Landrat von Ahrweiler tritt ab: Laue Distanzierung
Die Menschen im Kreis Ahrweiler haben das Vertrauen in Jürgen Pföhler (CDU) verloren. Das wirkt sich auf das Ansehen seiner Partei aus.
Q uälend lange vier Wochen brauchte die CDU im von der Flutkatastrophe besonders hart getroffenen Kreis Ahrweiler für die Erkenntnis, dass „ihr“ Landrat und Parteifreund Jürgen Pföhler nicht länger im Amt tragbar ist. Er stand einem Krisenstab vor, der den Menschen noch zur Flucht auf den Dachboden riet, während die ersten Häuser von der Flutwelle weggerissen wurden. Warnungen des zuständigen Landesamts waren nicht ernst genommen worden. Der Katastrophenalarm wurde viel zu spät ausgerufen, als die Flut bereits Einrichtungen der Notfallkommunikation weggespült hatte.
Ob sich der Landrat als Chef des Katastrophenschutzes oder seine MitarbeiterInnen dabei strafbar gemacht haben, werden die staatsanwaltlichen Ermittlungen ergeben. Doch seit Wochen ist klar: Dieser Landrat ist der falsche Mann an der Spitze des Landkreises, soll der Neuanfang nach der Katastrophe gelingen. „Das Vertrauen der Menschen im Kreis Ahrweiler ist nicht mehr gegeben“, formulieren seine Parteifreunde scheinbar klar. Mit missverständlichen Sätzen erwecken sie gleichzeitig den Anschein, der Landrat sei nicht mehr im Amt. Doch „der Schritt, sein Amt nicht mehr wahrzunehmen“, entpuppt sich als schlichte Krankmeldung.
Mit Rücksicht auf einen verdienten Parteikollegen vermeidet die CDU die Forderung nach einem Rücktritt, der Pensionsansprüche gefährden könnte. Was als mutige Distanzierung von einem gescheiterten Landrat daherkommt, ist eine späte und laue Absetzbewegung von einem Politiker, der im Bundestagswahlkampf Stimmen kosten könnte.
Am Mittwoch, bei der Kreistagssitzung, hätte die CDU ohnehin handeln müssen, weil die Opposition im Kommunalparlament mit Abwahlanträgen Druck macht. Die Kehrtwende der Partei, die im Kreis Ahrweiler das Sagen hat, kommt spät und halbherzig. So kann man verlorenes Vertrauen kaum zurückgewinnen. Jetzt droht eine Hängepartie, bei der das Ansehen staatlicher Institutionen leidet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid