Länderfinanzausgleich Klage: Solidarisch, aber nicht blöd
Hamburg kann den Länderfinanzausgleich nicht mehr zahlen. Nun sind nur noch drei dabei: Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Seehofer will vor Gericht ziehen.
BERLIN/KREUTH dpa/dapd | Hamburg ist im Länderfinanzausgleich vom Geber- zum Nehmerland geworden. Der Stadtstaat musste im vergangenen Jahr ebenfalls alimentiert werden, wie aus einer aktuellen Übersicht des Finanzministeriums vom Donnerstag hervorgeht.
Damit haben erstmals nur noch drei Länder in den Milliarden-Umverteilungstopf eingezahlt, während der Rest kassierte. Zur Gruppe der „reichen“ Bundesländer zählen noch Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. Hamburg hatte 2011 noch rund 62,17 Millionen Euro zugeschossen. Im vergangenen Jahr kassierte der von der SPD regierte Stadtstaat dagegen 21,2 Millionen Euro.
Größter Profiteur war mit Abstand auch 2012 Berlin, das 3,32 Milliarden Euro erhielt. Insgesamt wurden fast 7,93 Milliarden Euro umverteilt, rund 600 Millionen mehr als im Vorjahr. Am meisten eingezahlt hat erneut Bayern, das mit 3,9 Milliarden Euro (2011: 3,66 Mrd.) weiter die Hälfte der komplizierten Ausgleichszahlungen trägt.
Zweitgrößter Zahlender ist inzwischen Baden-Württemberg, das 2,69 Milliarden Euro einzahlte, nach 1,78 Milliarden Euro im Jahr davor. Hessen steuerte 2012 knapp 1,33 Milliarden Euro bei, etwa 500 Millionen Euro weniger als im Jahr 2011. Bayern und Hessen wollen die lange angekündigte Verfassungsklage gegen den Länderfinanzausgleich voraussichtlich im Februar einreichen.
Die jetzige Regelung sei eine „himmelschreiende Ungerechtigkeit“, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag am Rande der Klausur der bayerischen CSU-Fraktion in Wildbad Kreuth. Er fügte hinzu: „Wir sind solidarisch, aber nicht blöd.“
Kretschmann soll mitmachen
Seehofer fügte hinzu, er appelliere an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), sich dieser Klage anzuschließen. Kretschmann müsse die Interessen seines Landes über parteipolitische Interessen stellen.
Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg will dagegen nicht mitziehen. Bisher setzt Stuttgart auf eine Verhandlungslösung. Der Finanzausgleich regelt die Verteilung der Einnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Jedes der 16 Bundesländer hat aufgrund seiner wirtschaftlichen, geografischen und regionalen Besonderheiten unterschiedlich hohe Einnahmen. Hauptziel ist laut Grundgesetz die „Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse“.
Der Länderfinanzausgleich muss bis 2019 allerdings ohnehin neu geregelt werden, weil dann der Solidarpakt ausläuft. Inzwischen wurden die hoch verschuldeten Länder Berlin, Bremen, das Saarland sowie Schleswig-Holstein wegen drohender Haushaltsnotlagen auch vom Bund-Länder-Stabilitätsrat schärfer an die Kandare genommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“