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Kürzere Speicherfristen bei der SchufaEin bisschen Freiheit

Konstantin Nowotny
Kommentar von Konstantin Nowotny

Die Schufa will Daten von Privatschuldnern nur noch sechs Monate speichern. Für die Betroffenen ist das eine große Erleichterung.

Nur noch sechs Monate werden die Daten von Menschen mit Privatinsolvenz von der Schufa gespeichert Foto: Laeuselbaer/imago

R estschuldbefreiung – so heißt der hässliche Terminus technicus für eine abgeschlossene Privatinsolvenz. Wer sich so verschuldet hat, dass er die finanziellen Lasten allein nicht mehr tragen kann, durchläuft ein mehrjähriges und nervenzehrendes Verfahren. Am Ende steht die „Befreiung“. Zumindest dem Wortsinn nach dürfen Privatleute dann wieder ganz normal Geschäfte tätigen, Verträge abschließen, ihr eigenes Geld verwalten.

Leider enthält die „Befreiung“ auch etwas Schikane: Bislang konnte diese Information bis zu drei Jahre lang von der privaten Auskunftei Schufa gespeichert werden. Dass es sich theoretisch um einen positiven Eintrag handelt, spielt für das Schufa-System keine Rolle. Eintrag ist Eintrag.

Die Folge: Menschen, die sich jahrelang durch eine Privatinsolvenz gequält haben, bekommen auch Jahre danach keine Rechnungen ausgestellt oder dürfen keine Verträge abschließen. Die Schufa-Abfrage geschieht in der Regel automatisch und dauert nur wenige Sekunden. Am Ende verlangt der Arzt nur Barzahlung, Verträge über Telefon- und Internetanschlüsse werden einfach abgelehnt und die Eröffnung eines Kontos oder die Suche nach einer Wohnung können erheblich erschwert sein. Drei Jahre lang konnte diese für die Betroffenen oft mit Scham belastete Gängelung dauern – zusätzlich zu den drei Jahren, die Insolvenzverfahren im Schnitt laufen.

Damit dürfte nun Schluss sein. Zwar gab der Bundesgerichtshof am Dienstagmorgen bekannt, eine entsprechende Entscheidung zu vertagen, die Schufa lenkte aber voraus­eilend ein: Sie will die Information ab sofort nicht mehr drei Jahre, sondern nur noch sechs Monate zurückhalten. Für die etwa 100.000 Menschen, die jedes Jahr in Deutschland ein Privatinsolvenzverfahren durchlaufen, ist das eine große Erleichterung.

Fragwürdig war die enorm lange Speicherung schon 2018 im Zuge des neuen EU-Datenschutzgesetzes, eine wirkliche Begründung für sie gab es nie. Bleibt zu hoffen, dass die Verkürzung der Speicherdauer nur ein Anfang ist – und die „Befreiung“ ihren Namen verdient.

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Konstantin Nowotny
Autor
Seit 2013 freier Journalist, seit 2022 bei der taz. IJP-Fellow (Tel Aviv, 2021). DAAD-Stipendiat (New York City, 2016/17). Themen u.a.: Pop & Punk, Kapitalismus & Kultur, Rechte & Linke. Berlin/Leipzig
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2 Kommentare

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  • wer eien Dienstleistung erbracht, oder eine Ware ausgeliefert hat und dann jahrelang vergeblich auf die Begleichung der Rechnung gewartet hat, nur um dann mit dem Hinweis abgespeist zu werden, dass der Gläubiger dank Privatinsolvenz von jedweder Restschuld befreit ist, sieht das halt anders und möchte auch in Zukunft keine Geschäftsbeziehung mit potentiell unsicheren Kunden eingehen.

    • @Devon Miles:

      Das wäre vorstellbar, wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren auch nur im Ansatz so funktionieren würde wie beschrieben. Tut es aber nicht.