Lange Buchnacht in der Oranienstraße: Kein Artwashing für Verdränger
Die Neue Gesellschaft für bildende Kunst sagt ihre Beteiligung am Literaturfestival ab. Damit protestiert sie gegen den Immobilieninvestor Pandion.
In einem ehemaligen Autohaus in der Prinzessinnenstraße betreibt Pandion seit einigen Jahren einen Kulturstandort im Rahmen einer befristeten Zwischennutzung. Während der Buchnacht bespielt Pandion den Ort mit einem hochkarätigen Programm mit internationalen Autor:innen.
Pandion erhoffe sich durch die kurzfristige kulturelle Nutzung eine symbolische Aufwertung des Standorts und stelle sich dabei als „sozialer“ Akteur dar, obwohl die hochpreisigen Neubauten den Verdrängungsdruck im Kiez weiter erhöhen, moniert der Kunstverein in einer Erklärung. Auch das Autohaus solle 2026 Luxusimmobilien weichen. Über seine Plattform „Transiträume“ vermittelt der Investor seit 2021 kulturelle Zwischennutzungen.
„Die nGbK ist nicht bereit, diese Strategie des Artwashings zu normalisieren und die Teilnahme eines Immobilienkonzerns als Veranstaltungsort der Langen Buchnacht zu akzeptieren“, begründete sie ihre Absage einer geplanten Veranstaltung, die sich passenderweise mit den aktuellen Gentrifizierungstendenzen in der Oranienstraße befasst.
nGbK muss raus
Von Verdrängung ist die nGbK selbst betroffen. Demnächst verliert der Kunstverein seine Räume in der Oranienstraße. Dort musste bereits 2021 der Buchladen Kisch und Co. ausziehen, nachdem das Haus 2019 von einer Luxemburger Briefkastenfirma gekauft wurde. Nachdem die Organisator*innen der Buchnacht die Bitte des Kunstvereins abgelehnt haben, Pandion auszuladen, habe man sich zur Absage der diesjährigen Veranstaltung entschlossen, erklärte nGbK-Pressesprecher Lutz Breitinger gegenüber der taz. Sie soll später nachgeholt werden.
Während die Organisator*innen der Buchnacht die Entscheidung nicht kommentierten, kam Zustimmung von Mietaktivist:innen aus Friedrichshain. Als eine „wirkliche tolle Aktion und starkes Zeichen“ kommentierte Tim Steinke von der Stadteilinitiativen „Wem gehört der Laskerkiez?“ die Absage des Vereins. Die Initiative engagiert sich gegen das Bauprojekt Pandion Ostkreuz Campus in ihrem Kiez. Auch die Aktivist:innen befürchten, das Projekt würde die Verdrängungsspirale im Kiez weiter anheizen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!