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Liste mit Lobbytreffen veröffentlichtRegierung ganz eng mit Bankern

Mitarbeiter des Finanzministeriums hatten seit 2009 über 100 Termine mit Experten aus Geldhäusern. Besonders gesprächig: Deutsche Bank und Goldman Sachs.

Man wird sich doch wohl mal treffen dürfen: Kanzlerin Angela Merkel und der einstige Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann Bild: reuters

BERLIN taz | Die Listen erstrecken sich über zwei Dutzend Seiten. Detailliert stellt die Bundesregierung darauf dar, wie häufig sich Regierungsvertreter in der laufenden Legislaturperiode mit Bankenvertretern getroffen haben – bei Auslandreisen, Empfängen oder beim persönlichen Gespräch.

Besonders beliebt bei den Bankern: Zusammenkünfte mit Vertretern des Finanzministeriums. 102 Termine führt die Bundesregierung hier auf. Darunter Treffen zwischen dem Deutsche-Bank-Kovorstandschef Anshu Jain und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) samt Staatssekretär a .D. oder Besprechungen zum Thema „Einschätzungen zum Finanzmarkt und dem Privatisierungsumfeld“.

Die Listen sind Teil einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion. Deren steuerpolitische Sprecherin, Barbara Höll, zeigt sich empört: „Von unabhängiger Politik kann unter diesen Umständen keine Rede mehr sein.“ Wenn sich der Staatsminister im Kanzleramt in dreieinhalb Jahren 25-mal mit dem Cheflobbyisten von Goldman Sachs treffe, müsse man sich über die Zurückhaltung der Bundesregierung bei der Bankenregulierung nicht wundern.

Höll spielt dabei auf Treffen zwischen dem Staatsminister Eckart von Klaeden (CDU) und Christoph Brand von der Investmentbank Goldman Sachs an. Zwischen November 2009 und Oktober 2012 sind in der Tabelle 25 Treffen vermerkt, zwei davon mit weiteren Teilnehmern. Der US-Konzern gilt als einer der Verursacher und Profiteure der Finanzkrise.

Dabei räumt die Bundesregierung in einem Vorwort zu der Antwort ein, dass die Listen nicht einmal unbedingt vollständig seien. Eine „lückenlose Aufstellung“ könne „nicht gewährleistet werden.“ Denn eine Verpflichtung, jeden Kontakt zu dokumentieren, gebe es nicht. Das gelte besonders für Kongresse oder Workshops, bei denen auch Bankenvertreter anwesend seien. „Mit diesen findet oftmals ein Gedankenaustausch während oder am Rande solcher Veranstaltungen statt“, heißt es in dem Dokument.

„Die Zahl der Kontakte ist eigentlich nicht das Problem“, sagt Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International Deutschland. „Die Frage ist: Worum geht es bei den Gesprächen?“ Grundsätzlich müssten, wenn es um eine Reform des Bankensektors gehe, natürlich auch Bankenvertreter angehört werden. Doch bei der Anhörung von Interessen sei es wichtig, alle Sichtweisen zu berücksichtigen – und das sei nach ihrer Erfahrung als Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes längst nicht immer der Fall. Auch Transparency selbst etwa sei bislang nicht zur Reform gefragt worden.

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16 Kommentare

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  • L
    LocksteinW

    Wegen der Doppelspitze bei der Deutschen Bank werden die Geburtstagsfeier-Vorbereitung zur deren Ehren immer umfangreicher...

     

    Oder hat man in freundschaftlicher Atmosphäre erörtert, ob die Bankenkrise in der EU wie in Island geschehen gelöst werden sollte und hat sich verabredet, weitere Treffen folgen zu lassen?

  • M
    mikeondoor

    schon mal was von Leihbeamten gehört? dazu das video:

    http://www.youtube.com/watch?v=QWwJdpycuPo

  • G
    GWalter

    Da können weder Gauck noch Merkel dümmliche Appelle und Durchhalteparolen an das Volk richten...alleine das Volk glaubt ihnen

    nicht !!

    -

    Das Volk möchte VOLKSABSTIMMUNGEN in allen wichtigen Fragen und die Politiker müssen endlich alle ihre Einkommen veröffentlichen.

    -

    Das Volk bekommt MINILÖHNE und MINIRENTEN, die POLITIKER BEAMTE und WIRTSCHAFTSBOSSE leben wie Gott in Frankreich.

    -

    Diese Republik ist eine BANANENREPUBLIK die ihresgleichen sucht !!!

