Linke über NSA-Untersuchungsausschuss: „Snowden bleibt Kronzeuge“
Weil das Treffen mit Edward Snowden in Moskau geplatzt ist, will Linken-Obfrau Martina Renner eine Befragung in Berlin einklagen. Es brauche endlich Klarheit.
taz: Frau Renner, Ihr NSA-Ausschuss ist in einem Dilemma. Gerade erklärte der Anwalt von Edward Snowden, für eine Befragung in dessen Moskauer Asyl gebe es „weder Raum noch Bedarf“. Eine Ladung nach Deutschland lehnt die Regierung ab. Ist Snowden für Ihren Ausschuss damit erledigt?
Martina Renner: Natürlich nicht. Snowden bleibt ein wichtiger Zeuge, ich würde sogar sagen der Kronzeuge. Gerade erst wurde Neues zur Zusammenarbeit des BND mit der NSA veröffentlicht. Snowden hat dazu nicht nur die Dokumente, er weiß sie auch zu interpretieren. Er kennt die Vorgänge aus seiner Arbeit bei der NSA, er kennt die Programme, mit denen die Daten abgesaugt werden. Wir können auf Snowden nicht verzichten.
Ihr Ausschuss will Snowden ja auch hören: Dafür ging es erst mal um ein informelles Treffen in Moskau. Hätte Snowden darauf nicht besser eingehen sollen?
Dass er das nicht tun würde, war uns klar. Das hatte uns sein Anwalt ja bereits bei einem Treffen im Mai angekündigt. Und eine informelle Kaffeerunde wäre auch nicht zielführend gewesen. Wir wollen Snowden als Zeugen in einer ordentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses hören: unter Wahrheitspflicht, in öffentlicher und freier Atmosphäre. All das wäre in Moskau nicht möglich gewesen.
Aber es hätte in einem zweiten Schritt nach einer Moskaureise geschehen können.
Das glaube ich nicht. Wahrscheinlicher ist doch, dass Union und SPD gesagt hätten: Na ja, so viel hat Snowden doch nicht zu sagen, wir belassen es dabei. Die Moskaufahrt hätte nur dazu gedient, weiter Sand ins Getriebe einer ordentlichen Zeugenvernahme zu streuen.
Wie wollen Sie diese Anhörung jetzt noch erreichen?
Wir haben schon in der letzten Sitzung einen Antrag gestellt, Snowden endlich ordentlich zu laden. Der Ausschussvorsitzende sollte dem nun nachkommen und einen konkreten Termin dafür anberaumen. Mit dieser Ladung könnten wir bei der Regierung Amtshilfe einfordern: die Beschaffung von Passersatzpapieren, die Zusicherung sicheren Geleits und einen Schutz vor Auslieferung in die USA.
Der Ausschussvorsitzende, CDU-Mann Patrick Sensburg, aber zögert. Und Amtshilfe lehnt die Regierung bisher ab.
Richtig, leider. Bleibt es dabei, werden wir vor dem Bundesverfassungsgericht klagen: gegen die Regierung, eventuell auch gegen die Ausschussmehrheit von Union und SPD. Wir brauchen endlich eine Klärung, wie Snowden vorzuladen ist. Es kann nicht sein, dass wir monatelang über diese Frage streiten. Das wird der Arbeit und dem Ansehen dieses Ausschusses nicht gerecht.
Würden Sie mit einer Klage gegen Ihre Kollegen von Union und SPD den Ausschuss nicht endgültig blockieren?
Die Blockade kommt doch nicht von uns, sondern von der GroKo. Dort wird mit allen Tricks versucht, unseren ursprünglich gemeinsamen Beschluss, Edward Snowden als Zeugen zu hören, zu torpedieren. Es geht jetzt darum, diesem Beschluss und unseren Interessen als Opposition endlich Geltung zu verschaffen.
Bis Ihre Klage entschieden wäre, könnte es dauern. Worauf sollte sich der Ausschuss bis dahin fokussieren?
Ich glaube, dass insbesondere der BND in den Fokus gehört. Wie arbeitete er mit der NSA zusammen? Wie überwacht er im Ausland? Die Akten, die uns der BND bisher dazu geschickt hat, sind unbrauchbar: breit geschwärzt und ohne jeden Namen von Mitarbeitern, nicht mal von Abteilungsleitern. Wer wofür verantwortlich war, bleibt völlig unklar. Stattdessen hat uns der BND acht Ordner mit Presseschnipseln geschickt. Das ist nett, aber eine Presseschau haben wir selbst. Da muss der BND noch ordentlich nachbessern.
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