LGBTQ zeigen Flagge in Russland: „Das Herz soll frei sein“
Das Zeigen einer Regenbogenfahne kann in Russland teuer werden. LBGTQ-AktivistInnen haben in Moskau einen Weg gefunden, das Verbot zu umgehen.
Rot, orange, gelb, grün, blau und lila sind die Farben der Regenbogenfahne, die Gilbert Baker 1978 für die LGTBQ-Gemeinde designte. Rot, orange, gelb, grün, blau und lila sind die Farben der Teams von Spanien, der Niederlande, Brasiliens, Mexikos, Argentiniens und Kolumbiens. Wenn man Fans mit den Trikots dieser Länder in der richtigen Reihenfolge nebeneinander stellt, hat man also eine lebende Regenbogenfahne in Szene gesetzt.
Eben das taten in den vergangenen zwei Wochen LGBTQ-Aktivisten während der Weltmeisterschaft in Russland und veröffentlichten die Fotos unter dem Motto „The Hidden Flag“ im Netz. Ausgedacht hat sich diese Performance die nach eigenen Angaben größte Organisation für die Rechte von LGBTQ, „La Federación Estatal de Lesbianas, Gais, Transexuales, y Bisexuales“ (FELGTB).
Nach der Oktoberrevolution wurde Homosexualität in den Teilrepubliken Russland und Ukraine entkriminalisiert. Aber Stalin drehte das Rad bald rückwärts und ließ die heteronormativen Werte der bürgerlichen Kernfamilie propagieren. Erst Gorbatschows Politik von Glasnost und Perestrojika führte im Jahr 1989 dazu, dass in Moskau eine Organisation zugelassen wurde, die sich für die Rechte von Schwulen und Lesben einsetzte. Auch eine Zeitung aus der Community für die Community durfte erscheinen. Unter der ersten postsowjetischen Regierung Boris Jelzins wurde Homosexualität erneut entkriminalisiert.
Dann trat Wladimir Putin auf den Plan und kehrte zu den alten Werten Stalins zurück. Seine neue, alte Politik verschrieb sich dezidiert den „traditionellen Werten“. Im Jahr 2013 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die „Propaganda“ für „nichttraditionelle“ Partnerschaften untersagt, die sich an Minderjährige richtet. Schon das Zeigen einer Regenbogenfahne in der Öffentlichkeit kann zu empfindlichen Geldstrafen führen.
LGBTQ zeigen Flagge in Russland
Die Aktivisten von „Hidden Flag“ unterliefen das Verbot nun durch das Tragen der Trikots ihrer Länder. Der Abgesandte aus den Niederlanden ist heterosexuell. Sein schwuler Bruder, der angefragt war, aber nicht teilnehmen konnte, hatte ihn darum gebeten. „Es geht darum zu zeigen, dass sich auch Heterosexuelle einsetzen“, sagt Eric Houter. „Ich verteidige nicht nur die Rechte meines Bruders, sondern die Rechte von allen. Das Herz ist groß und es sollte frei sein.“
Weil er das niederländische Trikot trägt, sieht man Eric Houter auf den Fotos immer als zweiten von links in der Reihe rot, orange, gelb, grün, blau und lila.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos