Ampel verabschiedet Demokratiefördergesetz

Jahrelang wurde darum gerungen, nun einigt sich die Ampel auf eine dauerhafte Förderung für Demokratieprojekte. Doch es gibt Kritik von verschiedener Seite

Die Zivilgesellschaft sei das „stärkste Bollwerk gegen Extremismus“, sagte Faeser. Hier: Unteilbar-Demo in Berlin 2021 Foto: Fo­to: Sebastian Wells/Ostkreuz

Von Konrad Litschko

Seit Jahren hatten zivilgesellschaftliche Gruppen es eingefordert, seit Jahren wurde darum gerungen: Am Mittwoch nun beschloss die Bundesregierung ein Demokratiefördergesetz, auf Initiative von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne). Die Ampel setzt damit ein zentrales Projekt ihres Koalitionsvertrags um.

„Demokratie ist nicht selbstverständlich“, sagte Paus. Angesichts von Hass, Hetze und Gewalt müsse diese „widerstandsfähiger“ werden. Dabei helfe eine langfristige Finanzierung zivilgesellschaftlicher Projekte. Auch Faeser betonte, man wolle die „Demokratie von innen heraus stärken“. Die Zivilgesellschaft sei das „stärkste Bollwerk gegen Extremismus“.

Bereits der Bundestagsuntersuchungsausschuss zur NSU-Terrorserie hatte 2013 ein solches Gesetz eingefordert. Auch zivilgesellschaftliche Initiativen hatten immer wieder Druck gemacht. Ihr Problem: Ihre Demokratieprojekte werden bisher immer nur für eine Legislaturperiode gefördert und stehen dann vor dem Aus oder müssen mit veränderten Konzepten neu aufgestellt werden.

Schon die vergangene schwarz-rote Bundesregierung hatte das Gesetz einführen wollen – am Ende scheiterte es am Widerstand der Union. Die drängte auf eine „Extremismusklausel“, eine schriftliche Verpflichtung der Träger, sich zur Verfassungstreue zu bekennen – was diese als Generalverdacht kritisierten.

Die Ampel hatte das Demokratiefördergesetz dann als ein zentrales Projekt ausgegeben. Eine „Extremismusklausel“ gibt es im Gesetz nicht, wohl aber die Festschreibung, dass die Projekte „die Ziele des Grundgesetzes achten“ müssten.

In den vergangenen Jahren sei die offene Gesellschaft „zunehmend unter Druck geraten“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Vor allem rechtsextreme Straf- und Gewalttaten hätten „immer weiter zugenommen“. Auch durch islamistischen Extremismus, Linksextremismus oder den „sich zunehmend radikalisierenden“ Coronaprotest werde die Demokratie „in besorgniserregender Art und Weise beschädigt“.

Dagegen brauche es ein „breites Engagement für die Demokratie sowie überzeugte Demokratinnen und Demokraten“, halten die Ministerien fest. Entsprechende zivilgesellschaftliche Projekte wolle man „nachhaltig“ absichern und ihnen einen klaren Rechtsrahmen bieten. Der Bund sei hier in der Verantwortung, weil die Bedrohung nicht lokal sei, sondern bundesweit oder gar international.

Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, nannte das Gesetz „einen enormen Fortschritt“. Er könne sich „an kein Gesetz erinnern, das so häufig versprochen wurde und dann nicht kam“. Wie die dauerhafte Förderung genau aussieht, sei aber immer noch ungewiss, sagte Reinfrank der taz. Viele Kol­le­g:in­nen wüssten weiter nicht, ob sie 2023 noch einen Job hätten. Es brauche neben der Planungssicherheit daher künftig auch eine weitere Mitsprache der Initiativen an dem Gesetzesvorhaben.

„Demokratie ist nicht selbstverständlich“

Lisa Paus (Grüne), Bundesfamilienministerin

Auch Robert Kusche vom RAA Sachsen, einem Demokratieberatungsprojekt, lobte das Gesetz, forderte aber eine Nachschärfung. So müsste die Beratung von Opfern rechter Gewalt klar benannt werden, was bisher fehle. Auch bleibe die zukünftige Förderhöhe ungenannt. Im Gesetzentwurf wird nur eine „angemessene“ Förderung der Projekte versprochen. Mehrere Initiativen hatten eine jährliche Summe von 500 Millionen Euro gefordert, was eine kräftige Steigerung zu den bisher für 2023 vorgesehenen 200 Millionen Euro wäre.

Für welche konkreten Projekte es nun tatsächlich eine langfristige Förderung geben werde, hänge von den Förderrichtlinien des Gesetzes ab, räumten Faeser und Paus ein. Diese würden im kommenden Jahr erarbeitet. Auch die Förderhöhe müsse im Haushalt verhandelt werden. Zumindest Kürzungen schlossen sie aber aus.

Kritik kommt auch von rechts. So trauert die Union noch immer der Extremismusklausel nach und beklagt, im Gesetzentwurf fehle ein „eindeutiges Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung“. Auch blieben die konkreten Förderbedingungen offen, erklärte CDU-Vizechefin Silvia Breher. Es mangele „erheblich an Transparenz“.

Die Ampelfraktionen begrüßten dagegen unisono das Gesetz. Während die FDP vor allem die nun klare Rechtslage betonte und die Wichtigkeit, dass es ein Bekenntnis zur Verfassungstreue brauche, lobten die Grünen, dass es für die Projekte keine Extremismusklausel gebe, die „ungerechtfertigtes staatliches Misstrauen ausdrückt“.

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