Brandenburgs Grüne fordern AfD-Verbot

Landesverband beschließt Programm für die Landtagswahl am 22. September. Mit Blick auf den Umgang mit der AfD geht man weiter als die Bundesspitze

VonStefan Alberti

Verbieten. Darin sehen die Brandenburger Grünen die Lösung für das Problem des AfD-Booms acht Monate vor der Landtagswahl am 22. September. Die rund 140 Delegierten des mittlerweile über 2.700 Mitglieder starken Landesverbands saßen am Wochenende in Potsdam in der historischen Schinkelhalle am Havelufer zusammen. Im Kern ging es um das Wahlprogramm, das aus Grünen-Sicht auch Regierungsprogramm sein soll. Geprägt wurde der Parteitag aber auch von den Enthüllungen um ein Treffen von AfDlern mit anderen Rechtsextremisten samt Deportationsfantasien.

„Unsere Demokratie sollte ein Verbot der AfD prüfen“, erklärte bereits eingangs die Landesvorsitzende Alexandra Pichl. Denn der AfD rutsche „die Maske immer mehr vom Gesicht“. Grünen-Bundeschefin Ricarda Lang als Gastrednerin sah das genauso, auch sie befürwortete, prüfen zu lassen, ob ein Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht Erfolg haben könnte.

Es war viel von Gemeinsamkeit zu hören und von Abscheu über das, was bei dem Rechtsextremen-Treffen unter „Remigration“ lief und laut dem Brandenburger AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt kein Versprecher war, sondern „ein Versprechen“ für den Fall einer AfD-Regierungsübernahme sein soll.

Einen Punkt sprachen dabei weder die Grünen-Parteispitze noch die designierten Spitzenkandidaten Benjamin Raschke und Antje Töpfer an: In einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Instituts Insa im Auftrag mehrerer brandenburgischer Zeitungen sprechen sich auch 51 Prozent der Grünen-Anhänger für eine härtere Asylpolitik in Deutschland aus – mehr als bei der FDP mit 39 Prozent. Führend hier mit 89 Prozent und gleichauf mit der AfD: das „Bündnis Sahra Wagenknecht“, das in der Umfrage aus dem Stand auf 13 Prozent gekommen ist.

Was die Parteioberen erst prüfen wollen, zurrten die Delegierten gleich mal fest: Bei einigen Gegenstimmen und Enthaltungen sprachen sich die Grünen in Potsdam für ein Verbotsverfahren aus. „Wenn wir heute beginnen, können wir darauf hoffen, 2029 eine AfD-Bundesregierung und damit eine neue faschistische Regierung Deutschlands zu verhindern“, heißt es in dem Antrag dazu.

In den jüngsten Umfragen für die Landtagswahl liegen die Grünen mal bei 7, mal bei 8 Prozent. Das ist deutlich unter ihren rund 11 Prozent bei der Wahl 2019, aber zu weit weg von der 5-Prozent-Hürde, um in der Schinkelhalle Zweifel an einem erneuten Landtagseinzug aufkommen zu lassen. Auch über die künftige Rolle ist man sich klar. „Wir wollen weiter mitregieren“, sagte Co-Landeschefin Hanna Große Holtrup. Seit 2019 bilden die Grünen mit SPD und CDU eine Koalition.

Das allerdings hält die führenden Kräfte des Landesverbands nicht davon ab, ihre dortigen Partner hart zu kritisieren. Für Parteichefin Pichl ist nicht nachvollziehbar, warum Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) jüngst einen verabredeten Klimaplan anhielt, um die Kosten prüfen zu lassen. „Nicht der Klimaplan ist zu teuer, die Klimakrise ist teuer“, sagte Pichl. Für sie sind „wir in dieser Koalition die, die antreiben“.

Benjamin Raschke, der zusammen mit Antje Töpfer im März zum Spitzenkandidaten gewählt werden soll, vermisst bei Woidke Führungsstärke und jegliches Erklären seiner Politik. Zu den im Grünen-Wahlprogramm festgeschriebenen Vorhaben gehört, dass Brandenburg schon vor 2030 aus dem Braunkohleabbau aussteigt – die Koalition hatte sich 2019 auf 2038 verständigt. Raschke sagte, SPD und CDU würden „den Menschen in der Lausitz Sand in die Augen streuen“, wenn sie behaupteten, der Abbau gehe noch bis 2038 weiter.

Ein Problem der Grünen in der Mark: In einer „Potenzialanalyse“ der Insa-Umfrage rangieren sie weit unten. Demnach können sich in Brandenburg 53 Prozent der Befragten „grundsätzlich gar nicht“ vorstellen, die Grünen zu wählen. Über die AfD sagen das 48 Prozent, über die SPD 28 Prozent.

Bundeschefin Ricarda Lang mochte gar nicht bestreiten, dass die Stimmung aktuell nicht gerade grünenfreundlich ist. „Ich weiß, dass es etwas anderes heißt, in Brandenburg an die Orte zu gehen, wo es wehtut“, sagte sie. Auch deshalb versprach sie massive Unterstützung im Wahlkampf: „Das ist nicht nur eure Wahl, das ist unser aller Wahl.“