. Dennoch raunte die Immo-Lobby bis zuletzt von Gefahren für Genossenschaften. Blöd nur, wenn ein selbst vom Immo-Verband BBU in Auftrag gegebenes Gutachten zum Schluss kam, dass Genossenschaften nicht von Enteignungen betroffen wären. Der Verband hat dann einfach vor der Abstimmung noch ein Gutachten nachgeschoben, dass erstaunlicherweise zum gegenteiligen Schluss kam.

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5 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Was soll den die Enteignung bringen? Neue Wohnungen? Nein, den es werden nur die bestehenden verkauft. Und das zu Marktpreisen. Da fließen Milliarden in bestehende Wohnungen! Die Eigentümer werden das Geld nehmen und an anderer Stelle in Europa neue Wohnungen bauen. Wenn wir Glück haben vielleicht sogar in Deutschland.

    Das Ende der glorreichen Enteignungsidee werden leere Kassen in Berlin sein und keine neuen Wohungen.

    Es geht hier nicht um bezahlbare Wohnungen , es geht den Befürwortern nur um Klassenkampf!

    Denn wenn man nicht enteignen würde sondern die Milliarden in den staatlichen Wohnungsbau in Berlin stecken würde, gäbe es mehr WOHNUNGEN und der Markt würde bei entsprechender Anzahl an Wohungen einen automatischen Mietpreisstopp bewirken.

  • Mensch jetzt ist es endlich raus - diese Fakemails, diese ganzen Phising-Mails diese angeblich amtlichen Schreiben von irgendwelchen Adressheinis ...



    eine Idee der CDU!

    Wer weiß, was die uns jetzt noch so alles unterzujubeln versuchen.

    Fakes bei diversen Doktorarbeiten sind ja schon fast der Klassiker.



    Aber Fakes bei Wahlkampfgeschreibsel das ist mal neu.

    Und wir lernen daraus: Die CDU weiß sehr genau, dass der Wähler ihnen ein Wort mehr glaubt - und darum segeln sie jetzt unter falscher Flagge ...

  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Wer irgendwas auf Gutachten der einen oder anderen Seite gibt, ist sehr naiv. Wer Gutachter bezahlt bekommt was er haben will, das einzige Gutachten das zählt ist das der Wähler und anschließend bei positivem Bescheid und versuchter Umsetzung (schon zwei Schritte die nicht zwangsläufig sind) das der Richter.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Sie haben erstaunlich wenig aus dem Mietendeckel Desaster gelernt.

      • 8G
        83379 (Profil gelöscht)
        @Hunky Dory:

        Populistische Maßnahmen ohne verstand Verstand funktionieren nicht, das hab ich gelernt.