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Landesministerin über Nancy Faeser„Ich hoffe auf eine Signalwirkung“

Sabine Sütterlin-Waack, CDU-Innenministerin in Schleswig-Holstein, freut die Ernennung Nancy Faesers. Sie könne Vorbild für andere Frauen sein, sagt sie.

Noch allein unter Männern: Sütterlin-Waack (Mitte) bei einer Konferenz im Juni 2021 Foto: Philipp von Ditfurth/picture alliance
Konrad Litschko
Interview von Konrad Litschko

taz: Frau Sütterlin-Waack, Sie sind nicht mehr allein unter Innenministern: Mit der hessischen Sozialdemokratin Nancy Faeser gibt es nun auch erstmals auf Bundesebene eine Innenministerin. Wie finden Sie das?

Sütterlin-Waack: Zum einen gibt es seit September noch eine zweite Innenministerin auf Länderebene, Frau Zieschang in Sachsen-Anhalt. Zum anderen bin ich jemand, der erstmal abwartet und sich dann ein Bild macht. Der erste Eindruck von Frau Faeser ist aber ein positiver. Sie hat viel Erfahrung mit der Innenpolitik und es ist immer gut, wenn jemand in so ein Amt kommt, der oder die thematisch davon Ahnung hat. Auch dass Frau Faeser den Rechtsextremismus als Schwerpunkt benennt, ist richtig. Alles Weitere wird sich zeigen.

Im Interview: Sabine Sütterlin-Waack

63 Jahre, CDU, seit April 2020 Innenministerin von Schleswig-Holstein, damals die einzige bundesweit. Zuvor war die Juristin Landesjustizministerin und Bundestagsabgeordnete.

Die Ernennung von Nancy Faeser war allseits eine Überraschung. Sie machte seit Jahren Innenpolitik im Landtag, aber von der Oppositionsbank aus. Nun der Sprung an die Spitze eines Bundesministeriums, dem Behörden mit 85.000 Bediensteten unterstehen. Ist das zu schaffen?

Ich sage mal aus eigener Erfahrung: Der Mensch wächst an seinen Aufgaben. Ich hätte vor zehn Jahren auch gesagt: Ich und Innenministerin? Nicht vorstellbar! Und dann fragte mich Daniel Günther bei uns in Schleswig-Holstein, ob ich dieses Amt übernehme, ich sagte zu und heute klappt es ganz ordentlich, würde ich sagen.

Bedauern Sie, dass Ihre Union das Bundesinnenministerium nach 16 Jahren verliert?

Ich habe es natürlich bedauert, dass die CDU bei der Bundestagswahl nicht stärkste Partei geworden ist und wir nun nicht mehr in der Regierung sind. Dass wir dann nicht mehr zuständig für das Bundesinnenministerium sind, ist da ja nur eine logische Folge. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir Innenministerinnen und Innenminister der Länder mit der neuen Bundesinnenministerin einen guten und konstruktiven Austausch pflegen werden.

Was für eine Rolle spielt es, dass das Bundesinnenministerium nun erstmals von einer Frau besetzt ist?

Das hat erstmal einen Aufmerksamkeitswert. Aber das wird sich schnell erledigen. Als das Verteidigungsministerium mit Ursula von der Leyen erstmals von einer Frau übernommen wurde, zweifelten auch viele, ob sie das kann. Und sie konnte. Heute spricht kein Mensch mehr darüber, dass dieses Ministerium wieder an eine Frau geht. Fürs Innenministerium hoffe ich aber auch auf eine Signalwirkung. Es ist für Frauen wichtig, Vorbilder zu haben, die zeigen: Aufstieg und Führung sind machbar.

Sie sind seit April 2020 Innenministerin in Schleswig-Holstein. Vor Ihnen hatten nur zwei Frauen dieses Amt inne: Annegret Kramp-Karrenbauer und Monika Bachmann, beide Saarländerinnen und in der CDU. Danach sah man auf Fotos der Innenministerkonferenz lange Jahre nur Männer – bis Sie kamen. Warum ist Sicherheitspolitik immer noch so männlich?

Das liegt vielleicht daran, dass auch die Sicherheitsbehörden noch männerdominiert sind. Bei der Polizei hat das sicher etwas damit zu tun, dass man dort mit Gewalt konfrontiert sein kann, aber auch mit den Arbeitszeiten und Schichtdiensten, die nicht so familienfreundlich erscheinen. In Schleswig-Holstein haben wir aber inzwischen 32 Prozent Frauen in der Polizei. Das finde ich ganz gut. Trotzdem wollen wir dies noch weiter ausbauen. Da bleibe ich auf jeden Fall dran.

Wie wurde Ihnen denn begegnet, als Sie 2020 das erste Mal in die Innenministerkonferenz kamen – als einzige Frau unter Männern?

Das fiel natürlich auf: ‚Ach ja, wir haben ja jetzt eine Frau unter uns.‘ In Schriftsätzen wurde dann die Anrede geändert. ‚Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrte Herren Kollegen!‘. Nur dass es jetzt ‚Innenministerinnen- und Innenministerkonferenz‘ heißen müsste, hat sich noch nicht durchgesetzt. Ich wurde von allen aber sehr kollegial und unvoreingenommen empfangen. Das Gleiche übrigens auch bei der Polizei. Ich bekomme als Frau keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und das finde ich gut. Es war aber auch klar: Dass nun eine Frau an der Spitze des Ministeriums steht, damit müssen jetzt alle klarkommen! (lacht)

Sie selbst nahmen beim Dienstantritt den Bereich Gleichstellung vom Justizministerium mit ins Innenministerium. Ein bewusstes Zeichen?

Das Thema ist mir einfach wichtig. Mehr Frauen in Führungspositionen, Gewaltschutz – das passt auch gut zur Inneren Sicherheit. Aber es stimmt: Ein Mann hätte das wohl eher nicht gemacht.

Sieht so weibliche Sicherheitspolitik aus?

Ich weiß nicht, ob es eine weibliche Sicherheitspolitik gibt. Ein Unterschied könnte sein, dass ich etwa bei Konflikten viele Gespräche führe, vermittele und die Konflikte so zu lösen versuche. Das ist vielleicht ein etwas anderer Ansatz als bei meinen männlichen Kollegen. Und vor allem spreche ich Frauen in der Polizei offensiv an, die auf dem Sprung sind, und mache ihnen Mut zu Führungspositionen. So schafft man dann wieder Vorbilder für andere. Schauen Sie in die Justiz: Da haben wir die Parität weitgehend geschafft. Anwältinnen, Staatsanwältinnen, Richterinnen sind völlige Normalität. Ich hoffe, dass wir dahin auch bei der Polizei kommen.

Sie treten für die Quote in Parlamenten ein. Braucht es diese auch im Sicherheitsbereich, um das zu erreichen?

Nein, das wäre im öffentlichen Dienst nicht umsetzbar, wo es um Stellenbesetzungen mit sehr konkreten Profilen geht.

Was hilft dann?

Offensives Fördern von Frauen ist das A und O. Dazu braucht es auch eine gleiche Bezahlung und Angebote wie Führung in Teilzeit, was im Detail schwierig ist, aber möglich. Letztlich muss sich aber etwas gesellschaftlich ändern. Der Wandel wird nur funktionieren, wenn Männer etwa bei der Kindererziehung noch mehr Verantwortung übernehmen und dafür auch mal zu Hause bleiben. Dann haben die Frauen mehr Möglichkeiten, aufzusteigen und Karriere zu machen. Da hat sich aber zuletzt schon viel getan und ich bin optimistisch, dass sich da noch mehr bewegen wird.

Glauben Sie, Frau Faeser wird mit einer weiblichen Sicherheitspolitik Akzente setzen?

Ich weiß es nicht. Sie könnte es tun – oder sie könnte es wie die gerade abgetretene Kanzlerin handhaben, die ihre Rolle als Frau nicht so herausstellte. In jedem Fall würde ich gerne demnächst in Berlin persönlich mit Frau Faeser genau über diese Themen sprechen und hören, ob sie sich da etwas vorgenommen hat. Und dann könnte ich ihr auch von meinen Erfahrungen berichten.

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