Leipziger Buchmesse hat begonnen: Viel Lärm um die Bücher
Zum Start erinnern Lyrikerin Stepanova und Kulturstaatsministerin Roth daran, dass in der Ukraine auch Kultur verteidigt wird. Ein Rundgang.
Wie laut es hier ist. Wahnsinn. Wie sehr es unter der Glaskuppel in der zentralen Messehalle hallt, hatte man tatsächlich ein bisschen vergessen in den drei Jahren, in denen die Leipziger Buchmesse ausgefallen ist.
Nun gut, wenn man durch die lärmenden Schulklassen und die Cosplayer sowie Mangafans durch ist, die die vorderen Hallen gut befüllen, dann wird es etwas ruhiger. Etwa 20 Prozent weniger Aussteller, so hört man, sind in diesem Jahr gegenüber 2019 vertreten.
Die Messe kompensiert das durch etwas verkleinerte Hallen bei den Belletristik- und Sachbuchverlagen und durch breitere Gänge, was aber sowieso nicht so schlecht ist, und auch durch vergrößerte Lese-Inseln. Immerhin sind auch große Verlage wie Suhrkamp, Hanser, Rowohlt, Kiepenheuer & Witsch (klar, mit zentralem Benjamin-von-Stuckrad-Barre-Blickfang), Piper und Klett-Cotta mit Ständen vertreten.
Themen, um Bücher ins Gespräch zu bringen
Sowieso stellt sich beim ersten Rundgang schnell dieses typische Messe-Feeling sich rasend abwechselnder Eindrücke ein. Eine Literaturagentin kommt einem entgegen und sagt: „Die Branche hat sich doch sehr verändert.“ Man fragt gleich nach: In welche Richtung? Sie sagt: „Um Bücher ins Gespräch zu bringen, muss man mittlerweile vor allem Themen anbieten.“ Und schon geht sie weiter. Ein Verleger verkündet stolz, dass die Besucher*innen gleich zu Beginn der Messe ordentlich Bücher kaufen.
Die Ukraine hat einen großen Stand. Das war offensichtlich der Leipziger Buchmesse ein Anliegen. Es gibt ein umfangreiches Diskussionsprogramm, organisiert in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut. Am Donnerstagnachmittag wird etwa über die Frage gesprochen „Was braucht die Ukraine für den kulturellen Wiederaufbau?“. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) ließ sich am ersten Messevormittag auf dem Stand blicken, um sich zu informieren und ihre Anteilnahme zu zeigen.
Die Politikerin war auch eine der Redner*innen, die die Leipziger Buchmesse am Mittwochabend im Leipziger Gewandhaus feierlich eröffnet haben. Roths Rede folgte im Wesentlichen einer Dramaturgie in drei Teilen. Teil eins: Freude darüber, dass die Messe endlich wieder stattfinden kann. Teil zwei: Bestürzung angesichts des russischen Angriffskrieges. Teil drei: Zuversicht, dass Literatur und Lektüre ihre wichtige demokratiefördernde Stellung in der Gesellschaft behaupten können. Dies ist ja auch ein verständlicher Redenaufbau in bedrängender Weltlage.
Alle Reden fielen ähnlich aus
Nur dass die anderen Reden – von Leipzigs SPD-Oberbürgermeister Burkhard Jung, dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) und der Vorsteherin des Börsenvereins, Karin Schmidt-Friedrichs – ähnlich ausfielen.
Der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der Österreich als Gastland repräsentierte, fiel allerdings aus dem Rahmen. Lässig plauderte er in seiner Festansprache über die Besonderheiten österreichischer Sprache; bei ihm wurde sogar gelacht.
Die Dankesrede von Maria Stepanova, die den Leipziger Preis für europäische Verständigung erhielt, fiel dagegen verständlicherweise ernst aus. Die russische Lyrikerin lebt jetzt im Exil in Berlin. Dass die Ukraine nicht nur die ukrainische Kultur, sondern, genau besehen, die Kultur überhaupt – auch die russische – im Krieg verteidigt, war einer der Gedanken, die hängenbleiben werden; er wurde von Claudia Roth formuliert.
Wie wichtig es ist, die bessere russische Kultur zu repräsentieren – aber auch, was für eine Last da auf den Schultern liegt –, das konnte Maria Stepanova vermitteln.
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