piwik no script img

Kyjiw unter BeschussLuftangriffe am helllichten Tag

Die ukrainische Hauptstadt ist unter Dauerbeschuss. Der CDU-Politiker Kiesewetter fordert mehr Waffenhilfe.

Ukrainische Polizisten in Kyjiw inspizieren einen Raketensplitter. Aufnahme vom 29. Mai 2023 Foto: Evgeniy Maloletka/AP/dpa

An Pfingsten ist die Ukraine erneut von heftigen russischen Angriffen erschüttert worden. Schwere Luftangriffe auf die Hauptstadt Kyjiw erfolgten insbesondere am Montag – am helllichten Tag. Bisher gab es die meisten Luftangriffe in der Nacht. Insgesamt wurden im Mai bisher so viele Raketen- und Drohnenangriffe in Kyjiw gezählt wie nie seit Beginn des russischen Überfalls im Februar 2022.

„Gegen 11.30 Uhr wurde die Region Kyjiw mit ballistischen Raketen und Marschflugkörpern des bodengestützten Iskander-Systems angegriffen“, schrieb der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj, am Montag auf Telegram. Alle Geschosse seien abgefangen worden. Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete im Messenger Telegram dennoch von Explosionen und veröffentlichte ein Foto von brennenden Raketenteilen, die im Bezirk Obolon mitten auf eine Straße fielen.

Vorläufigen Angaben zufolge wurde ein Mensch verletzt. Die Behörden riefen die Menschen auf, Schutz zu suchen – bei strahlendem Sonnenschein waren viele auf den Straßen. Bereits in der Nacht zum Sonntag registrierte die Ukraine die Rekordzahl von 54 abgefeuerten Kamikaze-Drohnen.

Umgekehrt meldeten russische Stellen ukrainischen Beschuss, insbesondere im Gebiet Belgorod. Dort wurden am Samstag nach Angaben örtlicher Behörden mindestens zwei Menschen getötet. In der westrussischen Region Pskow wurde ein Verwaltungsgebäude einer Ölpipeline beschädigt.

Moskau reagiert mit Repressalien

Die Intensivierung des Luftkrieges gilt als Vorbote der mutmaßlich bevorstehenden Großoffensive der ukrainischen Armee zur Befreiung besetzter Gebiete. Die Kämpfe am Boden, etwa um die mittlerweile von Russland fast komplett eingenommene Stadt Bachmut im Osten der Ukraine, sind derweil nach ukrainischen Angaben nahezu zum Erliegen gekommen – beide Seiten rüsten für die erwarteten schwersten Auseinandersetzungen des Krieges.

CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter forderte gegenüber der taz mehr Waffen und Munition für die Ukraine, um „das Gefechtsfeld vorzubereiten und russische Versorgungslinien, Munitions- und Treibstofflager, Kommandostationen oder Radaranlagen weit hinter der Front zu zerstören und so russische Truppen zu schwächen“.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete wies auf britische Storm-Shadow-Marschflugkörper sowie Langstrecken-Angriffsdrohnen mit einer Reichweite von über 200 Kilometern hin. Deutschland stünden keine F16-Kampfjets zur Verfügung, es könne aber Taurus-Marschflugkörper liefern, die eine Reichweite von bis zu 500 Kilometern erreichen können. „Diese müssten in die ukrainische Luftwaffe integriert werden“, sagte Kiesewetter.

Insgesamt sieht Kiesewetter den Schlüssel für eine effektive Verteidigung der Ukraine in einem vernetzten Ansatz aller Unterstützerstaaten: Munition, Flugabwehrsysteme, Lieferung von Ersatzteilen, Logistik und die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte müssten Hand in Hand gehen.

Moskau reagiert mit Repressalien. Anfang Juni tritt demnach eine Obergrenze für den deutschen Personalbestand im diplomatischen Dienst und im Kultur- und Bildungsbereich in Kraft. Dies wird dazu führen, dass eine dreistellige Zahl von Deutschen Russland kurzfristig verlassen müssen. (mit dpa, afp)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Statt das Overton window mit seinen ewiggleichen Forderungen weiter und immer weiter aufzureißen, sollte Roderich Kiesewetter lieber mal die Öffentlichkeit erhellen, worüber man so plaudert, wenn er mit seinen Duzfreunden Vad und Varwick ("Vatnik & Vatnik") bei der Clausewitz-Gesellschaft bei Kaffee und Schnittchen beisammensitzt.