    -

    Eine Regierung wird vom Volk gewählt und hat diesem "zu dienen" somit nochmal zurück zur Frage!!! Wie mehrfach im Forum erwähnt:

    -

    Ich glaube; Merkel, Gabriel, Steinbrück, Trittin und Rösler würden sogar ihre Oma verkaufen um die Wahl zu gewinnen um hinterher wieder alle gemachten Zusagen zu vergessen........ Schäbig!

  • N
    noevil

    Mich würde interessieren, wieviele Gesprächstermine es gab mit Vertretern der Verbraucherschützer und mit kommunalen Kämmerern. Welche Berater aus diesen Kreisen stehen unseren Bundesministern zur Seite?

  • L
    Lena

    Schwarz - Geld, äh Schwarz - Gelb, SPD sowie

    B 90/DIE GRÜNEN sind sowieso von der Bankenlobby geschmiert.

     

    Sie alle haben schließlich Politik zugunsten der Zocker-Banken gemacht, die die Finanzkrise verursacht haben. Diese Parteien haben per Zustimmung zu Fiskalpakt und ESM im Bundestag den Banken, Hedgefonds und Versicherungen 700 Milliarden Euro Rettungsschirm - Steuergelder aus Deutschland zum Fraß vorgeworfen. Gleichzeitig haben sie ihrer eigenen Entmachtung zugestimmt und das Recht über deutsche Steuergelder zu entscheiden an die EU-Finanzminister (EU-Gouverbeursrat) verschenkt.

     

    Die haben die Demokratie zerstört.

     

    Abgeordnetenbestechung ist immer noch nicht verboten in Deutschland. Warum wohl?

     

    Weltweit hat vor allem Goldman Sachs die Schlüsselpositionen in der Finanzpolitik besetzt.

     

    Die Banken und die anderen finanzstarken Lobbys regieren.Die SteuerzahlerInnen sind die gemeinsame Beute der Lobbys und von deren Knechten und Mägden, den PolitikerInnen.

     

    Die Demokratie in Deutschland und der EU ist längst strategisch von innen ausgehöhlt. Eine Illusionsveranstaltung für uninformierte Dummköpfe.

  • H
    Hans

    @Margit:

    Im Grunde teile ich ihre Ansicht, wobei wir in der heutigen globalisierten Welt nicht mehr sagen können, dass etwas "in die USA" verkauft wird, da die Kapitaleigner global agieren und höchstens ihren Firmen- oder Wohnsitz in den USA haben.

     

    Die USA wurde im Rahmen der Finanzkrise genau so ausverkauft wie Europa.

  • M
    Margit

    Meine persönliche Meinung ist schon lange, Deutschland verkauft Europa über Goldman Sachs an die Megakonzerne in USA. Deshalb werden soviel Staaten wie möglich "eingemeindet". Wieviele Staatsanleihen europäischer Nationen besitzt Goldman Sachs schon? Diese ganze Finanzkrisse wurde künstlich herbeigeführt. Es gab viele Warner die an die Wirtschaftskries vor dem 1. und dem 2. Weltkrieg gewarnt haben. Aber wie damals hört keiner zu. Die gesellschaftliche Erziehung zur Unbewußtheit funktioniert immer besser. Besonders mit Hilfe der Medien durch die Politik. Wir werden verkauft. Deutschland der Handlanger und immer noch ohne Friedensvertrag.

  • DS
    Dieter Schwarz

    Wenn vor der Transaktionssteuerentscheidung allein schon GoldmanSachs 25x mit Klaeden introchambriert hat, während "transparency" keinen einzigen Termin bekommen hat, müsste dies für die Opposition der Startschuss zu massiver Intervention sein.

     

    Denn schließlich haben SPD und Grüne den Merkel-Spardiktaten für Europa nur zugestimmt, weil sie die Transaktionssteuer (was immer jeder darunter verstehen mag) gegenüber der unwilligen Regierung "durchgesetzt" haben. So jedenfalls haben die Oppositionsoberen der deutschen Öffentlichkeit ihr Ja verkauft.

     

    Wenn jetzt herauskommt, dass das Finanzministerium nicht einmal mit denen gesprochen hat, die eine strengere Ausführung befürworten, kann der SPD-Fachmann und Kanzlerkandidat Steinbrück nicht dazu schweigen, auch wenn die skandalöse Liste erst durch eine Anfrage der Linken herausgekommen ist.

