Nachgefragt: „Leichte Distanz“spürbar
■ Peter Terstiege, als Chef der Innen- revision Polizist der Polizei, zieht Bilanz
Peter Terstiege (59), Chef der Innenrevision des Bremer Polizeipräsidiums, ermittelt seit zwei Jahren gegen PolizistInnen, die sich im Amt strafbar gemacht haben. In Kürze geht der ehemalige Kripomann in Pension. In der taz zieht er Bilanz.
Herr Terstiege, Sie sind die Polizei in der Polizei. Werden Sie von Ihren KollegInnen schief angesehen?
So eine leichte Distanz ist schon zu spüren. Polizeibeamte sind ja dazu da, Straftaten aufzuklären und zu verhüten. Wenn wir gegen Polizisten ermitteln, wird das mitunter nicht so gern gesehen, obwohl die Vorgesetzten und auch viele Kollegen davon überzeugt sind, daß die Polizei eine Innenrevision braucht. Aber es ist etwas anderes, wenn man selbst betroffen ist.
Werden Sie behindert?
Das will ich so nicht sagen. Es ist zwar schwieriger, gegen Polizeibeamte zu ermitteln, weil wir bei den Ermittlungen anders vorgehen müssen, damit der Beamte nicht gewarnt wird. Wir werden aber nicht behindert. Wir sind nur dem Präsidenten unterstellt und völlig frei.
Gibt es in der Bremer Polizei einen Korpsgeist?
Bei der Polizei gibt es auch Gruppen, in den sich häufig eine Art Kodex entwickelt. Man ist eine Gemeinschaft, und wenn ein Kollege in Not gerät, dann will man ihm helfen. Das ist gut. Das bedeutet aber auch, daß die Polizeibeamten eher geneigt sind zu schweigen, wenn gegen einen Kollegen z.B. wegen Körperverletzung ermittelt wird. Wir haben schon manchmal den Eindruck, daß „gemauert“wird.
Wieviel Fälle bearbeiten Sie?
Insgesamt haben wir etwa 300 Fälle im Jahr, dazu gehören aber auch die Beschwerdebriefe von Bürgern, die Dienstaufsichtsbeschwerden und die disziplinarischen Vorermittlungen.
Und wie oft geht es um Straftaten von Beamten?
In cirka 50, 60 Fällen.
Und wie oft machen Sie Polizisten dingfest?
Die meisten Fälle, die hier bearbeitet wurden, waren Körperverletzungsdelikte. Viele Fälle sind aber in Verbindung zu sehen mit dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Das eine erzeugt das andere. 1996 hatten wir 23 Anzeigen gegen BeamtInnen wegen Körperverletzung im Amt – die fast alle von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden sind.
Hat die Innenrevision dann nicht nur eine Alibi-Funktion?
Nein, die Ermittlungen dienen dazu, sowohl belastende als auch entlastende Fakten zusammenzutragen. Trotzdem sind zur Zeit aufgrund unserer Ermittlungen sieben Polizeibeamte wegen anderer Delikte als Körperverletzung suspendiert. Einige wurden rechtskräftig verurteilt, wegen Unterschlagung, Strafvereitlung im Amt oder Vortäuschung einer Straftat. Es passiert schon was, von Alibi-Abteilung kann nicht die Rede sein. Wir stecken hier nicht mit den Beamten durch. Daran haben wir kein Interesse: Die Polizei ist Teil der Gesellschaft, natürlich gibt es auch bei der Polizei „schwarze Schafe“. Die wollen wir loswerden. Fragen: kes
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