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Libanesische Hisbollah auf EU-TerrorlisteViel Symbolpolitik, wenig Konsequenz

Die Erklärung der EU war dürftig. Wie sie den militärischen Arm der libanesischen Hisbollah sanktionieren will, bleibt deshalb ein Rätsel.

Viele Arme der Hisbollah. Doch welcher ist zivil, welcher militärisch? Bild: dpa

BERLIN taz | Normalerweise wird ein Beschluss der EU-Außenminister in der angemessenen Form einer politischen Erklärung gegenüber der Presse kundgetan. Für die Entscheidung, die libanesische Hisbollah respektive ihren bewaffneten Arm auf die Terrorliste der EU zu setzen, gilt das allerdings nicht. Verwiesen wird in Brüssel stattdessen auf einen dürren Satz der Außenbeauftragten Catherine Ashton.

Dort heißt es: „Angesichts der Sorgen über die Rolle der Hisbollah sind wir übereingekommen, den militärischen Arm auf die Liste der Terrororganisationen zu setzen.“ Der Dialog mit den politischen Parteien im Libanon, die Hisbollah eingeschlossen, sei davon nicht betroffen.

Es stellt sich die Frage, wie die EU die Unterscheidung zwischen zivilem und militärischem Arm treffen will. Die Schiitenorganisation selbst weist diese Unterscheidung zurück: „Die Hisbollah ist eine einzige große Organisation, wir haben keine voneinander getrennten Flügel“, lässt sich Hisbollah-Sprecher Ibrahim Mussawi von Spiegel Online zitieren. In der Tat ist es für Außenstehende praktisch unmöglich zu erkennen, wo der zivile Flügel der Organisation aufhört und der militärische beginnt. Selbst wenn man unterstellt, dass die europäischen Regierungen jetzt noch die juristischen Details ausarbeiten, nach denen man Sanktionen gegen die Hisbollah wie Kontosperrungen, Einreise- oder Propagandaverbote verhängen kann, wird vieles an dem Beschluss nur Symbolik bleiben.

Die Behörden in Deutschland werden jedenfalls vor der Frage stehen, ob sie Sammlungen für „mildtätige Zwecke“, die Schiiten im Südlibanon zugute kommen sollen, künftig verbieten. Die militärische Struktur der Hisbollah ist aber definitiv nicht auf Sammlungen von Sympathisanten in Deutschland angewiesen. Ihre militärische Kapazität, die sie seit 1982 im Widerstand gegen die israelische Besetzung des Südlibanon und im Krieg gegen Israel von 2006 aufgebaut hat, bleibt unberührt.

Entwaffnung nicht vorgesehen

Von rein politischer Symbolik dürfte die EU-Entscheidung auch da sein, wo sie als Protest gegen die militärische Hilfe der Hisbollah für das Assad-Regime interpretiert wird. Die syrische Opposition sieht darin zwar schon einen ersten Schritt, „um die Intervention der Miliz in Syrien zu stoppen“ und Hisbollah-Führer vor den Internationalen Gerichtshof zu bringen. Doch praktisch wird niemand die Hisbollah-Milizionäre an einem Kampfeinsatz in Syrien hindern können. Und im Libanon selbst ist nicht einmal die Armee stark genug, um der Hisbollah militärisch Paroli zu bieten.

Militärisch sind europäische Verbände im Rahmen der Unifil-Mission im Libanon mit über 11.0000 Soldaten eingebunden. Eine ihrer zentralen Aufgaben sollte es sein, Waffenlieferungen aus dem Iran über Syrien oder über See an die Hisbollah zu unterbinden. Eine Entwaffnung der Schiitenmiliz sieht das Mandat aber nicht vor. Nach israelischen Angaben verfügt die Hisbollah längst wieder über ein beträchtliches Arsenal an Raketen und Granatwerfern. Eine unmittelbare Konfrontation haben Hisbollah- und Unifil-Verbände bisher noch stets vermieden.

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10 Kommentare

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  • Gegenüber Israel empören sich die Kritiker ständig, Israel würde irgendwelche UN-Resolutionen verletzen.

     

     

     

    Das kann die Terrororganisation Hisbollah auch ganz gut:

     

     

     

    Gemäß Resolution 1559 des UN-Sicherheitsrates wäre die Hisbollah zu einer vollständigen

     

    Entwaffnung verpflichtet. Dieser Verpflichtung ist sie bis heute nicht nachgekommen.

