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Leiter übers Hamburger Sommerfestival„Austausch zwischen den Künsten“

Der Sommer mag sich rar machen, beim Internationalen Sommerfestival von Kampnagel gibt es trotzdem drei Wochen lang Tanz, Musik und Ausstellungen.

Stunts und tanzende Autos: Tanzstück „Age of Content“ des Marseiller Trios (La)Horde Foto: Fabian Hammerl
Interview von Jonas Frankenreiter

taz: András Siebold, zur Eröffnung unter anderem „Age of Content“ von (La)Horde und dem Ballet National de Marseille, zum Schluss Antoine Brumels „Erdbebenmesse“ von Graindelavoix. Inwiefern sind solche Tanzstücke „eine popkulturelle Erzählung über unsere Gegenwart“, wie es das Programmheft über das Festival insgesamt sagt?

András Siebold: Das Tanzstück zeigt, wie sich unser Verständnis von Content im digitalen Zeitalter verändert. Wie sich in einer zunehmend visuell geprägten Kultur auch Bewegungen, Sounds und Körper verändern. Dafür zieht das Trio (La)Horde alle Bühnen-Register von Stunts bis zu tanzenden Autos, so wie man das auch von dessen Arbeiten zum Beispiel für Sam Smiths millionenfach gestreamtes Video zu „Unholy“ kennt, oder von (La)Hordes vergangenen Sommerfestival-Arbeiten.

Bild: Julia-Steinigeweg
Im Interview: András Siebold

47, ist seit 2013 Künstlerischer Leiter des Internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel.

Täuscht es, oder liegt diesmal der Fokus auf Tanz und Musik?

Das ist eine Frage der Perspektive und vielleicht die Krux eines interdisziplinären Festivals. Es gibt zwar insgesamt 36 Konzerte und große Tanz-Stücke, aber auch drei große Ausstellungen: in der Kunsthalle, dem Kunstverein und den Deichtorhallen. Und Theaterstücke wie von der brasilianischen Radikalperformerin Carolina Bianchi über sexualisierte Gewalt oder vom südafrikanischen Empatheatre über eine Serienkillerin und die Geschichte Südafrikas.

Bedeutet das Nebeneinander, dass uns gegenwärtig manchmal die Worte fehlen?

Nein, der Austausch zwischen den Genres und Kulturen schafft doch oft erst ein neues Vokabular. Ein Wesensmerkmal der Avantgarde war immer der Austausch zwischen den Künsten. Performances in Museen haben der Kunst neue Impulse gegeben, Bildende Künst­le­r*in­nen das Theater nach vorne gebracht. Und Musik war sowieso immer der Motor performativer Kunst.

Es kommt auch zu Ko-Produktionen mit großen Häusern. Wie unterscheidet sich Kampnagel von denen?

Das Festival

Kampnagel Sommer­festival. bis 27.8., Hamburg, Kampnagel; Programm und alle Infos: https://kampnagel.de

Bei uns schlafen weniger Gäste in den Vorstellungen ein … Aber ernsthaft: Die Theater in Deutschland stehen unter enormem Veränderungs- und Innovationsdruck, die verlieren sonst ihre Relevanz und ihr Publikum. Deswegen sind Orte wie Kampnagel, zu deren DNA radikale und innovative Arbeiten gehören, zu starken Impulsgebern geworden. Jemand wie Florentina Holzinger, die aktuell erfolgreichste Theatermacherin im deutschsprachigen Raum, hat Jahre in den Hallen auf Kampnagel verbracht, bevor sie an der Berliner Volksbühne arbeitete. Was sie immer noch tut – mit uns als Koproduzent. Bei den Uraufführungen übernehmen wir dann oft auch ganz die Produktionen und sind Startrampe in die Welt.

Zum Beispiel?

„Heart of Brick“ eröffnet im Anschluss die Saison am großen New Yorker Joyce Theater.

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