Letzte Hürde am Pankower Tor: Wer muss die Kröte schlucken?

Nachdem am Mittwoch der Masterplan vorgestellt wurde, kann das B-Plan-Verfahren beginnen. Doch das neue Pankower Zentrum kann noch scheitern.

Eine Kreuzkröte in der Natur

Es ist ein Kreuz mit der Kröte in Pankow Foto: Sven Erik/imago

BERLIN taz | Dass ihm die Moderatorin das letzte Wort anbot, ließ sich Kurt Krieger nicht nehmen. „Frau Giffey muss ein Machtwort sprechen“, forderte der Möbelkönig und designierte Investor des neuen Pankower Zentrums auf dem ehemaligen Güterbahnhof. „Möge sie mit der Faust auf den Tisch hauen.“

Eine Sekunde lang, das sah man Giffeys Miene an, zögerte die Regierende Bürgermeisterin mit ihrer Antwort. Dann sagte sie: „Wir leben in einer Demokratie. Ich bin aber sehr dafür, dass wir Wege finden und das beschleunigen.“

Gegenstand des Wortwechsels, zu hören beim Digitalen Bürgerforum zu Kriegers Bauvorhaben „Pankower Tor“, war nicht der Masterplan, der am Mittwochabend vorgestellt wurde, sondern die Kreuzkröte. Geschützt ist die und soll deshalb umgesiedelt werden nach Brandenburg. Naturschutzverbände dagegen wollen wegen der Kreuzkröte das ganze Vorhaben mit einem Bauvolumen von einer Milliarde Euro zu Fall bringen.

Kein Zufall also, dass Kurt Krieger sein letztes Wort diesem „letzten dicken Brett“ widmete, das es zu bohren gelte. „Die Brandenburger jedenfalls“, da ist er sich sicher, „sind bereit, die Kreuzkröte aufzunehmen.“

Dass die Umsiedlung der Kreuzkröte das letzte verbliebene Problem am Pankower Tor sein würde, war nach der Vorgeschichte der vergangenen zehn Jahre nicht unbedingt zu erwarten. Krieger selbst, der in Pankow aufgewachsen und inzwischen 73 Jahre alt ist, beschrieb die Planungsgeschichte so: „Am Anfang lag der Schwerpunkt auf dem Einzelhandel, jetzt ist es das Wohnen.“

Alle anderen Konflikte geklärt

Doch auch wegen des Einzelhandels drohte das Projekt lange Zeit zu scheitern. Sollte eine Shopping Mall eher am Bahnhof Pankow gebaut werden oder doch eher am S-Bahnhof Heinersdorf? Streit gab es auch über das Verkehrskonzept. Mittlerweile aber sind all die Fragen geklärt. Nachdem das Büro Nöfer Architekten im August als Sieger aus einem Werkstattverfahren hervorgegangen war, stellte Architekt Tobias Nöfer am Mittwoch den Masterplan vor.

Der Plan teilt das Gebiet in drei Teile. Am Bahnhof Pankow soll ein Stadtplatz entstehen, zwischen der Berliner Straße und der Mühlenstraße ein Park. Da gibt es dann auch ein Fahrradparkhaus und ein Fahrradkaufhaus, sagt Nöfer. Darüber hinaus überbrückt der Panketrail, eine der vom Senat geplanten Radschnellverbindungen, die Berliner Straße und führt dann entlang der S-Bahn-Trasse Richtung Heinersdorf. Entlang der Granitzstraße verläuft die Straßenbahntrasse. Das Quartier selbst soll „autoarm“ werden, also keinen zusätzlichen Autoverkehr verursachen.

Der mittlere Teil des Pankower Tors ist für Wohnen und für einen Park im Norden reserviert. Östlich daran schließt sich der Standort für eine Grundschule und zwei Kitas an. Auch eine Oberschule soll auf dem Gelände noch gebaut werden, kündigte Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) an. Noch läuft dazu aber eine Machbarkeitsstudie.

Der Entwurf von Nöfer, sagt Benn, sei beim ersten Digitalen Bürgerforum vor einem Jahr auch einer der Favoriten beim Publikum gewesen. Das konnte an die sechs eingereichten Entwürfe Punkte verteilen. „Das hat sich dann durch das Preisgericht bestätigt“, so Benn.

Soziale Wohnungen nach „Kassenlage“

Entsprechend konfliktarm war am Mittwoch die Diskussion im Chat. Auf eine Antwort auf die Frage, wie viele der 2.000 Wohnungen bezahlbar werden würden, wollte sich Krieger allerdings nicht festlegen. „Das entscheiden wir nach Kassenlage“, sagte er lapidar. Stadtentwicklungsstadträtin Rona Tietje (SPD), der anzumerken war, dass sie das Projekt im Gegensatz zu ihrem grünen Vorgänger voranbringen will, betonte allerdings, dass Krieger im Rahmen des Modells der kooperativen Baulandentwicklung verpflichtet sei, 30 Prozent Sozialwohnungen zu bauen. „Da achten wir als Bezirk sehr darauf“, so Tietje.

Tietje war es auch, die den weiteren Zeitplan vorstellte. Nach einer vorgezogenen Bürgerbeteiligung, die im März startet, soll Anfang 2024 der Bebauungsplan fertig sein. Maßnahmen wie Bodensanierung oder für den Artenschutz könnten aber schon vorher stattfinden, so Tietje. Das beinhaltet dann auch die Umsiedlung der Kreuzkröte.

Wie wichtig dieses Problem ist, betonte am Ende auch noch einmal die Regierende Bürgermeisterin. „In der kommenden Woche soll es ein Spitzengespräch zwischen Herrn Geisel und Frau Jarasch geben, um das Problem zu lösen“, sagte Franziska Giffey. „Dann werde ich die beiden noch mal ansprechen und fragen: Habt ihr das hinbekommen?“

Für Giffey wie auch für Kurt Krieger liegt es wohl außerhalb des Vorstellungsvermögens, dass 2.000 Wohnungen an einer Kreuzkröte scheitern könnten. „Das Pankower Tor ist eines der Flaggschiffprojekte für den Wohnungsneubau“, betonte Giffey, die den Wohnungsneubau zur „Chefinnensache“ erklärt hatte, wie sie sagte. An Krieger richtete sie die Worte: „Sie haben die Rückendeckung der Landesregierung für dieses wichtige Projekt.“

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