piwik no script img

Landtagswahlen im SüdwestenDer Kopf entscheidet

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Die WählerInnen haben sich für bekannte Gesichter entschieden – aber auch der CDU eine Abreibung verpasst. Eine Ampel wäre in beiden Ländern möglich.

Winfried Kretschmann: klarer Sieger in Baden-Württemberg Foto: Marijan Murat/dpa

Z wei Länder, zwei Wahlen, aber doch manche Gemeinsamkeit. Die auffälligste: In Baden-Württemberg wie in Rheinland-Pfalz möchten die Leute, dass das vertraute Gesicht in der Landesführung auch das vertraute Gesicht bleibt.

Zwar haben Winfried Kretschmann und Malu Dreyer in der Coronakrise ebenso wenig überzeugt wie ihre 14 Co-MinisterpräsidentInnen. Sie alle schmiedeten ihre Haltung willkürlich beziehungsweise unabhängig vom Pandemieverlauf und haben dadurch den Schaden unendlich vergrößert: Die dritte Welle lässt grüßen.

Doch gehen die WählerInnen offenbar davon aus, dass andere es auch nicht besser gemacht hätten, und darin steckt immerhin auch eine gute Nachricht: Das Abschneiden der AfD zeigt, dass ihr jenseits einer sich mutmaßlich verfestigenden Kernwählerschaft nicht viel zugetraut wird – schon gar kein Pandemiemanagement.

Dass die AfD einst gegründet wurde, um die EU zu kritisieren – wozu es in der Coronakrise genug Anlass gegeben hat, wie die EU-Kommissions­spitze just auch zugab –, das haben neben den WählerInnen wohl auch die meisten AfD-Kader vergessen. Die teils rechtsextremen, teils nur wirren CoronaleugnerInnen, die auch am Wochenende in einigen Innenstädten ihren Totentanz aufführten, repräsentieren vor allem ihre eigene Unfähigkeit zur Empathie, aber kaum Wählerwillen.

Gemessen am Ausmaß der Korruptionsaffäre in der Union fallen die Verluste der CDU in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sogar noch gering aus. Doch eine plausible Zurechnung wird hier schwer: Dank Corona haben derart viele Menschen schon früh per Brief gewählt, dass am Wahlabend kaum kalkulierbar war, wie viele WählerInnen die zuletzt aufgeflogenen Pandemiegewinnler und anderen HandaufhalterInnen vertrieben haben.

Fachleute sagen außerdem, in einem Bundestagswahljahr seien die Leute weniger geneigt, die LandtagswahlkandidatInnen für Bundespolitik zu bestrafen. Der Unterschied zwischen den Verlusten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ist jedenfalls ein starker Hinweis darauf, dass die KandidatInnen auch eine Rolle spielten.

Für den neu gewählten CDU-Chef Armin Laschet ist das bescheidene Abschneiden seiner Partei in jedem Fall ein Tritt gegens Schienbein. Er ist selbst ohnehin niemand, dem man als Allererstes Korruptionsbekämpfung zutrauen würde. Und nachdem nun schon so lange so viel davon gesprochen wurde, dass alle Zeichen im Bund auf Schwarz-Grün stünden und Baden-Württemberg hierfür das Signal gebe – nach alldem sieht es plötzlich so aus, als könnte sich der ganze Südwesten in der gleichen Kombination wie Rheinland-Pfalz seit 2016 einfärben: Rot-Grün-Gelb, eine Ampel.

Sichtbar bis Berlin.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Man sollte die Wahlergebnisse mit Vorsicht interpretieren. Was man allerdings heute in vielen Medien lesen kann ist schon eine vorsätzliche Verzerrung und Aufbauschung, grundfalsches Wundchdenken. In Wirklichkeit hat niemand gewonnen, fast alle vet



    rloren. Die Bürger sind einfach tief verunsichert und bleiben beim Vertrauten.



    Im Einzelnen: Die CDU hat sich eigentlich noch erstaunlich gut gehalten. Angesichts einer tiefen inneren Spaltung, der abtretenden Kanzlerin, sehr schwacher Kandidaten, der Korruptionsaffären und der viel kritisierten Corona- Politik sind die Ergebnisse der CDU in Wirklichkeit fast schon sensationell stabil.



    Die Grünen haben nicht als Grüne gewonnen sondern als Kretschmann. Ihr Ergebnis in Rheinland- Pfalz ist fast schon destaströs, keine Spur von Volkspartei, keine Aufbruchstimmung.



    Die SPD hat nicht gewonnen, Olaf Scholz kann sich sein Grinsen schenken. Die SPD ist weiterhin im freien Fall, nur Malu Dreyer wird vertraut.



    Die FDP hat nicht gewonnen. Irgendwo müssen die Stimmen ja hin und in beiden Ländern ist eine Regierungsbeteiligung der FDP sehr wahrscheinlich. In Rheinland- Pfalz hatte man sogar einen gewissen Regierungsbonus. Daran gemessen ist bei den sogenannten Liberalen ganz wenig los. Man hat ein paar enntäuschte Merzianer und AFDler eingesammelt, mehr nicht.



    Die AFD hat leider eher gewonnen, sie ist relativ stabil und vielleicht sogar breiter aufgestellt. Denn angesichts dessen, dass ihr bisheriges Hauptthema, die Fremdenfeindlichkeit, fast ganz verstellt ist, muss man davon ausgehen, dass die sogenannten Corona- Kritiker jetzt auch AFD wählen.



    Die Linke ist aus vielen und teilweise auch gegensätzlichen Gründen in einem schrecklichem Zustand. Wo sind ihre Wähler eigentlich hin? Man muss fürchten, dass sie zu Hause geblieben sind.



    Also: es gibt heute zwei Gewinner, Dreyer und Kretschmann, das war es dann aber auch. Wer was anderes sagt, dem sollte man nicht trauen.

  • 9G
    92293 (Profil gelöscht)

    Da hätte lindner Vorreiter sein können und dennoch kommt der Wandel von den Ländern ....