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LSBTIQ*-Manifest gegen RechtsBitte nicht die wählen

Für eine vielfältige und offene Gesellschaft: Das „Berliner Manifest“ wendet sich gegen die Vereinnahmung sexueller Minderheiten durch Rechtspopulisten.

In Berlin buhlt die AfD um die Stimmen schwuler Männer Foto: dpa

Berlin epd | Gegen die Vereinnahmung sexueller Minderheiten im Wahlkampf durch Rechtspopulisten haben sich engagierte Künstler, Journalisten, Wissenschaftler und Politiker gewandt. In einem am Mittwoch als „Berliner Manifest“ verbreiteten Aufruf werden Schwule, Lesben, Trans*- und Inter*- und Bisexuelle aufgefordert, bei den anstehenden Landtagswahlen und der kommenden Bundestagswahl „keine Parteien zu wählen, deren Programme im Widerspruch zu einer vielfältigen und offenen Gesellschaft stehen“.

Es gehe darum, „ein starkes Signal gegen jede Form des Rechtspopulismus“ zu senden: „Wir beobachten mit Sorge, wie die Grundlage unserer Demokratie, das zivilgesellschaftliche Engagement, mit Labeln wie ‚linksgrünversifft‘, ‚Gender-Gaga‘ oder ‚Queeriban‘ denunziert wird“, heißt es in dem Manifest.

Zu den mehr als 200 Erstunterzeichnern gehören unter anderem der Comedian Thomas Hermanns, der Comiczeichner Ralf König, die Kabarettistin und Schauspielerin Maren Kroymann, der Soziologe Martin Dannecker und der Intendant der Komischen Oper Berlin, Barrie Kosky. Weitere Erstunterzeichner sind den Angaben zufolge unter anderem der Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck und die Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Hermann (Grüne).

Während die AfD in Stuttgart gegen homosexuelle Lebensentwürfe mitmarschiere, versuche sie in Berlin mit islamophoben Aussagen um die Stimmen schwuler Männer zu buhlen, heißt es in der Pressemitteilung zum „Berliner Manifest“. „Wir dagegen stehen für eine Politik, die Vielfalt in unserer Gesellschaft als Chance begreift und die Errungenschaften unserer emanzipatorischen Bewegungen der letzten 50 Jahre mutig verteidigt und weiterführt“, heißt es. Ab Donnerstag kann man das Manifest unter berliner-manifest.de unterzeichnen.

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17 Kommentare

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  • Je mehr man sich in der deutschen Presse öffentlich gegen die AfD positioniert, desto mehr wird sie sich als Opfer der 'Lügenpresse' darstellen und ihr Trotzwähler zutreiben.

  • 8G
    889 (Profil gelöscht)

    Die AfD kämpft da eh auf verlorenem Posten: Jeder Schwule wird lieber den http://www.spiegel.de/images/image-894673-galleryV9-wjdf-894673.jpg sehen als den http://taz.de/picture/1291075/624/16198534.jpeg :)

  • Es gibt auch Migranten bei der AfD:

     

    "(...) Katarina M.* war 'Referentin für Frauen- und Lesbenpolitik' an der Uni Mainz. Sie hat zwei Kinder von zwei Männern und sie redet darüber ganz offen. Dem konservativ-traditionellen Familienbild wird sie damit nicht ganz gerecht. Über ihrem hellbraunen Gesicht erhebt sich ein schwarzer Lockenturm. Man sieht, dass ihr Vater aus Afrika stammt, aus Tansania. Dass M. in der Alternative für Deutschland (AfD) ist, vermutet man eher nicht. Eine Migrantin in einer Partei, die für eine harte Zuwanderungspolitik steht, in denen Führungskräfte mit Sprüchen gegen Migranten rechtes Publikum einfangen? Ja, sagt M., gerade wegen der Zuwanderungspolitik arbeite sie nun in der AfD mit. Allerdings gerade mit 'großen Schmerzen'. Denn es gibt Grenzen, was sie noch mittragen kann. (...)"

    http://www.sueddeutsche.de/politik/migrantenbei-der-afd-die-deutschenversteher-1.2283582

     

    Siehe auch:

    http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2717358/Migranten-in-der-AfD#/beitrag/video/2717358/Migranten-in-der-AfD

     

    Warum also soll es nicht auch Lesben und Schwule in der AfD geben?

  • Wen kann ich denn überhaupt noch wählen, wenn ich gegen unbegrenzten Zuzug aus den LGBTI-feindlichsten Regionen der Welt bin?

