Libyen-Konferenz in Berlin: Der Wohlfühl-Gipfel
Der Berliner Libyen-Gipfel wird nicht gleich für Frieden sorgen. Aber immerhin hat er die Krisen in der Region in den Fokus gerückt.
U naufgeregt und aufgeräumt präsentierte Angela Merkel am Sonntagabend die 55 Forderungen des Berliner Gipfels zur Lage in Libyen. Die angereisten 12 Regierungs- und Staatschefs hatten sich bedingungslos hinter die zukünftige Einhaltung des Waffenembargos und weitere Friedensbemühungen gestellt. Dank deutscher Vermittlung ist eine Krise auf die internationale Agenda gerückt, die jahrelang unter ferner liefen gehandelt wurde. Weil Libyen reich ist und die zahlreichen lokalen Konflikte so undurchschaubar scheinen wie die Wege der Schmuggler über die Grenzen der Nachbarländer.
Merkel und Maas konnte ihren prominenten Besucher:innen und den libyschen Kriegsparteien die Aussage entlocken, dass man sich in einem einig sei: Eine militärische Lösung könne es in Libyen nicht geben. Dabei stehen die Namen Erdoğan, Sisi, Putin, aber auch ihre westlichen Gäste für genau das Gegenteil: In Syrien, Westafrika, der Krim, dem Irak oder dem Kaukasus wird wie in Libyen seit Jahren Politik mit Waffengewalt gemacht. Sicherheit vor Demokratie ist die Devise der Staatengemeinschaft in immer mehr Regionen der Welt
So werden auch die Waffenlieferungen an die libyschen Milizen nicht enden, sondern, eingeschränkt, weitergehen. Auch die Schlacht um Tripolis ist wohl nicht vorbei.
Aber immerhin gibt es nun einen Mechanismus, um diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die für Verbrechen an der Zivilbevölkerung und Migrant:innen verantwortlich sind. Libyen und die angrenzende Sahel-Region dürfen im Berliner Politikbetrieb nun kein Schattendasein mehr spielen. Korrupte Regierungen und radikale Gruppen machen die Region in Verbindung mit Migration zu einer Gefahr für die Nachbarländer wie Tunesien, aber auch füŕ Europa.
Der Wohlfühlgipfel von Berlin war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Im nächsten Schritt müssen nun diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die libysche Menschenrechts-Aktivist:innen, Politiker:innen oder Migrant:innen entführen und Waffen schmuggeln. Mit dem Internationalen Strafgerichtshof und dem Sanktionsausschuss der Vereinten Nationen stehen die Mechanismen dafür schon lange zur Verfügung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!