Kurz vor den Wahlen in Simbabwe: Patriotismus als Pflicht
Wer in Simbabwe „nationale Interessen“ schädigt, macht sich nun strafbar. So sorgt die Regierung für einen linientreuen Wahlkampf.
Mnangagwas Regierungspartei ZANU-PF (Zimbabwe African People’s Union – Patriotic Front), die das Land seit der Unabhängigkeit 1980 regiert, ist diesmal mit der erst 2022 gegründeten neuen Oppositionspartei CCC (Citizens Coalition for Change) unter ihren Führer Nelson Chamisa konfrontiert.
Die ZANU-PF feiert im August auch ihren 60. Gründungstag und erinnert damit pünktlich zu den Wahlen an ihre Ursprünge als antikoloniale Befreiungsbewegung. Die Partei, der bei bisherigen Wahlen Gewalt und Fälschung vorgeworfen wurde, brandmarkt ihre Gegner jetzt erneut als „Marionetten“ der alten Kolonialmacht Großbritannien und des Westens insgesamt. „Es ist Zeit, die Marionette Chamisa zu besiegen, die Marionettenorganisation CCC und den Puppenspieler USA“, erklärte die ZANU-PF: „23. August ist dafür der Tag.“
Chamisa trat schon bei den letzten Wahlen 2018 gegen Mnangagwa an, der damals gerade auf den langjährigen Präsidenten Robert Mugabe gefolgt war, den die Armee 2017 abgesetzt hatte. Damals kandidierte Chamisa noch für die Oppositionspartei MDC (Movement for Democratic Change) und verlor nach offiziellen Angaben mit 35 Prozent gegen 52 Prozent für Mnangagwa. Er gründete dann seine eigene, neue Partei.
Nach der Wahl 2018 starben sechs Menschen
Den 23. August 2023 beschreibt Chamisa nun als „großen Tag“. Er erklärte: „Ein robuster Sieg und eine entschiedene Verteidigung dieses Triumphs wird den Boden für ein neues Groß-Simbabwe bereiten, das die Bedürfnisse aller befriedigt.“
Regierungspartei ZANU-PF zur Wahlkampferöffnung
Wahlen in Simbabwe finden immer in einem belasteten Klima statt, da die Opposition regelmäßig der Regierung Wahlfälschung vorwirft und westliche Länder deswegen Sanktionen gegen Simbabwe verhängen. Nach Mnangagwas Wahl 2018, als Chamisa vergeblich das Ergebnis vor Gericht anfocht, erschoss die Armee sechs Menschen bei Protesten.
Im Vorlauf der Wahlen 2023 hat das Unterhaus des Parlaments in Harare ein sogenannten „Patriotengesetz“ verabschiedet. Wer „mutwillig die Souveränität und das nationale Interesse Simbabwes schädigt“, macht sich demnach strafbar.
Dazu gehört jede Teilnahme an einem Treffen, an dem Ausländer teilnehmen und bei dem die Behörden Grund zur Annahme haben, dass dort über Regimewechsel in Simbabwe oder Sanktionen gegen das Land gesprochen werden könnte. Unter Umständen kann das mit Hochverrat gleichgesetzt und mit dem Tode bestraft werden.
Neues Gesetz richtet sich gegen Oppositionelle
Kritiker sagen, dass damit die Versammlungsfreiheit ausgehebelt wird und dass das Gesetz sich gegen Oppositionelle, Regierungskritiker und Journalisten insgesamt richtet.
„Meinungsfreiheit ist jetzt tot“, erklärt Regierungskritiker Hopewell Chin’ono. „Jeder Simbabwer, der einen Vertreter einer ausländischen Regierung trifft, landet jetzt im Gefängnis.“
Das Gesetz muss noch durch den Senat und dann dem Präsidenten zur Unterschrift vorgelegt werden. In der Unterhausdebatte wurde der unabhängige Wahlkreisabgeordnete für Norton, Themba Mliswa, aus dem Parlament geworfen, als er das Gesetz scharf kritisierte. Mliswa, ein ehemaliges ZANU-PF-Mitglied, erinnerte an die Repression in Simbabwe kurz nach der Unabhängigkeit, als bei Massakern an ZANU-PF-Gegnern in Matabeleland im Süden Simbabwes rund 20.000 Zivilisten starben.
Zuständig für die damaligen Massaker, genannt Gukurahundi, war der heutige Präsident Mnangagwa, damals Geheimdienstchef unter Mugabe. „Es ist dieselbe Haltung“, sagte Mliswa. „Wir suchen den Weg zurück in die Weltgemeinschaft, während wir die gleichen politischen und sozialen Irrtümer und Ungerechtigkeiten begehen, die uns zum Pariastaat machten.“
Simbabwe bestellt US-Diplomatin nach Wahlaufruf ein
Simbabwes Beziehungen zum Westen und insbesondere zu den USA sind seit Jahrzehnten angespannt. Vergangene Woche bestellte Simbabwe Regierung die US-Geschäftsträgerin Elaine French ein, nachdem sie die Menschen in Simbabwe aufgerufen hatte, sich zu den Wahlen zu registrieren, „damit eure Stimme gehört wird“. Sie sagte: „Simbabwes Verfassung gewährt Bürgern das Recht, ihre Vertreter in legitimen, glaubwürdigen und friedlichen Wahlen zu bestimmen.“
Diese Stellungnahme erzürnte Simbabwes Regierung, die von „diplomatischer Indiskretion“ sprach. French sorgte für weiteren Wirbel, als sie LGBTIQ+-Aktivisten traf, um über deren Rechte zu sprechen, wohl wissend, dass Homosexualität in Simbabwe verboten ist.
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