Kürzungen im Berliner Haushalt: Hoffen geht immer, ist aber nicht immer logisch
Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) setzt darauf, dass sich die schlechte Haushaltslage sich wieder ändern könnte. Nahe liegt das nicht.

W Wir hoffen, dass das nicht von langer Dauer ist, sondern wir in den nächsten Jahren wieder die Mittel haben, die Zahl der Plätze zu erhöhen.“ Ina Czyborra hat ihre Worte gewiss nett gemeint, als sie damit in der Pressekonferenz nach der Senatssitzung in dieser Woche die Hoffnung auf künftig wieder mehr Studienplätze etwa im Fachbereich Medizin verband. Wissenschaftlich fundiert aber war dieser Satz der für Wissenschaft zuständigen Senatorin von der SPD nicht.
Um arge Zweifel an Czyborras Hoffnung zu haben, reicht es, sich derzeit in einen der Parlamentsausschüsse im Abgeordnetenhaus zu setzen, die seit zwei Wochen den Haushaltsentwurf für 2026 und 2027 diskutieren. Diesen Entwurf hatte der schwarz-rote Senat Ende Juli beschlossen – das Parlament war da schon in der Sommerpause. Bei der ersten Lesung in der Plenarsitzung war ebenso wenig Mutmachendes zu hören: Wenn generell – und nicht auf den Wissenschaftssektor beschränkt – von enger werdenen Spielräume die Rede ist und davon, dass es künftig nicht mehr wird, dann passt das alles so gar nicht zu Czyborras Hoffnung.
Wobei man der Senatorin daraus keinen allzu großen Vorwurf machen muss – sie verspricht ja nichts, sie täuscht ja nichts vor, und tatsächlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Und wenn eben diese Hoffnung auf die Zukunft hilft, die Gegenwart besser zu ertragen … Andererseits käme eine solche Haltung schon nahe an die mittelalterliche Hoffnung aufs Jenseits heran, in dem die Menschen vom irdischen Jammertal erlöst sein sollten. Wer diese Hoffnung hat, der muckt möglicherweise seltener auf und nimmt die Dinge gottergeben hin.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kritisierte jedenfalls am Mittwoch nach dem Senatsbeschluss zu den geänderten Hochschulverträgen und der Pressekonferenz mit Czyborra, dass die Humboldt-Universität (HU) die geplanten Kürzungen – Verdi spricht von einem „Kaputtsparvertrag“ – mitträgt und nicht dagegen klagt. Das hatte man an der HU vorher in Erwägung gezogen.
Wenn, wenn, wenn …
Dass man eine Klage nicht unterstützte, begründete das Präsidium der Hochschule damit, dass dies zumindest kurz- und mittelfristig für Unsicherheiten in der Finanzierung sorgen würde. Unipräsidentin Julia von Blumenthal wurde mit dem Satz zitiert, der Weg, die geänderten Hochschulverträge mitzutragen, sei der „bessere von zwei schlechten Optionen“.
Senatorin Czyborra selbst hat nicht Mittelalterwissenschaften, sondern prähistorische Archäologie in Berlin und Bonn studiert und auch promoviert. Hoffnung auf Besserung – und sei es im Jenseits oder einem anderen Leben – war aber mutmaßlich auch in jener Zeit verbreitet.
Und natürlich gilt theoretisch: Wenn wider Erwarten bundesweit der viel beschworene Wirtschaftsmotor anspringt und wenn dieser alsbald auf Hochtouren kommt und wenn das für deutlich höhere Steuereinnahmen sorgt, dann profitiert davon auch Berlin und kann mehr Geld ausgeben – auch für Studienplätze. Aber eben nur wenn, wenn, wenn …
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