Landtagswahlkampf in Hessen: Grüne, hört die Signale!

Hessens SPD-Chef Schäfer-Gümbel umwirbt die Grünen nach Kräften und holt Laura Garavini und Claudia Kemfert in sein Schattenkabinett.

Eine Professorin und eine Mafia-Gegnerin: Claudia Kemfert (l.) und Laura Garavini wahlkämpfen für SPD-Chef Schäfer-Gümbel. Bild: dpa

WIESBADEN taz | Mit Laura Garavini und Claudia Kemfert hat der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel gestern seine „Mannschaft“ für die Landtagswahl am 22. September um zwei ungewöhnliche Schattenministerinnen ergänzt. Die Ernennungen sind keine Garantie für einen Posten im Kabinett, aber ein deutliches politisches Signal – in Richtung einer rot-grünen Koalition.

Zuständig für die Bereiche „Europa und Integration“ wäre im Falle eines SPD-Wahlsiegs Laura Garavini. Die 46-Jährige besitzt einen deutschen sowie einen italienischen Pass und sitzt seit 2008 für die sozialdemokratische „Partito Democratico“ im römischen Parlament.

Als Fraktionsvorstand und Vertreterin der im Ausland lebenden Italiener hat sie sich dort vor allem für Korruptionsbekämpfung eingesetzt und sich etwa mit der Initiative „Mafia? Nein danke!“ dem Problem der Schutzgelderpressung auch in Deutschland gewidmet. Laura Garavini pendelt also regelmäßig sowohl zwischen den beiden Ländern wie auch zwischen zwei sozialdemokratischen Parteien.

Die andere, Claudia Kemfert, ist Schäfer-Gümbels Kandidatin für den Bereich „Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ – so der aktuelle Zuschnitt des entsprechenden Ministeriums. Die parteilose Professorin ist beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) tätig, aber auch bei der Hertie School Of Governance. Politisch streitet Kemfert nicht nur seit Jahren für die Energiewende und, zu diesem Zweck, auch für die Einrichtung eines bundesweiten Energieministeriums.

Für den glücklosen Norbert Röttgen (CDU) marschierte sie auch schon in Nordrhein-Westfalen als Schattenministerin in den Wahlkampf. Zuletzt kritisierte Kemfert die schwarz-gelbe Energiewende allerdings scharf.

Kemfert glänzte bisher vor allem in Talkshows

Kritiker bemängeln, dass die Prominenz der „Energieökonomin“ (Selbstbescheibung) weniger auf ihrer wissenschaftlichen Arbeit als auf zahlreichen Talkshow-Auftritten und prägnanten Wortmeldungen zu jeder nur denkbaren Energiefrage beruht – wobei sie, etwa mit Prognosen zum Ölpreis, auch mal weit danebenlag. Neben rund 30 anderen ExpertInnen ist Kemfert bereits Mitglied in Schäfer-Gümbels Arbeitsgruppe, die ein Programm für die ersten 100 Tage seiner Regierung erstellen soll.

Vor allem die Ernennung Kemferts ist ein deutliches Zeichen an die wahrscheinlichen Koalitionspartner von den Grünen. Deren Fraktionsvorsitzender Tarek Al-Wazir beansprucht das entsprechende Ministerium für sich. Die Chancen auf eine rot-grüne Regierung in Hessen stehen laut Umfragen nach wie vor gut. Zwar konnten Ministerpräsident Volker Bouffier und seine CDU in den vergangenen Monaten aufholen. Sollte aber die FDP nicht aus ihrem Tief finden, könnte es im September für einen Machtwechsel reichen.

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