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Kurdische Demo in Frankfurt/MainZehntausendfach „Nein zur Diktatur“

Kurden mobilisieren in Frankfurt zum Neujahrsfest Newroz gegen die Referendumspläne des türkischen Präsidenten Erdogan. Der Zulauf überrascht selbst die Organisatoren.

Teilnehmer der Demonstration in Frankfurt Foto: ap

Frankfurt/Main dpa | Zehntausende Kurden haben in Frankfurt gegen die türkische Regierungspolitik demonstriert und dabei auch verbotenerweise Porträts des PKK-Anführers Abdullah Öcalan gezeigt. Unter dem Motto „Nein zur Diktatur – Ja zu Demokratie und Freiheit“ kamen zum Abschluss nach Polizeiangaben rund 30.000 Menschen zusammen. Die von einem großen Polizeiaufgebot begleitete Demonstration zum kurdischen Neujahrsfest Newroz verlief friedlich.

Im Mittelpunkt der Demonstration stand der Protest gegen das vom türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan und seiner AKP-Partei initiierte Referendum für eine Verfassungsreform. Es soll ein Präsidialsystem eingeführt werden, das nach Ansicht von Kritikern Erdogans Machtbefugnisse massiv ausweiten würde. Am 16. April sollen die Türken darüber abstimmen. Bereits ab Ende März können Türken in Deutschland ihre Stimme abgeben.

Die Demonstranten skandierten Sprechchöre wie „Es lebe der Widerstand des kurdischen Volkes“ und schwenkten Fahnen mit dem Porträt Öcalans. Er ist der Anführer der kurdischen Arbeiterpartei PKK, die in Deutschland seit 1993 als Terrororganisation verboten ist. Erst vor kurzem hatte die Bundesregierung das PKK-Verbot ausgeweitet und auch das öffentliche Zeigen von Öcalan-Porträts untersagt. Die Polizei in Frankfurt forderte die Demonstranten mehrfach auf, die Öcalan-Fahnen wieder einzurollen. Da dies unterblieb, kündigten die Einsatzkräfte an, Videoaufnahmen zu machen.

Die Veranstalter hatten ursprünglich mit 20 000 Teilnehmer gerechnet. Die Polizei hatte für die Demonstration Beamte „in niedrigem vierstelligen Bereich“ aufgeboten – und auch Wasserwerfer vorsorglich in Position gebracht. In der Vergangenheit war es bei kurdischen Demos zu Zusammenstößen mit nationalistischen türkischen Gruppen gekommen.

Die samstags stets stark belebte Frankfurter Innenstadt blieb ungewohnt leer. Viele Passanten waren offensichtlich wegen der Demonstration dem Zentrum ferngeblieben. Zahlreiche Straßen waren gesperrt. Mehrere Straßenbahn- und Buslinien wurden umgeleitet oder fuhren nur eingeschränkt.

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11 Kommentare

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  • Nein zur Diktatur aber JA für PKK-Führer Öcalan.

    Wie das zusammenpasst?

    • @Georg Dallmann:

      Manchmal hilft es sogar, sich etwas Wissen anzueignen bevor man etwas von sich gibt. In diesem Fall hilft es google nach dem Stichwort "konföderalistische Demokratie" zu fragen...

      Oder wie Phronopulax schrieb, einfach Öcalan lesen, oder auch Anja Flach...

    • @Georg Dallmann:

      Öcalan kann vom Gefängnis aus die PKK sicher nicht der Anführer der PKK sein, das war er mal. Er hat aber im Gefängnis z.B. die Schrift "Jenseits von Staat, Macht und Gewalt" geschrieben, die Vision einer kommunal organisierten demokratisch-ökologischen Gesellschaft, das Gegenteil von Diktatur.

      Lesenswert, auch wenn man wie ich dagegen ist, dass die PKK ihre Ziele mit militärischen Mitteln verfolgt.

  • Biji Frankfurti ;-)

  • Ca. 3 Millionen Menschen aus der Türkei leben in Deutschland. Ca 1,4 Millionen Menschen aus der Türkei haben ein Wahlrecht für die Türkei. CA 60% dieser Menschen haben für Erdogan bei der letzten Wahl gestimmt. Rechnet mal von den 1,4 Millionen die Kurdischen Türken heraus. Dann könnt ihr mal erahnen wie viele türkische Türken Erdogan unterstützen. Sind 80% der türkischen Türken dann zu wenig?

    • @conny loggo:

      Erschreckend - aber wahr.

       

      und in Deutschland werden SPD und Grüne gewählt.

    • @conny loggo:

      Sie behaupten, 60% der 1,4 Millionen wahlberechtigen Türken in D. hätten für Erdogan gestimmt. Das ist falsch, da nur 1/3 der Wahlberechtigten gewählt hat. Die Mehrzahl sieht ihren Lebensmittelpunkt in D. und nicht in der Türkei.

      • @phronopulax:

        die prozentuale Verteilung bleibt.

         

        Man kann nur hoffen das die jetzigen Nichtwähler jetzt wählen und gegen das Referendum stimmen.

        • @Justin Teim:

          Das hoffe ich auch.

          Die prozentuale Verteilung bezieht sich aber nur auf das Drittel der 1,4 Mio. Wahlberechtigten, das es für wichtig gehalten hat, an der Türkei-Wahl teilzunehmen; die Mehrzahl sieht ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland. Die Wahlbeteiligung in der Türkei liegt bei über 80%.

  • 1G
    1393 (Profil gelöscht)

    Nunja, leider wird das Erdogan für seine Propaganda ausnutzen können. Nachdem man nunmal die Wahlwerbung von Türkischen Regierungsmitgliedern verhindert hat, offenbar aber keine Proleme mit solchen Kundgebungen hat, wird sich Erdogan darauf berufen, Opfer willlkürlicher Hetze aus Deutschland zu sein. Und leider hat er damit auch gewissermaßen recht, wenn der Opposition das erlaubt wird, was ihm verwehrt wird.

    • @1393 (Profil gelöscht):

      Erdogan ist ein Heuchler. Er fordert von Deutschland, was er selbst nicht bereit ist der Opposition in der Türkei zu geben. Der ehemalige Gülen-Sympathisant Erdogan, wieso steht der eigentlich auf keiner der "Listen" die dann zum Wegsperren in türkischen Gefängnissen führt?