    In der AfD gibt es zwar furchteinflößende Figuren wie von Storch oder Höcke, aber ich vermute selbst die würden die Rechte von LGTBI mehr achten als der durchschnittliche Migrant aus besagter Region. Außerdem gibt es auch andere Strömungen innerhalb der AfD und sogar Schwule und Lesben.

    Ich würde die Partei trotzdem (noch) nicht wählen, bin aber sehr froh, dass ich in nächster Zeit nicht wählen muss, da ich es momentan echt nicht weiß.

    Die Unterzeichner dieses Manifests müssen sicher nicht mit der Straßenbahn fahren und wohnen in guten und sicheren Vierteln. Das kann sich nicht jeder leisten.

    Ich kenne Transsexuelle, die wegen der Anfeindungen aus ihrem Stadtteil wegziehen wollen, so wie dies finanziell möglich ist. Und die Anfeindungen (Beschimpfen, Spucken) kommen nicht von Rechts.

    Als Schwuler (oder auch Jude) kann man sich ja im Alltag weitestgehend unerkannt bewegen. Bei Transsexuellen ist das leider oft schwieriger.

    • @karlei:

      Welche Partei ist denn bitte für unbegrenzten Zuzug von irgendwoher? Das ist doch schon die erste falsche rechtspopulistische Unterstellung. Und wie Cosmo schon schrieb, das soziale Problem mag zwar durch Flüchtlinge verschärft werden, ist aber in der Wurzel Produkt der neoliberalen Privatisierung gesellschaftlichen Wohlstandes. Es wäre genug für alle da...inklusive zwei Millionen MigrantInnen. Was gewalttätige Übergriffe gegen Menschen betrifft, sei es Transsexuelle, Juden oder Muslime - da sollte in jedem Falle die ganze Härte des Gesetzesspürbar gemacht werden. Und ja, Gewaltverbrechen rechtfertigen IMO auch die Abschiebung von Nichtstaatsbürgern.

      • @hessebub:

        Ziemlich einfach: Die Grünen. Steht sogar im Parteiprogramm. Die Linken sind ebenfalls dafür (zumindest äußert sich die Parteispitze so), da weiß ich allerdings nicht ob es im Parteiprogramm steht.

    • 1G
      12294 (Profil gelöscht)
      @karlei:

      Ja, kann man - zumindest wenn man es sich verkneift, den Freund zu küssen (und dann kann man mit Butler fragen, ob man überhaupt schwul ist, wenn man nix Schwules tut).

       

      Dennoch, und umso nachdrücklicher, Zustimmung. Und wenn das Plakat der AfD eine Vereinnahmung darstellt, dann das Manifest mindestens genauso.

    • 3G
      35381 (Profil gelöscht)
      @karlei:

      Guter Beitrag!

      Ich bin auch sehr froh, dass ich mich wählermäßig momentan nicht entscheiden muss. Ich könnte es nicht.

      Merkels Aussage, niemanden wäre etwas weggenommen worden durch die Flüchtlingskrise ist arrogant und unwissend.

      Suche als Normalverdiener eine bezahlbare Wohnung. Nix, gibt es nicht mehr. Ist angemietet von der Stadt. Die Tafel, bei der ich ehrenamtlich arbeite, kann keinen neuen Antragsteller mehr aufnehmen. Es reicht nicht mehr für alle.

      Wir schaffen das eben nicht, da jegliche politische Unterstützung fehlt.

      • 6G
        628 (Profil gelöscht)
        @35381 (Profil gelöscht):

        Na dann warten Sie mal ab, wie sich die Situation für Normalverdiener mit einer starken AfD entwickelt. Das wird nicht sehr erfreulich. Es hat ja seinen Grund, wieso man es heute in einigen Bereichen als nicht-wohlhabender Mensch so schwer hat. Das hat mit den Flüchtlingen relativ wenig zu tun, eher mit einer krass unsozialen Politik, deren weitere Verschärfung die AfD wie keine andere Partei fordert. Leider haben weite Teile der Mittelschicht bis heute nicht begriffen, dass ein Sozialstaatsabbau (dazu gehört z.B. die weitgehende Abschaffung des sozialen Wohnungsbaus) früher oder später auch sie betrifft.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @karlei:

      Sie fragen hier, wen Sie wählen sollen, wenn Sie Menschen pauschal nach ihrer Herkunft be- bzw. verurteilen?

  • Und wie geht es weiter, wenn trotz aller Bemühungen der politische Einheitsbrei weitere Wählerstimmen verliert?

     

    Kommt dann auch noch ein Aufruf an alle Zahnbürstenbenutzer, an alle, die Locken haben und an alle, die Bier lieber aus der Flasche trinken, die politische Konkurrenz nicht zu wählen?

