KunstHalle der Deutschen Bank: Große Versprechen
Mit der ersten europäischen Soloschau von Imran Qureshi, ihrem Künstler des Jahres 2013, eröffnet die Deutsche Bank ihre KunstHalle in Berlin.
Imran Qureshis Stärke sind deutlich seine Papierarbeiten und in situ, also vor Ort ausgeführten Malereien. Die diffizilen Darstellungen des Alltags in Pakistan, ausgeführt in der hybriden Technik einer islamischen Miniaturmalerei, thematisieren notwendigerweise immer wieder die blutige Gewalt, die diesen Alltag beherrscht. Die zarte florale Ornamentik wächst dann auch einmal ins Monumentale und überzieht einen ganzen Innenhof mit vermeintlichen Blutlachen, wie es die Arbeit „Blessings Upon the Land of My Love“ während der 10. Sharjah Biennale 2011 tat.
Diese bösen, zugleich schönen Blütenträume sind auch auf den großformatigen Leinwänden zu entdecken, die Qureshi erstmals für seine Ausstellung als „Künstler der Jahres 2013“ der Deutschen Bank geschaffen hat. Allerdings wirken die Leinwände, wie sie jetzt in Berlin, im Haus Unter den Linden, präsentiert sind, vergleichsweise plakativ und eindimensional. An diesem Format muss der Künstler noch wachsen.
Auch die Stärke der Deutschen Bank, die seit rund drei Jahren den Künstler des Jahres im Rahmen ihres Kunstengagements auslobt, sind Arbeiten auf Papier. Zeichnungen, Fotografien und Druckgraphiken bilden, neben vereinzelten Gemälden und Skulpturen der Klassischen Moderne, den Schwerpunkt der seit 1979 bestehenden, hauseigenen Kunstsammlung. Die großformatigen Leinwände der Ausstellungen in den Räumlichkeiten Unter den Linden steuerte bislang die New Yorker Guggenheim Foundation bei, mit der die Bank seit 1997 unter der Marke Deutsche Guggenheim kooperierte.
Die überaus erfolgreiche Zusammenarbeit mit 61 Ausstellungen und mehr als zwei Millionen Besuchern wurde 2012 in beidseitigem Einvernehmen beendet. Die Bank führt den Raum nun unter dem Namen „KunstHalle by Deutsche Bank“ in eigener Regie fort und es wird sich auch hier noch herausstellen müssen, ob sie das große Format wirklich beherrscht.
Die Geschichte über die KunstHalle der Deutschen Bank, ein Porträt der grünen Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt und ein Gespräch mit dem FAZ-Herausgeber und Bestseller-Autor Frank Schirrmacher lesen Sie in der neuen taz.am wochenende vom 20./21. April. Mit großen Reportagen, spannenden Geschichten und den entscheidenden kleinen Nebensachen. Mit dem, was aus der Woche bleibt und dem, was in der nächsten kommt. Jetzt auch mit Hausbesuch: die taz klingelt mal in Raubling. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im Wochenendabo.
Zu schwer beherrschbarer Größe wuchs jedenfalls erst einmal die Werbeaktion für die neue Kunsthalle heran. Unter dem Motto „Macht Kunst“ hatte die Kunstabteilung der Bank vor knapp zwei Wochen Berufs- wie Hobbykünstler eingeladen, Arbeiten einzureichen: Sie sollten dann von René Block, einem von Fluxuszeiten bis heute wichtigen Galeristen und Kunstvermittler, für 24 Stunden gehängt werden, dazu war ein Publikumspreis, ein einjähriges Stipendium von monatlich 500 Euro, ausgelobt.
Die Schlange wuchs auf drei Kilometer Länge
Wie sich herausstellte, trieb kein Kunstereignis seit der MoMA-Ausstellung in der Neuen Nationalgalerie vor knapp zehn Jahren, so viele Menschen auf die Straße wie dieser Aufruf. Die Schlange vor dem Haus Unter den Linden wuchs im Lauf des ersten Freitags im April auf drei Kilometer an.
