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Kultur Berlins muss 130 Millionen sparenDie Kürzungen „treffen hart“

Die Kulturlandschaft ist massiv von den Einsparplänen getroffen. Der Regierende Bürgermeister bringt nun „alternative Finanzierungsformen“ ins Spiel.

Protest gegen Kürzungen: Schlussapplaus im Haus der Berliner Festspiele bei „Berlin ist Kultur – Das Konzert“ am 19.11.2024 Foto: © Moritz Haase/Berliner Ensemble

Berlin taz | Die am Dienstag präsentierte Milliarden-Sparliste der schwarz-roten Koalition sorgt weiter für Wirbel und Unruhe. Vor allem in der Kulturszene, die am härtesten von den Einsparungen betroffen ist. Bei der Kultursubventionierung sollen rund 130 Millionen Euro wegfallen, etwa 12 Prozent der Ausgaben des Kulturetats, der für 2025 gekürzt bei rund 1,12 Milliarden Euro liegt.

Betroffen sind verschiedene große und kleine Anbieter in unterschiedlichen Bereichen: Theater, Museen, Opernhäuser, Archive und Festivals müssen sich auf zum Teil erhebliche Kürzungen einstellen und warnen deshalb seit Wochen vor Einschränkungen im Spielbetrieb, dem Verlust von Arbeitsplätzen und sogar vor Insolvenzen.

Ein paar Beispiele? Für die Kunst-Werke (KW) fallen Zuschüsse in einer Höhe von 256.800 Euro weg, das Künstlerhaus Bethanien bekommt 148.900 Euro weniger. Die Neue Gesellschaft für bildende Kunst (NGBK) muss auf 126.700 Euro, der Neue Berliner Kunstverein auf 120.000 Euro und das Kulturwerk des Berufsverbandes Bildender Künstler Berlins auf 271.000 Euro verzichten.

Große Theater müssen bluten. Dem Berliner Ensemble gehen 1,75 Millionen Euro verlustig, beim Deutschen Theater sind es 3, bei der Volksbühne 2 Millionen, beim Maxim Gorki Theater 1 Million. Auch Privathäuser müssen umdisponieren, betroffen sind etwa das Grips-Theater mit einem Minus von 300.000 Euro, Sasha Waltz und ihre Compagnie kriegen 200.000 Euro weniger. Die lange Sparliste umfasst im Kulturbereich rund 95 Einzelposten.

Entsetzen über die Sparvorgaben

„Wir sind entsetzt darüber, dass die Kürzungen in der Kultur nun mit etwa 12 Prozent sogar noch höher ausfallen sollen, als zunächst befürchtet“, sagt Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles. Diese Entscheidung mache deutlich, „dass die Regierungskoalition ohne Augenmaß eine dauerhafte Schädigung der vielfältigen Berliner Kulturlandschaft in Kauf nimmt, um kurzfristig den Landeshaushalt zu konsolidieren.“ Reese ist jedoch überzeugt, „dass die Rechnung am Ende nicht aufgehen wird, schließlich ist die Kultur das Markenzeichen Berlins und einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Stadt“.

Auch der Friedrichstadt-Palast – ein Touristenmagnet – muss den Gürtel enger schnallen und sich von 1,6 Millionen Euro verabschieden. „Die Kürzungen treffen den Palast hart“, sagt Intendant Berndt Schmidt. „2025 können wir das wohl ohne Einschnitte beim Personal und der Showqualität noch stemmen, da wir mit,Falling in Love' äußerst erfolgreich sind und uns auf ein Sparszenario entsprechend vorbereitet haben.“ Sollten dem Haus 2026 noch eine weitere Million Euro oder mehr abgezogen werden, habe er „keine Vorstellung, wie wir das ohne krasse und kontraproduktive Einschnitte bewältigen sollten“, so Schmidt. „Hoffentlich setzt sich bis zu solchen Entscheidungen Einsicht beim Senat durch.“

Das dürfte ein frommer Wunsch bleiben. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat am Mittwoch im RBB-Inforadio die Sparmaßnahmen verteidigt und für den Kulturbereich als „dringend nötig“ bezeichnet. „Wir haben einfach in den letzten Jahren in Berlin zu viel Geld ausgegeben.“ Selbst dieser geänderte Haushalt 2025 sei immer noch ein Rekordetat und habe ein Volumen von rund einer Milliarde Euro im Jahr allein für die Kultur: „Das gab es noch nie.“ Bei den Einsparungen gehe es um die Zukunftsfähigkeit der Stadt.

Um die berufliche Zukunft geht es auch vielen Akteuren der freien Szene. Jana Kreisl ist eine Solo-Selbstständige, sie arbeitet als Illustratorin und Comicautorin für private Kunden und auch mit Fördergeldern vom Senat. „Es ist ein Mix“, sagte Kreisl der taz schon vor Bekanntwerden der Sparliste, „und da würde dann ein großer Teil wegfallen.“ Ihre Comic-Workshops werde es dann nicht mehr geben können. Die Sparvorhaben seien „großer Mist“, so Kreisl stellvertretend für Kolleg:innen: „Wir leben ja eh schon sehr prekär.“

Kultursenator Joe Chialo (CDU) – von überregionalen Medien längst als designierter Kulturstaatsminister im Kabinett eines Bundeskanzlers Friedrich Merz gehandelt – will sich scheinbar noch nicht mit den Kürzungen abfinden. Kai Wegner sagte dazu im Radiointerview, man werde bei der Kultur noch mal nach „alternativen Finanzierungsformen“ suchen. Man wolle landeseigenen Unternehmen und Einrichtungen die Möglichkeiten geben, selbst Kredite aufzunehmen, die dann nicht über das Land Berlin liefen.

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4 Kommentare

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  • Da die Kultur per se Kreativität als Label besitzt, dürfte dies jetzt Anwendung finden - denn kreativ sein mit weniger Geld ist eine höhere Kunst als die mit viel Geld.



    Wer wirklich kreativ ist, kann aus allem etwas machen.

  • und das alles keine zwei monate nachdem die vonovia bei der übernahme der verbliebenen anteile der deutschen wohnen durch einen share deal dem fiskus ganz legal mehrere hundert millionen euro steuereinnahmen vorenthalten durfte. da hilft nur eins: vergesellschaftung und umverteilung.

  • 1,12 Milliarden klingt für mich immer noch nach extrem viel Geld.

    Meist finden sich Einsparpotentiale wenn man mal gezwungen wird sich damit zu beschäftigen.



    Das beginnt im Privaten mit dem eigentlich unnötigen Abo, bei Firmen finden sich oft Tätigkeiten von denen keiner mehr weiß, warum sie eigentlich gemacht werden, …

    • @kiwitt:

      ob verbleibende 1,12 mrd. nach 12% kürzung viel geld sind, ließe sich angesichts der vielen heute schon prekär lebenden künstler*innen und kulturschaffenden in dieser stadt durchaus bezweifeln. in der konsequenz dürften die drastischen kürzungen unter anderem bedeuten, dass viele menschen ihre aufträge und damit ihre arbeit verlieren.

      deshalb transportieren solche – gelinde gesagt: hemdsärmeligen – affirmationen neoliberaler austeritätspolitik, wie Sie in ihrem kommentar stattfinden, immer einen ganz eigentümlichen zynismus.

      da bleibt dann bloß die frage, was Sie selbst so einsparen würden, wenn ihr chef ihnen auf einen schlag 12% ihrer monatlichen einkünfte streichen würde. aber vielleicht sind Sie ja auch reich und deshalb würde so eine kürzungsrunde "im privaten" Sie nicht in kalamitäten bringen.