Leiterin von Flüchtlingsheim entlassen: Zu nett zu den Asylsuchenden
Mit einer bizarren Begründung entließ ein Landkreis in Brandenburg die Leiterin eines Heims für Asylsuchende. Nun muss er sie entschädigen.
BREMEN taz | Die Leiterin eines Asylheims rauszuwerfen, weil sie sich zu sehr für die Flüchtlinge einsetzt – das geht nicht einfach so. Am Montag kam es deshalb vor dem Arbeitsgericht Potsdam zu einem Vergleich. Geklagt hatte die 54-jährige Nina Schmitz gegen den Landkreis Teltow-Fläming, für den sie bis Mai als Sozialarbeiterin ein Flüchtlingsheim in Luckenwalde leitete.
In der Begründung der Kündigung heißt es: Schmitz habe Abschiebungen der Bewohner „offen kritisiert“ und damit „gegen die Interessen des Landkreises gehandelt“. „Aus ihrer Einstellung zu Gunsten der Flüchtlinge“ habe Schmitz „keinen Hehl“ gemacht. Tatsächlich: Bereits in ihrem Einstellungsgespräch, so Schmitz zur taz, habe sie erklärt, dass sie mit der Praxis in vielen Flüchtlingsheimen nicht einverstanden sei. „Dass ich dennoch eingestellt wurde, hat mich selbst etwas überrascht.“
Zuletzt lebten 42 Menschen aus Tschetschenien in der Unterkunft. Schmitz ließ sie mitbestimmen: Auf einem Plenum etwa entschieden die BewohnerInnen, dass der obligatorische Wachschutz ihre Personalien nicht kontrollieren solle. Schmitz sorgte für eine Beratung der Flüchtlinge, wollte Internet-Zugang und auf dem Gelände einen Lehmofen als Begegnungsprojekt mit der Nachbarschaft. Und: Sie kritisierte rassistische Äußerungen in der Verwaltung.
Wie in vielen Gemeinden dürfen sich auch in Luckenwalde Flüchtlinge in den ersten Monaten nach der Ankunft nicht aussuchen, wo sie wohnen. Bundesweit werden die Zustände in den Unterkünften von Geflüchteten immer wieder kritisiert; vielerorts wird beklagt, dass die Leitungen eine entwürdigende Praxis eher unterstützen statt ihr entgegenzuwirken. Nicht so in Luckenwalde. „Solange Frau Schmitz dort tätig war, lief es gut“, sagt Kay Wendel vom Flüchtlingsrat Brandenburg. Die neue Leiterin sei viel autoritärer, berichteten ihm die Flüchtlinge.
Wegen formaler Fehler hätte der Landkreis Schmitz wohl wieder einstellen müssen. Bevor es zu einem Urteil kam, einigten sich die Parteien jedoch darauf, dass der Landkreis Schmitz eine Entschädigung zahlt und die Vorwürfe zurücknimmt. Beim Landkreis Teltow-Fläming wollte man den Fall nicht kommentieren.
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