Der unglaubliche Ansturm zunächst von Künstlern, und dann am Ausstellungstag, auch von Besuchern, führt nun zu einer zweiten Ausstellung. Sie soll während des Gallery Weekends Ende April in der Alten Münze stattfinden, wie der Leiter der Kunstabteilung, Friedhelm Hütte, auf der Pressekonferenz zur Ausstellung von Imran Qureshi erklärte.
Verstärkte Hauptstadtpräsenz einerseits bei einem gleichzeitig globaleren Kunstangebot andererseits, sind die Ziele, die sich das neue Führungsteam unter Hütte gesetzt hat, in Zusammenarbeit mit dem verantwortlichen Vorstand der Deutschen Bank für deren globales Kunstengagement, Stefan Krause, und dem Beraterteam aus Okwui Enwezor, dem Leiter der Münchner Hauses der Kunst, den Kuratoren Hou Hanru und Victoria Noorthoorn sowie dem Direktor der Berliner Nationalgalerie, Udo Kittelmann.
Neben der Ausstellung mit dem Künstler des Jahres bilden eine von internationalen GastkuratorInnen verantwortete Ausstellung aus den Beständen der eigenen Sammlung, eine Kooperation mit einer internationalen Kunstinstitution und last not least eine Ausstellung in Verbindung mit Berliner Kunsteinrichtungen das künftige Jahresprogramm.
Konkret bedeutet das, dass die am 18. April eröffnete, erste europäische Soloschau von Imran Qureshi bis zum 4. August läuft. Im Herbst folgt dann, im Rahmen der Berlin Art Week, „Painting Forever“, ein Projekt, das in Zusammenarbeit mit der Berlinischen Galerie, den Kunst Werken, KW Institute for Contemporary Art, und der Neuen Nationalgalerie konzipiert wird. Im Sommer gibt es noch ein „Süden“ betiteltes Zwischenspiel. Es handelt sich um ein Ausstellungs-, Musik- und Performance-Programm mit den Stipendiaten und Alumni des Künstlerhauses Villa Romana in Florenz, zu dessen Förderern die Deutsche Bank Stiftung zählt.
Zusammenarbeit mit der Tate Modern
2014 startet dann eine Ausstellungsserie in Zusammenarbeit mit der Tate Modern in London, die wegweisende Künstler aus Afrika, Asien und dem nahen Osten in Berlin vorstellen will. Ebenfalls für das nächste Jahr ist in Zusammenarbeit mit der Neuen Nationalgalerie eine Hommage an den Zero-Künstler Otto Piene geplant.
Victoria Noorthoorn aus Buenos Aires, die sich 2012 mit ihrer Lyon-Biennale international bekannt gemacht hat, ist die diesjährige Gastkuratorin. Im November eröffnet ihre Schau „The Circle Walked Casually“ mit Arbeiten aus der Sammlung der Deutschen Bank. Auch das Magazin der Deutschen Guggenheim hat einen Nachfolger: „ArtMag by Deutsche Bank“ stellt unter anderem die Frage, ob es eine Wiederkehr des Religiösen in der Kunst gibt, was die Mehrzahl der Befragten entschieden verneint.
Mit der Wiederkehr des Religiösen in Form terroristischer Gewalt sieht sich die Gesellschaft weltweit konfrontiert. Besonders Imran Qureshi setzt sich damit künstlerisch auseinander, nachdem unweit seines Hauses ein Selbstmordanschlag verübt wurde und sich ein lebendiger Ort in eine Landschaft aus Blut verwandelte.
Seine Blattwerkornamentik im Basohli-Stil nahm danach eine blutrote Färbung an, überzogen von Farbpfützen und Rinnsalen, die sich über die gesamte Fläche verteilen, wobei die Ornamentik teilweise auch mit Abdrücken von Körperteilen, Händen oder Füßen verschmilzt. Mit diesen eindrücklichen Blättern war Imran Qureshi schon einmal 2011 in Berlin vertreten, in der Ausstellung „Political Pattern – Ornament im Wandel“, der ifa-Galerie.
Ähnlich wie im gepflasterten Innenhof des Bait Al Serkal, einem ehemaligen Krankenhaus in der denkmalgeschützten Altstadt von Sharjah, entwickeln sich aus den Farbansammlungen, die an Blutlachen erinnern, auch auf den großen ovalen Leinwänden in der KunstHalle zarte, weiß akzentuierte Blütenornamente, effektvoll kontrastiert durch den traditionellen Goldgrund der Miniaturmalerei.
Der Kontrast von Schönheit und Schrecken
Quershi betrachtet das Blattwerk als „Hoffnungskeim“, analog zum Blattwerk wirklicher Pflanzen, die selbst Beton und Asphalt sprengen und neues Leben produzieren. Zusammen mit dem Berg zusammengeknüllter Papierarbeiten, in dem das gleiche Motiv zur dreidimensionalen monumentalen Rauminstallation anwächst, gerät der Kontrast von Schönheit und Schrecken ein wenig zu plakativ.
Dass Imran Qureshis Kunst sehr viel subtiler argumentieren und politisch weiter ausgreifen kann, erfährt man im hinteren Ausstellungsbereich, in dem der Künstler eine labyrinthische Architektur entwickelt hat, die sich an den Befestigungsbauten aus der Zeit des Mogulreiches auf dem indischen Subkontinent orientiert. In dieser Zeit wurzelt auch die aus Persien überkommene Miniaturmalerei, in deren Technik Imran Qureshi die Studenten am National College of Arts in Lahore in einer eigenen Abteilung unterrichtet.
Wie seine Miniaturen jetzt in Berlin zeigen, weiß er Respekt vor der Tradition mit ikonoklastischem Mutwillen zu verbinden, wobei er die Miniaturmalerei mit ihren überlieferten Techniken und Bildcodes als diskursives Medium behandelt, das Aussagen über kulturelle und politische Phänomene unserer Zeit zulässt.
In diesem Labyrinth ist dann auch der Künstler zu entdecken, der eine Soloschau im New Yorker Metropolitan Museum stemmen kann. Dort sollte auch auf seine langjährige Beschäftigung mit dem Marionettentheater eingegangen werden, das in der muslimischen Kultur eine lange Geschichte als einzig akzeptierter figurativer Kunstform hat.
Schon als Student führte er zusammen mit seinen Kommilitonen von Rockmusik begleitete Tanztheaterstücke auf, mit im Atelier gefertigten Marionetten und Handpuppen. Die Puppenspiele waren so erfolgreich, dass die Truppe damit ganz Pakistan bereiste.
Einzelausstellung im Metropolitan Museum New York
Die Ausstellungseinladung aus New York ist eine Folge seiner Auszeichnung als Künstler des Jahres 2013 der Deutschen Bank. Mit deren Kunstabteilung muss künftig als einem wichtigen Player im globalen Kunstgeschehen gerechnet werden. Die Übernahme des Ausstellungsraumes unter den Linden erlaubt es der Bank, die bislang mit ihren Ankäufen von Arbeiten auf Papier eher Breitenförderung in der Kunstszene betrieb, nun auch hochkarätige Malerei, Skulptur und Installationen zu erwerben.
Nach dem Ende der Deutschen Guggenheim müssen jetzt achtzehn millionenschwere Auftragsarbeiten von Künstlern wie Jeff Koons, Gerhard Richter oder James Rosenquist zwischen den ehemaligen Partnern aufgeteilt werden. Die Entscheidung soll nächstes Jahr in New York bekannt gegeben werden.
Auch das wohl eher aus der Not geborene Konzept wechselnder Kooperationen und Partnerschaften stärkt das Gewicht der Deutschen Bank als Akteur im Kunstbetrieb. Die stets unter finanziellem Druck stehenden internationalen Kunstinstitutionen werden allesamt bemüht sein, mit der Bank ins Geschäft zu kommen. Vielleicht enthält die flapsige Bemerkung des Staatssekretärs für kulturelle Angelegenheiten des Landes Berlin, André Schmitz, bei der Pressekonferenz zur Eröffnung der KunstHalle, die Frankfurter Abordnung käme „mit dem Besten, was die Deutsche Bank hat, nämlich ihrer Kunstsammlung“ eine Wahrheit, die Bankern wie der Kunstwelt noch zu Denken geben wird.
Bis 4. August, Imran Qureshi: Artist oft he Year 2013, KunstHalle, Berlin. Katalog 35 EUR. Vortrag Dr. Stefan Weber, Fragen an die Islamische Kunst“, am 27. Mai, 19 Uhr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee