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Landesregierung in HessenNeue Gesichter, nur drei Frauen

Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) stellte am Montag in Wiesbaden sein neues Kabinett vor. Die Union bekommt acht, die SPD drei Ministerien.

Das neue hessische Kabinett und die SPD-Landesvorsitzende Nancy Faeser Foto: dpa

Wiesbaden taz „Eine für alle“ steht auf dem Banner der selbsternannten ersten „demokratisch-christlich-sozialen Koalition“, die nach der konstituierenden Sitzung des Hessischen Landtags am kommenden Donnerstag das Bundesland Hessen regieren soll. Punkt zwölf Uhr stellte sich dafür am Montag die designierte hessische Landesregierung im Prunksaal der Wiesbadener Casinogesellschaft zum Gruppenfoto auf. In ihrer Mitte die Landesvorsitzenden der künftigen Koalitionspartner CDU und SPD, die beide in ihren Ämtern verbleiben: Boris Rhein als wiedergewählter hessischer Ministerpräsident und Nancy Faeser als Bundesinnenministerin.

Drei Tage vor der ersten Sitzung des neuen Landtags haben die künftigen Partner das ausgehandelte Personaltableau präsentiert. Diese erste hessische Landesregierung, in der Christdemokraten und Sozialdenkraten als Partner „auf Augenhöhe“ zusammenarbeiten, schlage ein neues Kapitel für Hessen auf, meint Ministerpräsident Rhein. „Es wird eine Regierung sein, die Probleme löst und die keine Phantomdebatten führt“, so der Regierungschef. Es war seine Entscheidung, nach seinem Wahlsieg bei der Landtagswahl am 8. Oktober die zehnjährige Regierungszusammenarbeit mit den hessischen Grünen zu beenden.

Nach der Präsentation auf die Debatte um ein mögliches AfD-Verbot angesprochen, setzen beide Gastgeber, der CDU-Ministerpräsident und die sozialdemokratische Juniorinnenmeisterin, auf den „Vorrang der politische Auseinandersetzung“ mit den Rechtspopulisten. „Pragmatisch das Leben der Menschen verbessern“ sei der richtige Weg, betont Faeser; „diese Koalition wird liefern“, verspricht Rhein. Mögliche Verbotsanträge würden „rechtlich entschieden“, so Faeser. „Darüber diskutiert man nicht, sondern macht sie“, ergänzt Rhein.

In seinem zweiten Kabinett setzt Ministerpräsident Boris Rhein auf viele neue und deutlich jüngere Kräfte, er selbst spricht von einem „Generationenwechsel“. Zwar rücken zwei aus der alten Regierungsmannschaft in wichtigere Schlüsselressorts auf. Der bisherige Justizminister Roman Poseck wird Innenminister, Alexander Lorz, seit 2014 hessischer Kultusminister, wird in der schwarz-roten Regierung Finanzminister. Sein früheres Amt übernimmt der Bundestagsabgeordnete Armin Schwarz aus Nordhessen, ein Oberstudienrat.

Frauenquote hinter Ankündigungen

Doch viele Neue nominiert Rhein an diesem Tag als „Gesichter für die Themen“. Der Landtagsabgeordnete Christian Heinz, 47, wird Justizminister. Mit Manfred Pentz, 43, ernennt Rhein seinen „hochverdienten Generalsekretär“ der Partei zum Minister für Bundesangelegenheiten und Europa, „unseren Vorposten in Berlin und Brüssel“, so Rhein.

Mit Diana Stolz, 47, wechselt auch die stellvertretende Landrätin und Vorsitzende der CDU-Frauenunion von der Bergstraße auf den ChefInnenposten im Ministerium für Familie und Gesundheit. Dem zwölfköpfigen Kabinett gehören allerdings neben Rhein und sieben weiteren Männern insgesamt nur drei Frauen an. Auf Nachfrage verteidigt Rhein sein Personaltableau als „guten Vorschlag“, obwohl er mit dieser Quote (25 Prozent Frauen) hinter eigene Ankündigungen zurückfällt.

Drei Ressorts erhält die SPD. Superminister für Wirtschaft, Energie und Verkehr wird der 35-jährige SPD-Bundestagsabgeordnete Kaweh Mansoori. Der Vorsitzende der SPD Hessen-Süd wird als Nachfolger des Grünen Tarek Al-Wazir stellvertretender Ministerpräsident. Er dürfte im März auch als SPD-Landesvorsitzender auf die scheidende Parteichefin Faeser folgen und soll sich wohl als SPD-Kandidat für die nächste Landtagswahl 2028 profilieren.

Die bisherige Vizepräsidentin des Landtags, Heike Hofmann, übernimmt das geschrumpfte Arbeits- und Sozialministerium. Der Bundestagsabgeordnete Timo Gremmels, Vorsitzender des Bezirks Nordhessen, wird Minister für Wissenschaft und Kunst.

Winzersohn wird Landwirtschaftsminister

Es war den Bauernverbänden und dem Ministerpräsidenten sehr wichtig, dass in seiner zweiten Regierung ein Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt von der CDU geführt wird. In das bisher von der Grünen Priska Hinz geleitet Chefbüro zieht nun der bekennende Winzersohn Igmar Jung, 35, ein, der noch als direkt gewählter Abgeordneter den Rheingau im Bundestag vertritt.

Dass mit Jung, Schwarz und den SPD-Parlamentariern Mansoori und Gremmles gleich vier Bundestagsabgeordnete aus Berlin in die Landesregierung wechseln und zudem mit der designierten Familienministerin eine Kommunalpolitikerin in die Regierung berufen wird, dürfte in den Regierungsfraktionen von CDU und SPD kaum für Begeisterung sorgen.

Doch auch wenn es in den Fraktionen grummeln dürfte, die Wiederwahl von Rhein zum Ministerpräsidenten und die Bestätigung des neuen Kabinetts im Landtag gilt als sicher. Die neue Regierungskoalition verfügt über eine satte Mehrheit von 75 zu 58 Mandaten der Opposition. Allerdings bekommt sie es mit einer starken Opposition zu tun. Die AfD ist nach der CDU zweitstärkste Kraft im Landtag und hat bereits ihren Anspruch auf einen Platz im Landtagspräsidium angemeldet.

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2 Kommentare

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  • Für drei Ministerien hat die SPD Ja gesagtund ist mit der CDU ins hessische Bed gehüpft. Ich bin mir nicht sicher, ob der SPD eigentlich klar ist, was sie hier beginnen und was sie damit langfristig auslösen. Noch vor einem Jahr war die SPD Opposition, war strikt gegen die CDU, wollte diese ablösen. Jetzt sagt diese Zahl doch nur eins, die SPD kann die CDU in Hessen nicht ablösen. Und das Wahlergebnis der SPD war eigentlich auch keine Empfehlung, in eine Regierung einzutreten, der Wähler hätte da weitaus häufiger angekreuzt, wenn er das gewünscht hätte. Ich kann keine tiefere Logik hinter der SPD-Entscheidung erkennen. Für die Zukunft wird die Partei sich schwer gegen die Union abgrenzen können. Dabei ist die hessische CDU-Regierung keine Empfehlung, eher eine üble Hängepartie, erst exklusiv durch die Grünen getragen, nun macht es die SPD möglich. Wo schon kein Glanz ist, kann die SPD nur noch mehr Schatten ernten, das ist eine große Gefahr.

  • Dann wollen wir mal hoffen, dass ein Winzersohn ein besserer Landwirtschaftsminister wird, als eine Erzieherin die es vorher versucht hat.