Leistungsschutzrecht in der EU: Der längere Ast

Auch die französischen Verlage wollen, dass Google News keine Snippets mehr anzeigt. Google kann gut ohne leben – die Zeitungen aber nicht.

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Marktmacht schlägt Lizenzgebühren Foto: dpa

BERLIN taz | Google will wegen des Leistungsschutzrechts in Frankreich keine Ausschnitte aus Zeitungsartikeln mehr abbilden. Der Suchmaschinen-Konzern gab am Mittwochabend per Blogeintrag bekannt, dass er keine „Snippets“ mehr mit Textauszug und Bild erzeugen wird, wenn Frankreich das Leistungsschutzrecht umsetzt, das per EU-Recht vorgeschrieben ist. Schon seit Jahren versuchen Verlage, über das Leistungsschutzrecht Lizenzgebühren von Suchmaschinen zu erhalten. Gerade Google weigert sich aber, diese zu zahlen.

Wer in diesen Tagen, sagen wir mal, „Greta Thunberg“ in eine Suchmaschine eingibt findet jede Menge Links zu tagesaktuellen Zeitungsartikeln – mit kurzen Auszügen aus den Texten. Das ist so bei Bing, bei Ecosia und natürlich auch bei Google. Dort stehen dann zwei, meistens eher anderthalb Sätze aus der jeweiligen Zeitung unter den Suchergebnissen, genannt „Snippets“.

Die europäischen Verlage, im Wesentlichen der deutsche Zeitungsverband BDZV, finden: Diese anderthalb Zeilen sind unser geistiges Eigentum, qualifizierte Journalist*innen haben daran gearbeitet. Wir wollen, dass die Suchmaschinen – sagen wir's einfach: Google – dafür bezahlen.

Deswegen haben die Verlage jahrelang dafür lobbyiert, dass Suchmaschinen per Gesetz zu solchen Zahlungen verpflichtet werden. Genannt wird dieses Gesetz Leistungsschutzrecht. Der Internet-Volksmund macht es sich leichter und nennt das ganze „Linksteuer“.

Google mag nicht verhandeln

Mit dem reformierten EU-Urheberrecht von diesem Jahr ist ein Leistungsschutzrecht qua EU-Richtlinie vorgeschrieben. Allerdings noch nicht umgesetzt. Damit hat nun Frankreich als erstes EU-Mitgliedsland begonnen.

Streng genommen sollten sich Intermediäre und Suchmaschinen wie Google daher jetzt in Frankreich mit den Verlagshäusern zusammensetzen und verhandeln: Über Lizenzgebühren für Textausschnitte. Stattdessen wird Google in Frankreich nun keine „Snippets“ mehr zeigen, sondern nur noch den Link zum jeweiligen Artikel. Das gilt für die gesamte Suchmaschine, nicht nur für die Rubrik „News“. Ähnlich hat es Google 2014 in Spanien gemacht, als dort eine ähnliche Abgabenpflicht eingeführt wurde.

Google selbst argumentiert mit Gleichbehandlung und Vertrauen. „Wir verkaufen Anzeigen und keine Suchergebnisse – und jede Anzeige bei Google ist klar gekennzeichnet“, schreibt Google-Manager Richard Gingras am Mittwoch in einem Blogpost. „Deshalb zahlen wir nicht an Verleger, wenn Leute auf deren Links in Suchergebnissen klicken.“ Die bestechende Google: Logik: Niemand kauft sich in unsere Suchergebnisse ein.

Die Verlage bekommen aber die Möglichkeit, von sich aus festlegen zu können, ob sie auch Fotos und Textauszüge in der Websuche angezeigt haben wollen. Der französische Kulturminister Franck Riester nannte Googles Reaktion am Mittwoch „nicht hinnehmbar“ und kündigte Beratungen mit seinen europäischen Amtskollegen an.

Verlage können selbst für Snippets sorgen

Die Verlage bekommen die Möglichkeit, von sich aus festlegen zu können, ob sie auch Fotos und Textauszüge in der Websuche angezeigt haben wollen. Da die „Snippet“-Vorschauen auf den Suchergebnisseiten in der Regel für deutlich höhere Zugriffszahlen bei den verlinkten Seiten führen, gehen Experten davon aus, dass etliche Verlage den entsprechenden Programmcode in ihre News-Seiten einbauen, auch wenn kein direkter Geldfluss von Google damit verbunden sein wird.

Der BDZV kritisierte: „Der Konzern nötigt mit seiner Marktmacht die Verlage in Frankreich, Gratis-Lizenzen zu erteilen.“ Dieser Fall müsse sowohl in der anstehenden Debatte zur Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen „als auch bei der Umsetzung der EU-Copyright-Reform in deutsches Recht umfassend berücksichtigt werden“.

Erst vor wenigen Wochen war das deutsche Leistungsschutzrecht für Presseverlage, das noch vor der Urheberrechtsreform eingeführt wurde, wegen eines Formfehlers bei der Umsetzung vor Gericht gekippt worden.

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