Landstrom im Hamburger Hafen: Keine Steckdose für Luxusliner

Frühestens 2015 soll der Hafen Landstromanschluss bekommen. So lange will die Reederei Aida aber nicht warten und baut ein schwimmendes Gaskraftwerk.

Die Alternative zur Steckdose am Kai: LNG-Hybrid-Barge im Modell. Bild: Aida

HAMBURG taz | Der Landstromanschluss für Kreuzfahrtschiffe im Hafen wird so bald nicht kommen. Denn die entsprechende Senatsdrucksache der federführenden Wirtschaftsbehörde mit den detaillierten Planungen wird erneut um Monate aufgeschoben. Nach Informationen der taz wird sie dem Senat erst nach der Sommerpause vorgelegt und anschließend der Bürgerschaft zugeleitet werden. Mit einer Steckdose für Luxusliner ist demnach nicht mehr im Sommer 2014 zu rechnen, sondern frühestens zum Beginn der Kreuzfahrtsaison 2015. Ursprünglich sollte das Konzept im April vorigen Jahres vorgelegt werden, dann war von Herbst 2012 die Rede, letztlich von Ende April 2013.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es in Senatskreisen, dass es erhebliche Schwierigkeiten mit Bau und Finanzierung einer Landstromanlage gebe. Noch immer liege keine stichhaltige Hauptuntersuchung für die Errichtung der Anlage vor, somit sei keine belastbare Kalkulation möglich. Beides ist Voraussetzung für die EU-weite Ausschreibung des Projekts.

Die größte deutsche Kreuzfahrtreederei Aida will aber nicht mehr warten. Sie gab jetzt den Baubeginn der ersten LNG Hybrid-Barge bekannt. Dieses schwimmende Gaskraftwerk erzeugt mit weitgehend emissionsarmem Flüssiggas (Liquified Natural Gas – LNG) Strom und gibt ihn während der Liegezeit an die Schiffe am Kai ab. „Wir wollen in Sachen Umweltschutz eine Vorreiterolle einnehmen“, sagt Monika Griefahn, Direktorin für Ökologie im Aida-Vorstand. Ziel sei, die Motoren im Hafen abzustellen, schließlich lebe der Kreuzfahrttourismus „von sauberer Umwelt und sauberen Meeren“.

Im Jahr 2012 haben 160 Kreuzfahrtschiffe im Hamburger Hafen nach Schätzungen des Senats folgende Schadstoffmengen ausgestoßen:

Kohlendioxid (CO2): Gesamtmenge 10.500 Tonnen, davon in Altona 6.200 Tonnen, in der Hafencity 4.200 Tonnen, an sonstigen Liegeplätzen 100 Tonnen.

Schwefeldioxid (SO2): Gesamtmenge 6,7 Tonnen, davon in Altona 4,0 Tonnen, in der Hafencity 2,6 Tonnen, sonstige 0,1 Tonnen.

Stickoxide (NOx): Gesamtmenge 177 Tonnen, davon in Altona 104 Tonnen, in der Hafencity 71 Tonnen, sonstige 2,0 Tonnen.

Feinstaub und Ruß: Gesamtmenge 3,5 Tonnen, davon in Altona 2,0 Tonnen, Hafencity 1,4 Tonnen, sonstige 0,1 Tonnen.

Die Hamburger Firma Becker Marine Systems entwickelt die Barge zusammen mit der Brunsbütteler Schramm Group. Auf einer Schute sollen ab 2014 fünf Gasmotoren mit einer Leistung von 7,5 Megawatt die Luxusliner versorgen. Der Stromverbrauch von Küchen, Festsälen und Pools der schwimmenden Luxushotels entspricht dem einer Kleinstadt – und wird bislang von Schiffsmotoren mit billigem und giftigem Schweröl erzeugt.

Nach Angaben von Dirk Lehmann, dem Geschäftsführer von Becker Marine Systems, verringert das Kraftwerksschiff gegenüber herkömmlichem Schiffsdiesel den Ausstoß von Stickoxiden um 80 Prozent und von Kohlendioxid um 30 Prozent. Schwefeloxide würden zu 100 Prozent vermieden, Feinstaub und Ruß gar nicht erst emittiert. Der Strom sei allerdings etwas teurer als der jetzige Bordstrom. Nach früheren Angaben von Aida liegen dessen Kosten bei etwa 13 Cent pro Kilowattstunde. Deshalb will Becker Systems auch im Winter, wenn keine Luxusliner im Hafen liegen, Strom produzieren und an Eon Hanse verkaufen. Durch diese ganzjährige Auslastung „ist das Konzept wirtschaftlich“, hofft Lehmann.

Über eine Landstromanlage wird in Hamburg bereits seit 2008 debattiert. In der ersten internen Fassung des Senatskonzeptes wurde im vorigen Sommer der Terminal Altona mit Investitionen von 8,75 Millionen Euro favorisiert. Eine zweite Anlage in der Hafencity wäre hingegen mit mindestens 17,5 Millionen Euro doppelt so teuer und weniger wirtschaftlich: „Die Erlöse in der Hafencity wären geringer als in Altona“, wurde die Ablehnung begründet.

Mittlerweile ist auch ein drittes Kreuzfahrterminal auf Steinwerder im Gespräch, das mit Landstrom ausgerüstet werden soll. Dort will aber vor allem der US-Konzern Carnival seine Schiffe anlegen lassen – das Mutterunternehmen von Aida, das jetzt mit der Power Barge eine Alternative zum Transformator auf dem Kai entwickelt. Da ist offenbar noch Klärungsbedarf.

Festgelegt hat sich hingegen Jens Meier, Chef der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA). Spätestens 2015 werde es einen Landstromanschluss für Kreuzfahrtschiffe in Altona geben, hatte er im Februar erklärt. Denn im Mai 2015 ist Hamburg Gastgeber der Welthafenkonferenz – und da soll den Schiffsexperten aus aller Welt etwas Innovatives geboten werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.