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Landesparteitag ungültig erklärtWahldesaster bei Bayerns Linken

Die Schiedskommission erklärt den Landesparteitag für ungültig, inklusive der Wahl des Vorsitzenden. Der linke Parteiflügel macht den Bundesvorsitzenden Klaus Ernst verantwortlich.

Der derzeitige Landeschef Xaver Merk (li) will im Amt bleiben, obwohl die Schiedskommission seine Wahl für ungültig erklärt hat. Bild: dpa

Der Landesverband versinkt im Chaos, doch selbst den Vorsitzenden mag das nicht mehr schockieren. "Das, was jetzt passiert ist, habe ich kommen sehen", sagt Xaver Merk, der Bayern-Chef der Linkspartei.

Wie jetzt bekannt wurde, hat am Wochenende die Schiedskommission der bayerischen Linken den Landesparteitag vom vergangenen Dezember für ungültig erklärt, inklusive der Wahl des Vorsitzenden. Nach Auffassung der Kommission kam es bei der Wahl zu Unregelmäßigkeiten. Offenbar wurden mehr Stimmen abgegeben, als Delegierte im Saal waren. Es ist ein Höhepunkt in der Selbstzerfleischung der bayerischen Linken.

2008 war die Partei knapp am Einzug in den Landtag gescheitert, bei der Bundestagswahl holte sie im Freistaat über 5 Prozent. Seitdem fällt der Landesverband von Parteichef Klaus Ernst nur noch durch interne Machtkämpfe auf. Allein 2010 verlor die Linke drei Landesvorsitzende.

Der derzeitige Landeschef Xaver Merk, ein Gewerkschaftler, will im Amt bleiben, obwohl die Schiedskommission seine Wahl für ungültig erklärt hat. "Der Beschluss ist nicht rechtskräftig", sagt Merk. Er will ihn bei der Bundesschiedskommission der Partei überprüfen lassen. Schuld am Chaos sei nicht er, sondern der "Unmut in bestimmten Kreisen" des Landesverbands. Merk findet: "Da ist eine Gruppe zugange, die insgesamt unzufrieden ist."

Erkan Dinar ist ein Anführer der Unzufriedenen. Er ist im Koordinierungskreis der Antikapitalistischen Linken (AKL), des linken Flügels im Landesverband. "Die aktuelle Führungsmannschaft wurde durch einen Deal im Hinterzimmer eingesetzt", kritisiert Dinar. "Der Landesvorstand repräsentiert einfach nicht die Parteibasis." Die AKL ließ den Parteitag von der Schiedskommission überprüfen und fordert nun eine Wiederholung. Nach Meinung der Parteilinken steht der Landesverband unter dem Einfluss von Linken-Chef Klaus Ernst. "Er hat großen Einfluss und bremst Diskussionen aus", meint Dinar.

Xaver Merk ist wie Ernst von der SPD zur Linken gewechselt. Die andere Bayern-Chefin, Eva Mendl, arbeitet hauptberuflich als Mitarbeiterin in Ernsts Wahlkreisbüro.

Auch in der Parteizentrale in Berlin wächst die Unzufriedenheit. Die Bundesschiedskommission wies eine Beschwerde gegen das Auswahlverfahren für den Posten des Landesgeschäftsführers zurück, versah die Entscheidung aber mit dem Hinweis: Es dürfe nicht der Anschein entstehen, politisch unbequeme Bewerber würden ausgegrenzt. Sollten sich solche Vorwürfe beweisen lassen, drohe im Wiederholungsfall gar die Auflösung des Landesverbands.

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7 Kommentare

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  • GV
    Guggenmos Vida

    Ich finde sehr schade was da alles los ist.

    Ich bin bei der Linken gelandet weil wir anders sind, weil wir eine Ehrliche Politik machen wollen,weil wir eben Links sind.

    Dialog, das ist für viele ein Fremdwort, wird es kein Dialog geben, dann sehe ich schwarz für die Linke in Bayern.

  • N
    niedrahos

    Was ist denn LINKS? Außerdem gehen die Uhren in Bayern anders. Die Wahlergebnisse der SPD zeigen das auch.Es gibt durchaus Ideen, dass das Reich zu Gunsten eines freien Bayerns zu verlassen ist. Und die LINKE ist eine Berliner Partei. Man muss die bayerische Geschichte nur richtig lesen.

    Hinzu kommt, dass es zwischen der sozialistischen Theorie und den sozialen Träumen der Bevölkerung kaum zum Konsens kommen kann. Das Volk träumt z.B.von einer schönen Hochzeit in London und nicht von sozialer Gerechtigkeit.

  • E
    E.A.

    Da wähl ich doch lieber die CDU, die kann die Vergangenheit ihrer Mitglieder wenigstens noch effektiv verbergen.

  • CC
    Claus Carstensen

    Das hat sich ja schon in den Berichten direkt nach dem Parteitag abgezeichnet...

     

    Das Niederschreien von unbeliebten Rednerm, das Verlassen der Veranstaltung des 'Linken Flügels der Linken' - und schon da gab es Anzeichen, das Karteileichen im Spiel waren.

     

    Schon schade, das sich jetzt, wo die Linken in den kommenden Wahlen von den Fehlleistungen der anderen Parteien profitieren könnte, man sich selbst weggrätscht.

  • BC
    Bolschewiki - Chaoten !

    Die Linke ist niemals links gewesen, eher ein Chaotenhaufen der sich aus Protest ( vielleicht sogar zu Recht zudem was unter Schröder ablief )gesammelt aus Restkadern von SED , SEW , DKP...

    bis hin zu allen Clowns die bei allem sind.

    Da muss es zu so etwas kommen,

     

    Besser wäre gewesen alles das wäre aufgelöst geworden und von unten hätte man neu anfangen müssen.

     

    So ist diese Partei ein einziges Desaster alla DDR !

  • G
    GASP

    Wirft ein sehr schlechtes Licht auf die Partei oder zumindest diesen Landesverband. Glaub aber nicht, dass das nur da so ist. Klaus Ernst ist in hohem Maße unseriös, dass scheint im bayrischen Landesverband aber normal zu sein. Die West Linken sind offensichtlich noch lange nicht auf dem professionellen Niveau angekommen, das nötig ist um wählbar zu sein. Außerdem scheint es, als sei der ewig unvermeidliche Flügelstreit, der linke Parteien traditionell spaltet, noch lange nicht überwunden. Das muss in geregelte Bahnen gelenkt werden.

  • S
    Susanne

    Da wird sich Herr Ernst nun wundern: "Aber ich bin doch von der SPD zur SED-Nachfolgepartei gegangen, eben WEIL man hier demokratische Entscheidungen in guter Tradition auf dem kurzen Dienstweg erledigt".