Lehrkräftemangel in Berlin: Die Senatorin bittet zu Tisch
Bildungssenatorin Busse (SPD) will einen Runden Tisch zum Lehrkräftemangel. Es soll eine offene Debatte geben, wie viel Unterricht noch leistbar ist.
Seit Busse sich im Mai hinsichtlich einer Lehrkräftelücke von knapp 1.000 Fachkräften zum kommenden Schuljahr „ehrlich gemacht“ habe, wie ihr Sprecher sagt, schwelt die Debatte, wie die Schulen mit diesem Mangel umgehen sollen. Busse hatte auf der Pressekonferenz zur Lehrkräftelücke damals betont, es werde keinesfalls an den Pflichtstunden – der sogenannten Stundentafel – gekürzt. Die Schulen müssten stattdessen beim Förderunterricht oder in ihren Profilbereichen, etwa bei Kunst oder Musik, kürzen.
Das pauschale Kürzen von Förderstunden wiederum sorgte für Protest: Bildungspolitiker*innen der rot-grün-roten Koalition meldeten sich zu Wort, der Landeselternauschuss ebenso. Man wünschte sich eine offenere Debatte.
Diskussion erwünscht
Busses Sprecher beteuert nun, die Senatorin habe nur mit Blick auf das kommende Schuljahr gesprochen: „Dazu brauchen die Schulleitungen jetzt Sicherheit und Verlässlichkeit.“ Perspektivisch brauche man „aber natürlich eine Debatte“ über die Stundentafel, auch: „Ist die Wochenstundenzahl noch sinnvoll?“
Quasi als Debattenbeitrag auf dem Tisch liegt bereits ein Vorschlag von SPD-Politiker*innen. Statt fixer Stundenvorgaben für jedes Fach hätten die Schulen ein flexibler einzusetzendes Stundenkontingent – das sie zum Beispiel auch gerade zugunsten von Förderunterricht einsetzen können.
Grüne-Strategiepapier zum Lehrkräftemangel
Abgeordnete der Grünen-Fraktion wiederum schlugen in einem „Strategiepapier Lehrkräftebedarf“ vor, Sportvereine mit ins Boot zu holen und Fächer wie Sport zumindest teilweise in „unbenotete Lernprojekte“ umzuwandeln. Außerdem müssten Kriterien erarbeitet werden, nach denen die Schulen eigenverantwortlich bei den Pflichtstunden kürzen dürfen. Denn: „Wenn Kürzungen nicht strukturiert erlaubt werden, werden sie faktisch trotzdem passieren.“ Dafür brauche es einen Runden Tisch mit der Verwaltung, „und zwar noch im Juli“, heißt es in dem Papier.
Der soll nun kommen – auch wenn Busses Sprecher Wert darauf legt, dass es nicht nur um den akuten Lehrkräftemangel gehen soll, sondern viel grundsätzlicher eben um „das Lernen im 21. Jahrhundert“. Ein „interessantes Framing“, findet Landeselternsprecher Norman Heise. Er bestätigt, dass die Verwaltung am Montag zu einem Termin geladen habe, wo es um dieses Thema gehen soll. Die erste Sitzung sei voraussichtlich nach der Sommerpause sinnvoll, heißt es aus der Bildungsverwaltung. Aus Sicht von Heise muss das schneller gehen: „Die Schulen müssen in den Ferien ihre Stundenpläne bauen, da wäre es sinnvoll, schon vorher Leitplanken zu setzen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?