Landesregierung mahnt zur Vorsicht: Noch nicht ganz „sin corona“

Der Senat streicht die Maskenpflicht im Freien, hält aber an der FFP2-Pflicht für Bus und Bahn fest. Negative Testergebnisse sind weiter gefragt.

Das Foto zeigt den Regierenden Bürgermeister Michael Müller, Innensenator Andreas Geisel (beide SPD) und die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), bei der Pressekonferenz nach der Senatssitzung am Dienstag.

Eine der Ausnahmen von der Maskenpflicht drinnen: Die Pressekonferenz des Senats am Dienstag Foto: dpa

BERLIN taz | Maske runter – aber fast durchweg nur draußen, im Zoo oder im Biergarten. Das ist die Grundlinie der jüngsten Lockerungsschritte bei den Coronaregeln, die der Senat am Dienstag beschlossen hat. Zu den wenigen Ausnahmen gehören Theater oder Kinos, die Lüftungssysteme haben – dort brauchen die Besucher am Platz keine Maske zu tragen. Anders als zuvor spekuliert reicht in Bussen und Bahnen künftig nicht die weniger einschränkende einfache medizinische Maske aus: Es bleibt eine FFP2-Maske vorgeschrieben. Regierungschef Michael Müller (SPD) begründete das mit nicht einzuhaltendem Abstand – „wir werden wieder einen ÖPNV erleben, der voller wird“, sagte er nach der Senatssitzung vor Journalisten.

In der Pressekonferenz erinnerte ein Moment an den aktuellen Song „La vida sin corona“ von Komikerin Caroline Kebekus und Schatten-Gesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD, wo sie vom Drogenkonsum nach der Pandemie träumt und er sagt: „Das war schon vor Corona nicht erlaubt.“ Denn nachdem Regierungschef Müller auf eine Nachfrage bestätigte, ja, man dürfe jetzt wieder zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens Alkohol kaufen und trinken, aber nicht im Park, setzte sein Innensenator Andreas Geisel (SPD) mit Verweis aufs Grünflächengesetz hinzu: „Das konnte man noch nie, das hat nichts mit Corona zu tun.“

Müller hielt die Lockerungen angesichts von einer bis Dienstag auf 13,6 gesunkenen 7-Tage-Inzidenz – der Zahl der Neuinfektionen binnen einer Woche pro 100.000 Einwohner – durchaus für vertretbar. Für drinnen aber ist seine Linie: „Die Pandemie ist nicht überwunden, nicht besiegt, und darum bleiben wir vorsichtig.“ Für die Senatssitzung in 14 Tagen kündigte er schon jetzt weitere Lockerungen an, ohne allerdings konkreter zu werden.

In der Tasche kann die Maske künftig auf belebten Einkaufsstraßen und Plätzen wie dem Alexanderplatz oder dem Ku’damm bleiben – der Senat hatte Maskenpflicht für mehr als 30 solcher Orte festgelegt. Beim Schlangestehen allerdings soll die Pflicht weiter gelten, weil die Anstehenden durchaus mal näher zusammenrücken. Mit dem entsprechenden Hygienekonzept dürfen Jahrmärkte und Volksfeste ab Freitag wieder öffnen. Bei Veranstaltungen dürfen künftig mehr Menschen als bisher zusammenkommen: Im Freien 1.000 statt bisher 500, drinnen 250 statt bislang 100. Bei Feiern in Räumen mit als 20 Leuten müssen alle Teilnehmer einen negativen Coronatest vorweisen können.

Verwaltungsreform Regierungschef Michael Müller (SPD) hat der künftigen Landesregierung nahe gelegt, eine Verfassungsänderung zur Verwaltungsreform anzustreben. Für die ist im Abgeordnetenhaus eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. „Es wird nicht alles zwingend besser, wenn es auf der Landesebene läuft“, sagte Müller, aber es fehle derzeit die genau Zuordnung und Eindeutigkeit, welche Ebene – Land oder Bezirk – wofür zuständig ist. Als wichtigste Beispiele nannte er größere Bauvorhaben und Personal. „Wir bleiben dran, auch mit anderen Köpfen“, sagte der Noch-Regierungschef, der die Landespolitik im Herbst verlässt und sich um ein Bundestagsmandat bewirbt, vor Journalisten. Es müsse keiner bei null anfangen – „Wir geben das weiter.“ Der Senat hatte zuvor mit allen Bezirksbürgermeistern getagt. Die für Friedrichshain-Kreuzberg zuständige Monika Herrmann (Grüne) zog in der Pressekonferenz mit Müller ein positives Fazit der Bemühungen um eine Verwaltungsreform dieser Legislaturperiode, zu der der Senat auch eine eigene Kommission eingesetzt und einen Extra-Staatssekretär – den SPD-Politiker Frank Nägele – ernannt hatte. (sta)

Auch Tanzveranstaltungen sollen im Freien wieder möglich sein, mit bis zu 250 Gästen gleichzeitig – was bedeutet, dass theoretisch über einen Abend verteilt durchaus mehr Menschen tanzen können. Alle brauchen einen negativen Coronatest. Bei privaten Feiern, etwa bei einer Hochzeit oder einem Geburtstag, sollen drinnen bis zu 50, draußen bis zu 100 Menschen zusammenkommen können.

Friseurbesuche sind ab Freitag ohne vorherigen Test möglich, solange die Maske auf dem Gesicht bleibt. Wer sich rasieren lassen will – und notwendigerweise die Maske abnehmen muss –, braucht einen Test. Neu ist auch, dass nach den Frei- auch die Hallenbäder öffnen sollen. Das gilt auch für Saunen, nicht aber für Dampfbäder. Für diese Drinne-Lockerungen gilt: Zutritt nur mit negativem Testergebnis.

Brandenburg liegt mit seinem Coronawert währenddessen nochmals deutlich unter Berlin: Dort veröffentlichte das Koordinierungszentrum am Dienstag einen Inzidenzwert von 6,2. Der rührt nicht allein aus wenig Fällen in ländlichen Gebieten her wie der Prignitz, das keine Neuinfektion binnen der vergangenen Woche aufweist. Auch die Landeshauptstadt Potsdam war am Dienstag mit einem Wert von 1,1 nahezu coronafrei.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.