     

    Der Schattenfinanzminister Trittin ist ebenso gefordert, eine bessere Version des Elf-Länder-Vorschlags zur Transaktionssteuer einzufordern und überhaupt die enge Verbindung zwischen der deutschen Regierung und den so gefürchteten "Finanzmärkten" als das zu bezeichnen, was es angesichts der Häufigkeit der Bankentermine sein muss: wohlwollend formuliert massive Einflussnahme auf die Gesetzgebung ohne öffentliche Anhörung, realistisch betrachtet Entgegennahme von Gesetzesvorschlägen.

  • DS
    Dieter Schwarz

    Wenn vor der Transaktionssteuerentscheidung allein schon GoldmanSachs 25x mit Klaeden introchambriert hat, während "transparency" keinen einzigen Termin bekommen hat, müsste dies für die Opposition der Startschuss zu massiver Intervention sein.

     

    Denn schließlich haben SPD und Grüne den Merkel-Spardiktaten für Europa nur zugestimmt, weil sie die Transaktionssteuer (was immer jeder darunter verstehen mag) gegenüber der unwilligen Regierung "durchgesetzt" haben. So jedenfalls haben die Oppositionsoberen der deutschen Öffentlichkeit ihr Ja verkauft.

     

    Wenn jetzt herauskommt, dass das Finanzministerium nicht einmal mit denen gesprochen hat, die eine strengere Ausführung befürworten, kann der SPD-Fachmann und Kanzlerkandidat Steinbrück nicht dazu schweigen, auch wenn die skandalöse Liste erst durch eine Anfrage der Linken herausgekommen ist.

     

    Der Schattenfinanzminister Trittin ist ebenso gefordert, eine bessere Version des Elf-Länder-Vorschlags zur Transaktionssteuer einzufordern und überhaupt die enge Verbindung zwischen der deutschen Regierung und den so gefürchteten "Finanzmärkten" als das zu bezeichnen, was es angesichts der Häufigkeit der Bankentermine sein muss: wohlwollend formuliert eine massive Einflussnahme auf die Gesetzgebung ohne öffentliche Anhörung, realistisch betrachtet die Entgegennahme von (schon ausformulierten?) Gesetzesvorschlägen.

  • H
    Hans

    Und nu? Was ist an der Information neu?

    Und was ist mit den " nicht offiziellen" Treffen

     

    Das wir externe Sachverständige brauchen, heißt nur, dass die Beamten und Politiker keinen haben. Warum stellen wir nicht solche Leute ein? Wenn jemand umsonst oder zu unverhältnismäßigen Preisen der Politik oder den Behörden Sachverstand zur Verfügung stellt, ist noch andere Ware mit im Spiel.

     

    Lobbyismus ist nur die Mischung aus Gier und Faulheit, der sich unsere Beamte, Behörden und Politiker hingeben.

  • D
    dieter

    Falls Merkel irgendwann nicht mehr wiedergewählt wird, wird sie natürlich einen hochdotierten Posten bekommen in der Deutschen Bank oder bei GoldmanSachs.

    Wenn Merkel jetzt schon ihren Lohn für ihre Dienste bekommen würde, dann wäre sie ja korrupt.

    Ist sie natürlich nicht, das Geld bekommt sie, schön legal, erst wenn sie nicht mehr regiert.

  • S
    solidarity

    ....und das sind nur die "offiziellen" Termine

  • K
    kannes

    Goldman Sachs hat beim Schuldenmanagement

    Griechenlands derart grotesk vorsätzlich

    Anleitung zum Mißmanagement gegeben,

    dass eben auch über eine Mithaftung

    Goldman Sachs nachgedacht werden muss.

    Die Deutsche Bank fördert immer noch mit

    die Spekulation auf Lebensmittel eine

    Preisverzerrung zu Ungunsten der Lebensmittelpreise.

    Sie sollte als Mitverantwortliche für Lebensmittelkrisen durch Manipulationen

    am Lebensmittelmarkt an den Entwicklungshilfekosten

    durch derart hervorgerufene Hungerkrisen beteiligt

    werden!

    Diskussionen mit Goldman Sachs und Deutsche Bank

    sollten protokolliert werden und der Öffentlichkeit

    zugänglich gemacht werden.

    Ebenso sämtliche Geldtransfers zwischen Politikern

    und Banken!

    Die Kaste ist zu dubios geworden, um sie nicht

    mit Argusaugen zu beobachten und juristisch

    permanent zu überprüfen.

