Landesparteitag der AfD in Hamburg: Weiter so trotz Zerwürfnissen
Dirk Nockemann will in Hamburg wieder als Spitzenkandidat der AfD antreten. Zugleich läuft hinter den Kulissen allerhand schief.
![Dirk Nockemann und Alexander Wolf stehen im Raum der Bundespressekonferenz. Dirk Nockemann und Alexander Wolf stehen im Raum der Bundespressekonferenz.](https://taz.de/picture/6114917/14/216581821-1.jpeg)
E r würde wieder antreten. Wenn die AfD Hamburg es wünsche, möchte Dirk Nockemann erneut als Spitzenkandidat zur Bürgerschaftswahl 2025 kandidieren. Auf dem Landesparteitag im Stadtteil Wandsbek bekundete der Bürgerschaftsfraktions- und Landesparteivorsitzende, dass er nicht amtsmüde sei und versicherte: „Ich meine es ernst.“
Seit sechs Jahren ist Nockemann Landesvorsitzender und seit fünf Jahren Fraktionschef an der Elbe. Im Landesverband kamen Gerüchte auf, dass der ehemalige Innensenator nicht mehr könne und nicht mehr wolle. Auf dem Parteitag am 5. Februar erklärte der 64-Jährige: „Für alle ganz deutlich: Ich mache hier überhaupt nicht Schluss, nichts liegt mir ferner als das.“ Der NDR-Bericht zeigt: Es gibt viel Applaus.
In dem Landesverband mit rund 650 Mitgliedern ist der Doppelvorsitzende nicht unumstritten. Die Fraktionsmitglieder könne er kaum auf Linie halten. Jüngstes Beispiel: Am 7. Februar trat die AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Olga Petersen beim staatseigenen Kanal „Russia 1“ in der Sendung „60 Minutes“ auf. Die russischstämmige AfD-Abgeordnete warnte den Kreml, sich nicht auf die Aussagen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu verlassen, keine Kampfflieger an die Ukraine zu liefern. Denn zu Beginn des Krieges habe die Bundesregierung noch jede Einmischung abgelehnt. Sie beklagte auch, dass Deutschland sich unabhängig von Erdgas aus Russland machen wolle.
Anzeige wegen Veruntreuung
Von dem Interview will die Bürgerschaftsfraktion vorab nichts gewusst haben, teilte die Fraktion dem Spiegel mit. Sie erwarte zudem, dass die Mitglieder sich an die Parteibeschlusslage halten. Diese Vorhaltung trifft jedoch nicht ganz zu. Auf den Parteitag beschlossen die Mitglieder eine Resolution für das Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland und forderten, dass die Nord-Stream-Pipelines zur Erdgasversorgung repariert werden sollen.
Die internen Konflikte gehen aber auch mit externen Problemen einher. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt gegen Nockemann. Beim Landeskriminalamt musste er als Zeuge aussagen, bestätigt eine Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft der taz. Eine weitere Anzeige soll gerade gegen Nockemann und weiterer Personen wegen des Verdachts der Veruntreuung bei der Staatsanwaltschaft eingegangen sein.
Seine politische Karriere begann Nockemann bei den Jusos und der SPD. Im CDU-geführten Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern war der Jurist tätig. Von August 2003 bis März 2004 agierte er für die Schill-Partei (Partei Rechtsstaatliche Offensive) als Innensenator. 2015 gelang dem Ex-Schillianer mit der AfD der Einzug in die Bürgerschaft.
Im Vergleich zu der AfD in Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen brach die Hamburger Fraktion – trotz Konflikten und Anfeindungen – bisher nicht auseinander. Der zweite Mann der AfD, Alexander Wolf, gab sich auf dem Parteitag prompt kämpferisch. Der Fraktions- und Parteivize polterte: „Es geht um unser Land, das in ganz schweren Fahrwassern ist, weil Rot-Grün-Klimafanatiker und Deutschlandhasser daran arbeiten, Deutschland abzuschaffen.“ Nockenmann und Wolf waren schon öfter Konkurrenten um Ämter.
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