     

    Argumente finden sich ja immer, und notfalls läßt es sich auch noch hinbekommen, zu argumentieren, warum bestimmte Parteien z. B. Zahnbürstenbenutzer diskriminieren.

  • 2G
    2730 (Profil gelöscht)

    Politische Aussagen - auch aus der Parteienwerbung - wieder "zurückzuholen" ist recht schwierig. Ich bin gespannt, wie die AfD die Werbung mit schwulen Männern ihren Anhängern im Ländle nun erklärt...

    Andererseits zeigt diese Werbung aber auch, dass LSBTIQ auf dem Weg in die gesellschaftliche Akzeptanz ist. "Auf dem Weg" heißt nicht am Ziel, aber es zeigt sich immerhin schon ein Stückchen Weiter-Entwicklung.

    Übrigens, für die Utopisten unter uns: In jeder funktionierenden Gesellschaft muss und wird es "rechts denkende" Menschen geben - und damit logischerweise auch "rechts denkende" LSBTIQ'ler.

  • Das Ziel der neuen Nazis ist es, um jeden Preis an die Macht zu kommen, um endlich die Verfassung gegen ihre Diktatur auszutauschen.

    Dabei bleiben diese neuen Nazis nicht plump auf ihrem entlarvten Standpunkt, sondern winden sich jedes Mal in ihrer braunen Soße, um doch noch möglichst viel Zustimmung zu bekommen.

    • @Selbstdenker:

      Ernstgemeinte Frage: Ist für Dich JEDE Partei rechts von der CDU/CSU immer und automatisch "Nazi"?

  • Man muss sich mal nur die Spitzenfunktionäre der LSBTI Verbände anhören. Oder auch Menschen wie Volker Beck. Es gibt bei ihnen harte Sorgen gegenüber islamischen Staaten, vor allem Saudi Arabien. Ich denke, dass in LSBTI Gemeinschaften Sorgen vor dem Islam viel härter ausgeprägt sind, und zwar ganz egal wie sich die Leute parteipolitsch verorten. Ironischerweise hat hier auch Volker Beck seltsame Anknüpfungspunkte ggü der neuen Rechten, wenn man sich seine imperialistischen Positionen gegenüber Saudi Arabien und der dortigen schwulenfeindlichen Rechtspraxis anschaut, die durchaus auch Sympathien für militärische Konfrontation hat.

     

    Es gibt keine Hinweise, dass die 15% unserer Bevölkerung, die LSBTI sind, anders demokratisch wählen oder wählen sollen als der Rest der Bevölkerung. Insofern ist die Berliner Erklärung eine politische Vereinnahmung der LGBTI Gemeinschaften und damit undemokratisch. Die Formel von der "Vielfalt" ist politisch platt. Wieso sollte man als Person, die z.B. schwul ist, für die "Vielfalt" der Religionen eintreten und Toleranz gegenüber tendenziell schwulenfeindlichen Strömungen in bestimmten Religionen befördern? Schon die Formel LGBTI ist gewollte Solidarität, da manche Schwule Transsexuelle deutlich härter ablehnen als der Rest der Bevölkerung und Lesben sich berechtigt dagegen wehren von Schwulenfunktionären repräsentiert zu werden.

  • "Errungenschaften unserer emanzipatorischen Bewegungen der letzten 50 Jahre mutig verteidigt und weiterführt". Welche Partei macht das denn noch? Die Lage für LGBTler und Minderheiten wie Juden, Kurden, Jesiden etc. wird in diesem Land immer prekärer und eben nicht wegen der AFD. Mehr Differenzierung bitte und weniger Hetze. Ich denke die LGTBIQ Community kann selber denken und brauchen keine Bevormundung :-) Demokratie lebt von der freien Willensbildung!

  • Ekelhaft: Fremdmeinungs-Missbrauch und Unterstellung. Gerade die LGBT'ler sind grundsätzlich toleranter gegenüber "Andersartigen" (WER ist hier anders?). Das zu verwenden, um intolerante Stimmung zu machen gegenüber Menschen mit anderen Moralvorstellungen ist billig und primitiv. Die LGBT'ler werden hier fremdbestimmt ohne Einverständnis als Feindbild gegen den Islam aufgebaut.

    Was nicht heisst, dass man Homophobie akzeptieren oder dulden soll - wenn das in D entspannt vorgelebt wird, ist das das Beste, was man für Akzeptanz und Toleranz tun kann.

    Was für sehr viele Deutsche übrigens auch gilt, da muss man nicht dem Islam zugehören, Intoleranz kann z.B. die katholische Kirche auch sehr gut!