Lithiumschatz im Erzgebirge: Ein neues "Berggeschrey"

Steigende Weltmarktpreise wecken das Interesse an einheimischen Erzvorkommen. Rund um Zinnwald wird erkundet, ob seltene Erden abgebaut werden können.

Die ehemalige Zinnerzgrube Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge ist heute ein Besucherbergwerk. Bild: dap

DRESDEN taz | Im erzgebirgischen Zinnwald startet derzeit offiziell ein Bergbauvorhaben, das SolarWorld-Chef Frank Asbeck schon vor Monaten angekündigt hatte: Das Bonner Fotovoltaikunternehmen will dort selbst nach dem für die Produktion moderner Batterien und Akkumulatoren so wichtigen Lithium suchen.

Davon werden bis zu 250.000 Tonnen am Standort auf dem Erzgebirgskamm vermutet, wo früher schon einmal Lithiumglimmer, vor allem aber Zinnerz abgebaut wurde. Zinnwald zählt damit zu den zehn reichsten Lithium-Lagerstätten der Erde.

SolarWorld will sich mit eigenen Erkundungen unabhängiger von Importen machen. Das Unternehmen setzt auf eine wachsende Nachfrage nach dezentralen Solaranlagen am Haus, für die die Energiespeicherung ein zentrales Problem darstellt. Die TU Bergakademie Freiberg, die älteste montanwissenschaftliche Hochschule der Welt, hatte von sich aus bereits im Januar 2010 Vorarbeiten geleistet und Gesteinsproben auf ihren Lithium-Gehalt untersucht.

Das jüngste Lithium-Projekt steht nicht allein. Manche sprechen schon von einem neuen "Berggeschrey" im Erzgebirge und in Sachsen. Unter dieser Bezeichnung verbreitete sich im 12. Jahrhundert schnell die Kunde von den ersten Silberfunden im Raum Freiberg. In zwei Wellen setzte daraufhin nicht nur eine verstärkte Besiedlung des Mittelgebirges, sondern auch der intensive Erzbergbau ein. Über Jahrhunderte sorgte das Silber für Sachsens Reichtum.

Mit der Einstellung des Uranabbaus durch die SDAG Wismut nach 1990 schien der Bergbau im Erzgebirge nur noch eine touristische Erinnerung zu sein. Doch die steigenden Weltmarktpreise für Metalle haben das Interesse an den aufgegebenen Lagerstätten auch im Hochlohnland Deutschland mit seinen strengen Umweltauflagen neu geweckt.

Jens Gutzmer, Inhaber des Lehrstuhls für Lagerstättenlehre und Petrologie an der Bergakademie Freiberg, findet das richtig. Man solle sich stets bewusst machen, dass der Zugang zu Ressourcen nicht selbstverständlich sei. "Da hinken wir hinter anderen großen Volkswirtschaften hinterher, die sich Zugänge bereits strategisch gesichert haben", sagt er.

Erst in der Erkundungsphase

Nach einer Übersicht des Sächsischen Oberbergamtes sind seit 2007 insgesamt 14 Bergbauberechtigungen in Sachsen erteilt worden, überwiegend für Lagerstätten im Erzgebirge. Gesucht wird unter anderem nach Kupfer, Zinn, Wolfram, Lithium, Silber, Nickel und Flussspat.

Die meisten Abbauvorhaben werden allerdings erst noch erkundet, die sogenannten Aufsuchungsbetriebspläne sind oft noch gar nicht eingereicht oder bestätigt worden. Bereits abgebaut und verwertet werden derzeit der für die Metallurgie wichtige Flussspat und Schwerspat im erzgebirgischen Niederschlag und das Lausitzer Kupfer.

"Der moderne Bergbau wird nicht zur Vollbeschäftigung in der Region führen und den Eigenbedarf nicht komplett decken", stellt Gutzmer klar. Aber die eigenen Vorkommen bei diesen speziellen Metallen seien für die deutsche Volkswirtschaft durchaus relevant und könnten die Importabhängigkeit verringern.

Ins Reich der Fantasie verweist er Spekulationen, auch der Uranbergbau könnte eines Tages wiederbelebt werden. Bis heute hat die Sanierung des Wismut-Erbes rund 5,5 Milliarden Euro verschlungen.

Auch über angebliche Goldfunde bei Freiberg machen sich wohl eher Heimatfreunde Gedanken. Einer der legendärsten Schätze der Weltgeschichte soll jedoch in der Erzgebirgserde bei Deutschneudorf schlummern: das verschollene Bernsteinzimmer des russischen Zaren Peter des Großen.

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