    Geheimverträge in Form von Public-Private-Partnerships müssen nichtig werden.

    Es muss ein vollkommenes Transparenzgebot

    und eine Kürzung der Verträge auf 10 Seiten in Normalschrift und im dudengerechten

    verkehrsüblichen Deutsch erfolgen, in denen

    keine Schachtelsatzkonstruktionen auftreten dürfen.

    Banken muss mit dem langfristigen

    Entzug der Geschäftslizenz innerhalb des jeweiligen

    EU-Landes gedroht werden, wenn kriminelle

    Machenschaften oder Anleitung zum groben

    volkswirtschaftlichen Mißmanagement gegeben wurde.

    Selbstverständlich sind mit einem Lizenzentzug

    auch sämtliche Verträge dann mit einem Anfechtungszwang seitens des Staates zu belegen!

    Diese Verfahren werden dann bei der WHO ausgetragen

    und können sich dann ohne Zahlung irgendwelcher

    Kosten auf 20 Jahre und ohne Zinsleistung

    hinziehen! Das Recht muss von den Banken wieder

    zu den Staaten zurückgegeben werden!!!

    Nur so ist der Weltfrieden gewährleistet!

    Im Zweifelsfall müssen Banken sterben, aber nicht

    Staaten oder Menschen!!!!!

  • S
    spiritofbee

    Das sind die offiziellen Treffen, die "konspirativen" werden nicht mitgezählt.....

    Eine Reform des Bankensektors, oder die Diskussion darüber ist schlicht Maklatur, nennen wir es Wählerfutter fürs deutsche Wahljahr mit garantierter Empörung der Massen.

    Es ist wie einem mittelmäßigen Hollywoodfilm. Die Akteure sind immer ein paar Schritte voraus, nur geht diesmal das Happyend zu Lasten von Europas Volkswirtschaften.

    Hedgefonds (oder sagen wir besser Ihre Inhaber) haben längst über die von Ihnen gesteuerten Bankensysteme ganze Staaten und ihre Volkswirtschaften in der Hand.

    Lesenswerte Infos zum nach- und selberdenken:

     

    www.nachrichtenspiegel.de/2013/02/24/wie-hedgefonds-die-marktwirtschaft-vernichten-und-uns-durch-minister-pferdefleisch-servieren/

  • J
    JadotA

    „Die Zahl der Kontakte [mit Bänkstern] ist eigentlich nicht das Problem“, sagt Edda Müller (wie süß!) sondern „Worum geht es bei den Gesprächen? » sagt sie frech.

    Nun, ja … Haben Bänkster etwa Probleme mit: Anerkennung , Geld, Sicherheit, Überleben, Rente?...

     

    „102“ Terminen mit dem Finanzbundesministerium, sprich alle 3 Tage. Welche benachteiligte Gruppe kann sich so viel Bundesohren-Aufmerksamkeit erhoffen?.

    Keine.

    Es wird hier gemauschelt, was das Zeug hält.

     

    Ich denke, solange Schäuble, der sparsame Schwabe, seine Kraftpapierumschläge kriegt, wird er nicht fahrend davon preschen.

    Und solange es legal ist, werden die Geld Fan zusammenhalten.

     

    Ich glaube, meine Verachtung wird von Tag zu Tag besser.

    Nur zu solange, das Plündern mit Merkel’s Hilfe gesegnet ist.

    Alleluja!

  • K
    Kimme

    Und wo ist die Neuigkeit oder der Skandal? Lobbyisten, Unternehmen und Verbände sind auf allen politischen Ebenen als Experten willkommen und auch nötig. Das Bankenvertreter regelmäßig im Finanzministerium auftauchen ist daher wenig verwunderlich. Im Gesundheitsministerium werden es u.a Pharmavertreter sein und im Ministerium für Landwirtschaft eben Bauernvertreter. Aus keinem anderen Grund sind sie auch regelmäßig Gäste in den Ausschüssen des Bundestages in den alle Parteie vertreten sind, auch die Linke.

    Ein Gesundheitspolitischer Sprecher der Linken oder der Grünen wird auch regelmäßig mit Vertretern der Pharmalobby zusammentreffen und Termine haben.

    Und dass die Bundesregierungen mehr Treffen hat als die Opposition ist auch nicht verwunderlich, schließlich haben sie mehr Abgeordnete und sind Entscheidungsträger.

    Unter Gerhard Schröder hatten mit Sicherheit auch Grüne und SPD die meisten Zusammentreffen mit Lobbyisten.