Linda Gerner über eine antisemitische Karikatur in Schulbüchern: Erschreckend inkompetent
Wie kann eine antisemitische Karikatur vier Jahre lang in einem länderübergreifend genutzten Schulbuch unbemerkt bleiben? Niemand wurde stutzig – bis ein Lehramtsstudent in einem Seminar über die Abbildung stolperte und einen Artikel in der Duisburg-Essener Studierendenzeitung akduell veröffentlichte. Auf seine Anfrage meldete sich der Klett Verlag zwei Wochen lang nicht. Eine Reaktion kam viel zu spät – nämlich erst, als der öffentliche Druck stieg, weil der Student das Thema überregionalen Zeitungen anbot. Auch internationale Medien griffen es auf.
Dass der Verlag Stellung bezieht und die Auslieferung stoppt, ist das Mindeste. Aber fragwürdig ist schließlich nicht nur, wie die Karikatur dem Lektorat des Klett Verlags durchrutschen konnte, sondern auch, warum das Schulbuch so lange verwendet wurde, der Antisemitismus der Karikatur aber nicht zur Sprache kam. Schließlich sollte die Abbildung im Unterricht diskutiert werden. Den leuchtend gelben Schriftzug „Rothschildbank“, der auf ein unter Antisemiten beliebtes Klischee anspielt, dabei nicht zu bemerken, scheint absurd. Wie blind waren da nicht nur Verlagsangestellte und Kultusministerien, sondern auch Lehrende?
Umso wichtiger, dass dem jetzt auch auf politischer Ebene nachgegangen wird. Das Büro des Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck hat bereits Schreiben an den Klett Verlag und die zuständigen Ministerien verschickt. Die Diskussion wurde zu spät, aber immerhin doch angestoßen. Dennoch: Der Zeichner leugnet in anderen Zeichnungen offen den Holocaust. Der Verlag hätte recherchieren müssen, mit wem er da zusammenarbeitet – das ist nicht nur ein „bedauerlicher Fehler“, sondern erschreckend inkompetent.
Für Schulen muss der Skandal ein Anstoß sein, die Inhalte ihrer Bücher zu hinterfragen. Der Klett Verlag arbeitet derweil hoffentlich an seiner Medienkompetenz.
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