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Landwirt verpasst Einzug in BundestagLobbyist Felßner will auch ohne Mandat Agrarminister werden

CSU-Chef Söders Wunschbewerber für das Agrarressort, ein verurteilter Umweltsünder, kommt gar nicht in den Bundestag. Den Posten will er trotzdem.

Markus Söder und Günther Felßner bei einer Pressekonferenz 2024 Foto: Frank Hoermann/Sven Simon/imago

Berlin taz | Bauernfunktionär Günther Felßner, den CSU-Chef Markus Söder gern als Agrarminister sähe, hat es nicht in den Bundestag geschafft. Er will den Posten dennoch übernehmen. „Das Ministeramt ist unabhängig von einem Mandat zu sehen“, sagte Felßner der Nachrichtenagentur Reuters auf der CSU-Wahlparty. Der Präsident des Bayerischen Bauernverbands und Vizechef des Deutschen Bauernverbandes fehlt auf der Liste der in den Bundestag Gewählten, die der Landeswahlleiter des Freistaats am Montag veröffentlichte.

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Felßner stand zwar auf Platz 3 der CSU-Bewerberliste. Die kam aber nicht zum Zug, weil die Partei alle Wahlkreise in Bayern direkt gewann. Felßner hatte nicht direkt kandidiert. Ein Bundesminister muss kein Abgeordnetenmandat haben. CSU-Chef Söder hat das Agrarministerium für seine Partei und ausdrücklich für Felßner beansprucht.

Laut Umweltbundesamt verursachte die Landwirtschaft 2023 inklusive der Emissionen aus Böden und Maschinen 14 Prozent der Treibhausgase in Deutschland. Der Großteil hängt mit der Tierhaltung zusammen. Die Landwirtschaft ist zudem maßgeblich dafür verantwortlich, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben.

Doch Felßner bezeichnete im Wahlkampf Nutztiere entgegen der Auffassung von Experten als „klimaneutral“. Ein Gericht verurteilte den Milchbauern aus Franken 2018 zu 7.200 Euro Geldstrafe wegen Boden- und Gewässerverunreinigung. Mehrfach forderte er, Umweltauflagen für die jährlich rund 55 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen abzubauen. Bei den Bauernprotesten vor einem Jahr drohte Felßner, Landwirte und ihre Verbündeten würden Deutschland „lahmlegen“.

Keine Angaben zum Wahlverhalten von Landwirten

Die Forschungsgruppe Wahlen hat dieses Mal keine Daten zum Stimmverhalten der Bauern veröffentlicht. „Landwirte erheben wir nicht mehr aufgrund der geringen Gruppengröße“, teilte eine Sprecherin des Meinungsforschungsinstituts der taz mit. Bei der Wahl zum EU-Parlament sowie zu den Landtagen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im vergangenen Jahr hatten sich überdurchschnittlich viele Landwirte damaligen Daten zufolge für die AfD entschieden.

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11 Kommentare

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  • "Doch Felßner bezeichnete im Wahlkampf Nutztiere entgegen der Auffassung von Experten als „klimaneutral“."

    Dann haben die Experten keine Ahnung, natürlich sind Nutztiere klimaneutral oder sogar co2 senken. Ist was es draußen findet, scheidet etwas aus. Daraus wachsen Pflanzen und ein Teil bleibt als Humus zurück. Klimaneutral halt. Problematisch wird es erst, wenn die Haltung anders wird.

    Ansonsten liegt die Vermutung nahe das Herr Felßner sich gut einreiht, in die Riege von Ministern, bei denen man sich wie schon in den letzten Jahren fragt, wie schaffen die es in so ein Amt.

  • Wenn er den aktuellen Landwirtschaftsminister eins zu eins ersetzen möchte, muss Söder sich wieder einen Diplom-Sozialpädagogen suchen der keine Ahnung von Landwirtschaft hat.

  • Warum nicht, wenn auch ein nicht gewählter Elon Musk "Superminister" werden kann und staatliche Behörden mit dem Rasenmäher abwickeln darf ;) Versuchen kann man es ja mal.

  • Der Markus macht den "Mini-Trump"?

    Einen nicht gewählten, was ja noch geht, aber wegen Umweltvergehen Verurteilten zum Bundes-Landwirtschaftsmister machen zu wollen, ist schon eine massive "Provokation"!



    Wem gegenüber..... passenden selbst einsetzen....!



    Ps. Aber was kümmert es denn den Markus, wer UNTER Ihm den BuKa macht! :-))

  • Felßner soll sich privat und bei einem evtl. Amt gefälligst an geltendes deutsches und europäisches Recht halten.

    Dass die Liste nicht zieht, war ja zu erwarten. Da ging es darum, Aiwanger zu kontern und Felßner jederzeit unter Druck setzen zu können. Auf ein Mandat zurückziehen würde er sich nicht können. Das hätte er sich selbst kombinieren können.

  • Hätten Söders Äußerungen auch nur eine gewisse Lebensdauer, wäre es mit Felßners Ministerkarriere sowieso schon vorbei: Auf LinkedIn hat Söder heute propagiert, „keine NGOs in Regierungsverantwortung“ – das würde ja wohl auch den Bauernverband inkludieren …

    • @o_aus_h:

      Das ist doch kein Widerspruch:

      "Ein Bundesminister muss kein Abgeordnetenmandat haben. CSU-Chef Söder hat das Agrarministerium für seine Partei und ausdrücklich für Felßner beansprucht."

      Von Verantwortung übernehmen hat Söder im Kontext von Felßner doch gar nichts gesagt.

  • Hat die CSU auch nur einmal einen Bundesministerposten ordentlich besetzt? Kann ja noch kommen. Vielleicht beim nächsten Mal.

    • @Karl Schmidt:

      Ja: Gerd Müller auf Entwicklung und der frühe Seehofer auf Arbeit & Sozial. Vielleicht Waigel auf Finanzen.



      Rest fällt mir nicht ein.



      Aber ganz viele Ressorts, die bitte bloß nicht an die CSU gehen sollten.

  • Resozialisierung wurde bei der CSU schon immer groß geschrieben, zumindest bei den eigenen Leuten. Bei allen anderen kann die Strafe nicht hoch genug sein.

    • @Flix:

      Ach eine CRSU also. Christenresozialisierungsunion. Da muss die Konfession dann natürlich stimmen