  • NN
    Nichts Neues

    Statt eines allerWelts-kommentars (Welt von Springer), der sich daran aufhängt wie man militärischen und politischen und was weiß ich für einen Arm unterscheidet, wären die Fragwürdigkeiten zu erörtern.

     

     

     

    "In Berlin erläuterte Staatssekretär Reinhold Lopatka vom Auswärtigen Amt, daß keine neuen Erkenntnisse über die Rolle der Hisbollah bei dem Anschlag in Bulgarien vorlägen. Wichtig sei aber »das politische Signal«. Die Hisbollah verhalte sich unakzeptabel...",

     

     

     

    heißt es etwa in der "Junge Welt"

     

     

     

    Da scheinen die Widersprüche zu liegen.

  • H
    Herb

    Bedeutender ist die Frage, mit welcher Beweisführung hier argumentiert wird, um die "Beweislage" für Anschläe auf europäischem Boden zu belegen.

     

     

     

    Zudem wird kein Hehl daraus gemacht, damit auf die Teilnahme der Hisbullah im Syrienkonflikt reagieren zu wollen und natürlich zudem Tel-Aviv in den Darmausgang zu kriechen.

    • @Herb:

      „die "Beweislage" für Anschläge auf europäischem Boden“:

       

       

       

      Neben dem Mykonos-Attentat in Berlin gibt es noch zahlreiche internationale Terroranschläge.

       

      Das sollte als „Beweislage“ zur Einstufung als Terrororganisation reichen:

       

       

       

      http://de.wikipedia.org/wiki/Hisbollah#Anschl.C3.A4ge

      • H
        Herb
        @Rosa:

        Da schau mal besser in der genaueren englischen Ausgabe nach.

         

         

         

        Dort steht, etwa Argentinien betreffend, etwas von "in Verbindung gebracht werden" (implicate).

        • @Herb:

          Ihr Versuch die Anschläge einer Terrororganisation schönzureden ist ungeeignet.

           

          Sie können gern den Anschlag in Argentinien aus der Lise streichen.

           

          Die Liste ist immer noch lang genug.

           

          Sie können es drehen und wenden wie Sie wollen:

           

          Eine Terrororganisation wie die Hisbollah muß eben auch als Terrororganisation eingestuft werden.

  • G
    gas

    Die Hisbollahsanktionen sind vielleicht eher ein Signal richtung USA ('jaja wir helfen euch') als reale EU Politik. Europa hat aus zwei Gruenden Interesse am Machterhalt Assads: 1) Sicherheit. Assad ist das kleinere Uebel verglichen mit seinen Gegnern (Talibanisierung, Vertreibung von Christen und Schiiten); 2)Erdgas. Iran, Irak und Syrien haben gerade ein Pipelineabkommen unterzeichnet. Die einzige Alternative zu Gazprom nachdem Nabucco gescheitert ist. Sowas steht natuerlich bei asian times online und nicht in der taz.

  • U
    UlfiBoy

    "Viele Arme der Hisbollah. Doch welcher ist zivil, welcher militärisch?"

     

     

     

    Ich sehe da auf dem Titelbild nur Islamofaschisten die im Namen ihrer religion am liebsten alle Juden und andere Ungläubige lieber heute als morgen vernichtet sehen wollen.

     

     

     

    Warum dürfen die das überhaupt? Wieso gibts in der deutschen Linken eher Tendenzen sich mit solchen Brüdern (Hamas und Konsorten) zu verbrüdern als ihnen ein ganz lautes "¡No pasarán!" entgegen zu schreien? Tja ein Schelm der Böses dabei denkt...

    • @UlfiBoy:

      "Islamofaschismus" - was soll das bitte sein? Und was wäre dann analog z. B. ein "Christofaschismus"?

       

       

       

      Und wo genau sehen Sie in der deutschen Linken nennenswerte Unterstützung für Hamas, Hisbollah oder ähnliche militant-islamfundamentalistische Organisationen?

       

       

       

      Ich halte die von Ihnen angedeutete Tendenz einer geistigen und politischen Nähe der Linken in Deutschland zum militant-islamistischem Fundamentalismus für eine ziemliche Unterstellung.

    • G
      Gast
      @UlfiBoy:

      Die haben vom Hitlergruss viellleicht noch nie gehoert. Wo kommt der eigentlich her? Andere Laender, andere Sitten, da mischen wir uns normalerweise nicht ein.