Landtag schließt AfD-Fraktionschef aus: Holocaust-Gedenken ohne Höcke
Der AfD-Rechtsaußen Björn Höcke wurde von einer Gedenkstunde im thüringischen Landtag ausgeschlossen. Auch die KZ-Gedenkstätte Buchenwald ließ ihn nicht ein.
![Eine rote Nelke liegt auf der Erde vor dem Eingangstor zum ehemligen KZ Bunchenwald Eine rote Nelke liegt auf der Erde vor dem Eingangstor zum ehemligen KZ Bunchenwald](https://taz.de/picture/1759043/14/5d942247fb831722e6b70521e9ec56fe_edited_61373759_c33ac0287d.jpeg)
Mit der Gedenkstunde im Erfurter Landtag, an der auch mehrere KZ-Überlebende teilnahmen, wurde an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Vor Beginn der Veranstaltung machte Landtagspräsident Christian Carius (CDU) Höcke gegenüber deutlich, dass dessen Teilnahme von den Holocaust-Überlebenden als „Provokation“ empfunden würde und dass er die Gedenkstunde in Anwesenheit von Höcke nicht eröffnen werde.
Wenige Stunden später scheiterte Höcke mit dem Versuch, an einer Gedenkveranstaltung in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar teilzunehmen. Die Gedenkstätte erteilte dem AfD-Politiker Hausverbot und ließ ihn nicht auf das Gelände, wie Philipp Neumann-Thein von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora sagte.
Die Gedenkstätte hatte Höcke zuvor demonstrativ ausgeladen, um ein angemessenes Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zu ermöglichen. Höcke kündigte aber ungeachtet dessen sein Kommen an.
AfD-Fraktion sprach schäbiger Inszenierung
Der stellvertretende Stiftungsdirektor Rikola-Gunnar Lüttgenau sagte bei der Kranzniederlegung, es solle mit den Überlebenden getrauert werden und „nicht mit Herrn Höcke“. Er mahnte zugleich, gerade in der Gegenwart, wo „völkischer Nationalismus“ wieder propagiert werde, sei es wichtig, sich zu erinnern.
Nach Höckes Ausschluss von der Gedenkstunde im Landtag sprach die AfD-Fraktion von einer „schäbigen Inszenierung“ und warf Landtagspräsident Carius einen „gravierenden Verstoß gegen die parlamentarischen Gepflogenheiten“ vor. Höcke sei zum Verlassen des Plenarsaals „genötigt“ worden mit der Drohung, die Gedenkstunde werde ansonsten nicht beginnen.
Rückendeckung erhielt Carius von Thüringens SPD-Fraktionschef Matthias Hey. „Er hat hier absolut richtig gehandelt“, erklärte Hey. „Es ist unser historisches Erbe und unsere Verpflichtung, an das Grauen des Nationalsozialismus und all der Opfer respektvoll und mit Würde zu erinnern.“
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte im Landtag, nur durch bewusste Erinnerung, durch öffentliches Eingestehen von Fehlern werde Versöhnung möglich. „Diese Verantwortung verjährt nicht, mögen auch Jahrzehnte oder Jahrhunderte vergehen.“
Beobachtung durch Verfassungsschutz denkbar
Auf einer Veranstaltung der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative in der vergangenen Woche in Dresden hatte Höcke offensichtlich unter Anspielung auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin von einem „Denkmal der Schande“ gesprochen. Zudem sprach er von einer „dämlichen Bewältigungspolitik“ und forderte eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“. Mit seinen Äußerungen löste er bundesweit Empörung aus.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hält eine Beobachtung Höckes durch den Verfassungsschutz indes für denkbar. „Die AfD als Ganzes ist kein Beobachtungsobjekt des Bundesamts“, sagte de Maizière dem Hamburger Magazin Spiegel. Das schließe aber „nicht aus, wenn sich einzelne Personen verfassungsfeindlich verhalten, dass sie dann auch Gegenstand von Beobachtungen sein können“.
Die Zuständigkeit für Höcke sieht de Maizière aber offenbar nicht beim Bund, denn dieser wohne in Thüringen. „Dort gibt es ein Landesamt für Verfassungsschutz“, sagte der Bundesinnenminister.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
+++ Nachrichten zur Ukraine +++
Gespräche bei der Sicherheitskonferenz
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Nach der Sicherheitskonferenz
Expressverbindung von München nach Paris