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Landeshaushalt für 2026 und 2027Skizze einer Achterbahnfahrt

Die Linksfraktion, die 2026 die Regierungschefin stellen könnte, kritisiert den Haushalt heftig. Den soll das Parlament nächste Woche beschließen.

Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus vermisst in der Haushaltspolitik von Schwarz-Rot jegliche Strategie Foto: Focke Strangmann/dpa

Aus Berlin

Stefan Alberti

Die Haushaltsberatungen sind abgeschlossen, nichts wird sich mehr ändern an dem Finanzplan für die nächsten beiden Jahre, wenn das Abgeordnetenhaus nächste Woche Donnerstag darüber abstimmt. Es wird nicht der Tag letzter kleiner Änderungen, sondern der Moment der großen Abrechnung der Opposition mit der schwarz-roten Koalition. Quasi ins Redemanuskript hat die Linksfraktion jetzt in einem Pressegespräch gucken lassen. „Eine haushaltspolitische Achterbahnfahrt“ nennt ihr Chef Tobias Schulze dabei den Weg, der zu dem geführt hat, was nun fast 90 Milliarden Euro umfasst und ausgedruckt rund 10 Kilo schwer und 4.000 Seiten dick ist.

„Vom Kahlschlagshaushalt zum Wahlkampfhaushalt ohne Perspektive“, skizzieren Schulze und seine Co-Chefin Anne Helm die Strecke vom Beschluss des Entwurfs durch den Senat im Sommer bis zur Schlussdebatte im Hauptausschuss des Parlaments am Vortag. Vor allem zwei Dinge haben die schwarz-rote Koalition aus Schulzes Sicht zu dieser Kehrtwende gebracht.

Zum einen sei da die Einsicht in die Nichtumsetzbarkeit geplanter Kürzungen gewesen. Diese Umkehr – im Kern erst Mitte November – soll aber den Wegfall mancher sozialer Angebote nicht verhindert haben: Deren Träger hatten sich laut Linksfraktion längst auf drohende Einsparungen eingestellt und Verträge nicht verlängert.

Zum anderen ist die Koalition für Schulze auf die geschilderte Achterbahnfahrt gegangen, „um einen linken Wahlsieg zu verhindern“. Die CDU-geführte Koalition habe mit einem schuldenfinanzierten Rekordhaushalt auf eine veränderte Stimmungslage in der Stadt reagiert: Seit Juni ist die Linkspartei in Umfragen – teils mit Abstand – stärkste Kraft im linken Lager. In der CDU betrachtet man sie als größte Konkurrenz im Rennen um das Rote Rathaus.

Keine Strategie zu erkennen

In dem Pressegespräch bilden Schulze, Helm und vor allem der langjährige Finanzexperte der Fraktion, Steffen Zillich, weitgehend nüchtern Schwächen des Haushaltsplans ab. Sie vermissen vor allem eine mittelfristige Strategie und Realismus. Die Realität lasse sich nicht vermeiden, ist von Zillich zu hören.

Fast wortgleich hat sich vor zwei Wochen die Chefin des Landesrechnungshofes, Karin Klingen, zum Vorgehen der Koalition geäußert. Bloß lehnt sie anders als die Linksfraktion eine weitere Verschuldung ab, drängt aber auch darauf, die Einnahmen des Landes zu erhöhen.

Die Linksfraktion würde dazu unter anderem die Grunderwerbsteuer erhöhen, nicht zu verwechseln mit der aktuell umstrittenen und jährlich fälligen Grundsteuer. Darin könnte aber auch die CDU kaum eine ideologisch gegen Vermögende gerichtete Politik sehen: von jetzt 3 Prozent auf den in Brandenburg geltenden Wert von 3,5 Prozent soll sie steigen – also lediglich um ein Sechstel. Warum das nicht längst passiert ist, mag sich Zillich nur mit einer gewissenen Ideologiegebundenheit der CDU erklären.

Bei den drei Linken-Politikern wiederum klingt die Wortwahl wenig klassenkämperisch – nur einmal ist von „Luxusvillen“ die Rede, die extra zu besteuern seien. Die Sache ist bloß: Von diesen drei führenden Köpfen werden zwei definitiv nicht der künftigen Fraktion angehören, die möglicherweise den von Schulze angekündigten Kassensturz machen und Berlins Finanzen neu aufstellen wird. Nur Schulze tritt bei der Wahl am 20. September wieder an.

In der Linksfraktion steht ein großer Wechsel an

Geht es also tatsächlich im Sinne jener drei weiter? Schulze verweist auf einen Beschluss beim jüngsten Landesparteitag, eine eigene Arbeitsgruppe zur Haushaltskrise einzusetzen. „Unserer Partei ist sehr bewusst, dass wir spätestens 2028 ein 5-Milliarden-Loch im Haushalt haben“, sagt der Fraktionschef. Und Zillich fügt hinzu: „Die Partei diskutiert sehr intensiv darüber, ob man unter diesen Bedingungen eine Regierung anführen kann.“

Für die Parteiführung hingegen, darauf verweist Schulze dann nochmal, sei das klar entschieden. Der Landesvorstand stellte seine inzwischen offiziell gewählte Spitzenkandidatin im Oktober mit folgenden Worten vor: „Elif Eralp ist unser Angebot für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin.“

Ob sie, CDUler Kai Wegner oder jemand anders die künftige Regierung anführt – eines ist für Fraktionschef Schulze mit Blick auf den Haushalt unumgänglich: „Jede Konstellation braucht dafür eine neue Strategie.“

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