Künstliche Intelligenz in Saudi-Arabien: Roboterin mit Pass
Saudi-Arabien hat dem humanoiden Roboter „Sophia“ die Staatsbürgerschaft verliehen. Im Internet sorgt das für Häme.
„Sophia“ ist nun offiziell saudische Staatsbürgerin, eine saudische Erfindung aber ist sie nicht, sondern ein Produkt des Herstellers Hanson Robotics aus Hongkong. Als sogenannter Sozialer Roboter kann sie sowohl visuelle Eindrücke verarbeiten als auch auf Gespräche und Emotionen reagieren. Von dem Moderator darauf angesprochen, dass das vielleicht etwas gruselig sei, zeigte „Sophia“ auch Humor: „Du hast zu viele Hollywood-Filme gesehen.“
Mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft hat das saudische Königreich einen PR-Coup gelandet, auch wenn dieser teilweise nach hinten losging. Im Netz erntete die Aktion neben viel Bewunderung auch Spott.
„Ein humanoider Roboter namens Sophia hat die saudische Staatsbürgerschaft bekommen, während Tausende staatenlos bleiben“, schreibt ein Nutzer auf Twitter. Gastarbeiter aus Ländern wie Pakistan oder Bangladesch arbeiten seit Jahrzehnten als Bürger zweiter Klasse in der Golf-Monarchie. Anders als „Sophia“ haben sie keine Aussichten auf einen saudischen Pass.
„Sturz des Vormunds“
Auf Twitter verbreite sich auch der Hashtag „Sophia fordert den Sturz des Vormunds“. In Saudi-Arabien brauchen Frauen die Genehmigung eines männlichen Vormunds, meist des Vaters oder des Ehemanns, etwa um einen Reisepass zu beantragen, Immobilien zu erwerben oder zu heiraten.
Eine Nutzerin postete ein Bild einer fast vollverschleierten Frau mit dem Kommentar „Sophia etwas später“. Bei ihrem Auftritt in Riad trug „Sophia“ weder das für Frauen in Saudi-Arabien obligatorische schwarze Gewand Abaya noch das von den meisten Frauen getragene Kopftuch.
Die saudische Führung bemüht sich um ein modernes Bild des Landes, ist aber nicht bereit, dafür auch mehr politische Freiheiten zu gewähren. Wirtschaftlich setzt Riad auf technologische Innovationen und versucht, die Wirtschaft des Königreichs vom alles beherrschenden Ölexport unabhängiger zu machen.
Gigantische Wirtschaftszone
Mit dem Projekt „Vision 2030“ sollen neue wirtschaftliche Felder erschlossen werden. Anfang der Woche stellte die Regierung das Megaprojekt „Neom“ vor, eine gigantische Wirtschaftszone am Roten Meer so groß wie Mecklenburg-Vorpommern. Die zweitägige Konferenz in Riad, auf der „Sophia“ ihren jüngsten Auftritt hatte, war vom staatlichen Saudischen Investitionsfonds organisiert.
Für den humanoiden Roboter war es nicht der erste öffentliche Auftritt. Zuvor war „Sophia“ schon bei einem Technologie-Gipfel im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York aufgetreten und hatte in der US-amerikanischen „Tonight Show“ mit Moderator Jimmy Fallon „Schere, Stein, Papier“ gespielt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP