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Landesparteitag der Linken in HamburgWie zahm darf’s sein?

Die Hamburger Linke hat zwei neue SprecherInnen. Beide stehen für einen klaren Oppositionskurs. Wie weit links soll Die Linke stehen?

Neue SprecherInnen der Hamburger Linken: Żaklin Nastić und Keyvan Taheri Foto: Georg Wendt/dpa

Hamburg taz | Ihre Partei sei nun mal plural. Das sagen sowohl Żaklin Nastić als auch Keyvan Taheri unabhängig voneinander nach ihrer Wahl. Denn der parteiinterne Rückhalt für die beiden neuen SprecherInnen der Hamburger Linken scheint begrenzt. Während Nastić immerhin 63 Prozent der Stimmen erhielt, gab es für Taheri gerade mal eine Zustimmung von knapp 55 Prozent der 130 Delegierten. 2016, als Nastić schon einmal für zwei Jahre an die Spitze der Landespartei gewählt wurde, erhielt sie noch mehr als 88 Prozent der Stimmen.

Gleich beide Landesspre­cher*in­­nenposten standen am Wochenende zur Wahl. Olga Fritzsche und David Stoop, die den Posten innehatten, waren im Februar in die Bürgerschaft eingezogen und kandidierten nicht mehr. Denn noch immer gilt bei den Linken: Es darf keine Postenüberschneidung geben, die Landesführung kontrolliert die Fraktion. Und das wird eine der zentralen künftigen Aufgaben für Nastić und Taheri.

Nastić sitzt seit 2017 mit einem Mandat über die Landesliste im Bundestag. Zuvor war sie vor allem auf Bezirksebene in Eimsbüttel aktiv. Taheri dagegen ist, vor allem außerhalb der Partei, noch ein unbekanntes Blatt. Er hat ein Möbelgeschäft und sitzt seit ein paar Jahren in der Bezirksversammlung Nord.

Ihr im Vergleich zu 2016 schwächeres Abschneiden beim Landesparteitag am Sonntag ist für Nastić „keine große Überraschung“. Schließlich seien klare innerparteiliche Wahlergebnisse in der vergangenen Zeit selten gewesen. Zur Bürgerschaftswahl im Februar dieses Jahres wählten die Mitglieder auch Cansu Özdemir, David Stoop und Sabine Boeddinghaus nur knapp an die Spitze der Liste – jeweils mit gerade einmal 60 Prozent.

Wir brauchen beides: Eine klare Oppositionspolitik und die aktive Beteiligung in Initiativen auf der Straße

Keyvan Taheri, Neuer Landessprecher

Mit Nastić und Taheri stehen zwei Linke an der Landesparteispitze, die für einen klaren Oppositionskurs der Partei stehen. Umstritten ist in der Partei jedoch, ob sie sich zu sehr auf die parlamentarische Arbeit konzentriert. So steht Andreas Grünwald, der sich ebenfalls um den Posten des Landessprechers beworben hatte, für einen klaren Fokus auf die außerparlamentarische Arbeit.

„Die Vorstellung, allein mit parlamentarischer Arbeit Verbesserungen zu erreichen, ist ein Irrtum“, teilte er in seinem Bewerbungsschreiben mit. Das lässt sich durchaus als Kritik an der Fraktion lesen. Denn auch manch andere Genoss*innen halten die Fraktion mitunter für zu zahm.

Genau von dort, besonders vom Bürgerschaftsabgeordneten Norbert Hackbusch, wurde wiederum während des Parteitags denn auch Kritik an Grünwald laut. Taheri wiederum, der sich gegen Grünwald durchsetzte, will so weit nicht gehen. „Wir brauchen beides: eine klare Oppositionspolitik und die aktive Beteiligung in Initiativen auf der Straße.“

Auch Nastić hält sich zurück: „Wir wollen eng und harmonisch mit der Bürgerschaftsfraktion zusammenarbeiten.“ Gleichzeitig hat sie sich im Bundestag nicht als besonders zahme Oppositionspolitikerin gezeigt: Im Frühjahr hatten sie und sieben weitere Abgeordnete Anzeige gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel erstattet, weil diese den Angriff auf den iranischen General Ghassem Soleimani durch eine US-Drohne nicht unterbunden hat. Sowohl die Partei- als auch die Fraktionsspitze im Bund distanzierten sich.

In parlamentarischer Hinsicht wird sich die Partei in den kommenden Monaten vor allem um die Bundestagswahl im kommenden Herbst kümmern müssen. Dort will Nastić, das hat sie bereits erklärt, unbedingt wieder einziehen.

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1 Kommentar

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  • Die Parteien in der Bürgerschaft arbeiten kaum mit der Linken zusammen, die Inhalte und die Kritik werden in der Regel abgelehnt, soziale und wirtschaftlich-gesellschaftliche Fragen lassen sich im stumpfen Rahmen der Bürgerschaft selten pointiert für die Linke thematisieren. Dazu kommt, dass die Bürgerschaftsmandate die innere Struktur der Partei prägen, an der Spitze ist, wer in der Bürgerschaft an der Spitze steht. Das muss auch so sein, denn wenigstens theoretisch ginge es ja ums Regieren, nicht ums dabei sein. Insofern muss man die parlamentarische Ausrichtung der Partei kritische sehen. Es gibt dort viel, viel Arbeit, aber wenig echten Gewinn. Wie viele HamburgerInnen wählen die Linke, weil die in der Bürgerschaft eine gute Arbeit macht?