Landtagswahl im Saarland: Rot-Rot-Grün mit dem Mittelstand
An der Saar läuft der Wahlkampf an. Lafontaine tritt als Spitzenkandidat an und ruft bei der Industrie- und Handelskammer nach Steuersenkungen.
Im Fokus am Mittwochabend: der Spitzenkandidat der AfD, Rudolf Müller. Bislang hatte er vor allem damit Schlagzeilen gemacht, dass er in seinem Antiquitätenladen Naziorden mit Hakenkreuzen angeboten hatte. Müller bedankte sich höflich: „Es ist nicht das Übliche, dass die Parteien, die sich demokratisch nennen, mit uns diskutieren.“ Bei der Frage allerdings, wo die dringend gesuchten Fachkräfte herkommen sollen, legte er seine Zurückhaltung ab: „Jedenfalls nicht aus Syrien, Marokko und Tunesien“, sagte er und erntete heftigen Widerspruch. Müller wetterte schließlich gegen den „linksgrünen Zeitgeist, der sich bis ins Kanzleramt vorgefressen hat“.
Sein Gegenspieler, Oskar Lafontaine, hielt sich beim Thema Flüchtlingspolitik auffällig zurück. Er plädierte dagegen leidenschaftlich für mehr Investitionen. „Die Schuldenbremse ist wirtschaftlich und theoretisch Blödsinn“, sagt er. Lafontaine überraschte mit der Forderung nach Steuererleichterungen für den Mittelstand und für eine niedrigere Grunderwerbssteuer. Und er erinnerte an die alten Zeiten: „Hier steht der einzige Ministerpräsident, in dessen Amtszeit die Schulden des Landes gesunken sind.“
Souverän und ironisch konterte die amtierende Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer. Ihr sei es nicht wichtig, „wer als größter Ministerpräsident aller Zeiten in die Geschichte eingeht“. Sie zog eine positive Bilanz der von ihr geführten Großen Koalition. Nach der Neuregelung der Finanzen von Bund und Ländern habe das Saarland eine gute Ausgangsbasis als selbstständiges Bundesland erfolgreich zu sein.
So sieht es auch ihre Koalitionspartnerin und Herausforderin, Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD). Sie will wohl mit Hilfe von Linken und Grünen selbst in die Staatskanzlei einziehen und wirbt mit einer Kampagne für die Mindestrente.
Hauptsache reinkommen
Selbst der FDP-Spitzenmann Oliver Luksic und der Grüne Hubert Ulrich fanden Gemeinsamkeiten. Sie wollen mehr Bildungsinvestitionen und weniger Bürokratie, doch zu möglichen Koalitionen verweigerten sie die Aussage. Beide haben das gleiche Problem. „Erst mal reinkommen in den Landtag“, stöhnte der Grüne; für ihn ging es beim letzten Wahlgang mit 5,0 Prozent denkbar knapp aus. Die FDP scheiterte sogar mit nicht einmal 2 Prozent.
Oskar Lafontaine, DIE LinkE
Zum Aufregerthema wurde an diesem Abend das „Investitionshindernis Brandschutz“. Die Kosten von zwei große Bauprojekten des Landes waren wegen dessen Anforderungen explodiert. Ein erregter Gast rief, er werde die Partei wählen, die die Pflicht zu den ewig pfeifenden Rauchmeldern kassiere. „Ich stehe für die Abschaffung der Brandmelder“, versicherte ihm AfD-Mann Müller. Doch den Beifall des Publikums erntete ein anderer: „Bevor sie AfD wählen, kaufen sie eine Zehnjahresbatterie“, empfahl der.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis