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Linkenanfrage zu SchwangerschaftsabbruchAmpel ahnungslos

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, die Versorgungslage bei Schwangerschaftsabbrüchen zu verbessern. Was wurde daraus?

In Berlin protestieren Menschen gegen den „Marsch fürs Leben“ von Ab­trei­bungs­geg­ne­r*in­nen Foto: M. Golejewski/AdoraPress

Berlin taz | „Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht von Frauen“, versprechen SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag unter der Überschrift „Reproduktive Selbstbestimmung“. „Wir stellen Versorgungssicherheit her“, heißt es zu Schwangerschaftsabbrüchen. Im Juni 2022 schaffte die Ampel Paragraf 219a Strafgesetzbuch ab. Dieser hatte es Ärz­t*in­nen verboten, auf ihren Webseiten darüber zu informieren, dass und wie sie Abbrüche durchführen.

Die Linksfraktion im Bundestag hat nun nachgefragt, was aus den restlichen Vorhaben geworden ist. „Koalitionsvertrag und Regierung scheinen miteinander nichts zu tun zu haben“, kommentiert die Abgeordnete Heidi Reichinnek die Antworten auf die Kleine Anfrage. „Die Bundesregierung sieht sich für das, was im Koalitionsvertrag steht, nicht zuständig.“

Hintergrund ist die sich stetig verschlechternde Versorgungslage für ungewollt Schwangere. In manchen Gegenden müssen Menschen für einen Schwangerschaftsabbruch über 100 Kilometer weit fahren, immer weniger Ärz­t*in­nen führen Abbrüche durch. So hat sich die Zahl der Stellen, die dem Statistischen Bundesamt durchgeführte Abbrüche melden, seit 2003 von 2.050 auf 1.108 nahezu halbiert.

Gefragt, wie die Versorgungssicherheit verbessert werden solle, antwortet das Bundesgesundheitsministerium (BMG): „Der Bund hat aufgrund fehlender Zuständigkeit keine direkte Möglichkeit, auf die Verbesserung der ärztlichen Versorgungslage in den Ländern Einfluss zu nehmen.“ Das Bundesfrauenministerium sei aber in verschiedenen mit dem Thema befassten Bund-Länder-Gremien vertreten und nehme dort „eine unterstützende Rolle ein“.

Definition Versorgungssicherheit unklar

Die Linksfraktion wollte auch wissen, wie die Bundesregierung „Versorgungssicherheit“ definiere. Die „Auslegung des Begriffs und die Umsetzung“ erfolge „durch die Länder in eigener Zuständigkeit“, so das BMG, die Bundesregierung könne „auch hierbei nur eine unterstützende Rolle einnehmen“.

Zur Frage, wo die Bundesregierung denn Versorgungslücken sehe, antwortet das Gesundheitsministerium, es lägen hierzu „keine aktuellen Erkenntnisse“ vor. Eine Antwort, die Reichinnek empört. Die Ampel müsste bloß ihre eigenen Landesparteien fragen, etwa in Bayern. Dort schlugen die Grünen im Juni angesichts der sich immer mehr zuspitzenden Lage vor, Unikliniken zur Durchführung von Abbrüchen zu verpflichten.

„Solange Schwangerschaftsabbrüche verboten und nur unter Bedingungen straffrei sind, wird sich nichts an Stigmatisierung und Tabuisierung ändern“, kritisiert Reichinnek.

Ende März hatte die Bundesregierung eine Ex­per­t*in­nen­kom­mis­si­on eingesetzt. Diese prüft unter anderem, wie Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafgesetzbuchs geregelt werden könnten. Die Ergebnisse werden frühestens Ende März 2024 vorliegen. Was mit ihnen passiert, ist unklar.

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1 Kommentar

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  • Welch ein erbärmliches Armutszeugnis für diese unsägliche rot-grün-gelbe Lachnummer !!!!

    Aber die Versorgungslage bei Schwangerschaftsabbrüchen ist ja nur die Spitze des Eisbergs.

    Versuchen sie doch mal einen MRT-Termin zu bekommen ...



    Oder einen Termin bei einem Orthopäden ...

    Oder -topaktuell- eine Impfung gegen Corana :-)