: Kubas militante Vergangenheit
Kubas Exportschlager der Revolution ist Ernesto Che Guevara. Seine Fokustheorie, nach der revolutionäre Brandherde einen Volksaufstand vor allem außerhalb der kapitalistischen Metropolen entzünden sollten, hat Guerillaorganisationen in Lateinamerika jahrzehntelang begeistert.
Der Ideengeber selbst jedoch ist daran gescheitert. Als er 1967 in Bolivien einen Fokus aufbauen wollte, wurde er verraten, verhaftet und ermordet. Zuvor hatte er schon ein paar Monate zusammen mit 130 weiteren Kubanern an der Seite des damaligen Guerillaführers Laurent Kabila im Kongo gekämpft.
Afrika war für Jahrzehnte der Kontinent der offenen kubanischen Militärinterventionen. Bereits im Oktober 1963 kamen achthundert kubanische Soldaten mit siebzig Panzern nach Algerien, um die Regierung Ben Bella in ihrem Konflikt mit Marokko um Gebiete in der Ostsahara zu unterstützen. Zwei Jahre zuvor hatte Fidel Castro der algerischen Befreiungsbewegung FLN Waffen für ihren Krieg gegen die Kolonialmacht Frankreich geschickt.
Der Ort des längsten und aufwendigsten Afrikaabenteuers des sozialistischen Staats in der Karibik war Angola. Im Frühjahr 1975 schickte Castro der marxistischen Volksbewegung zur Befreiung Angolas (MPLA) 250 Militärberater. Im Lauf der Jahre wurde das Kontingent auf bis zu vierzigtausend Soldaten ausgebaut.
Castro richtete sich in Havanna einen Befehlsstand ein und griff immer wieder mit direkten Anweisungen in diese südwestafrikanischen Kämpfe ein. Mehr als zweihunderttausend kubanische Soldaten wurden etappenweise in Angola eingesetzt, bis 1991 mit den Vereinten Nationen deren Rückzug vereinbart wurde.
Weniger offensichtlich und öffentlich war die kubanische Unterstützung für lateinamerikanische Guerillaorganisationen. Egal, ob es Sandinisten aus Nicaragua (von der FMLN) oder Farabundisten aus El Salvador waren – alle waren sie irgendwann in Kuba.
Ehemalige FMLN-Comandantes erzählen noch heute gerne, wie sie mehrfach vergeblich versucht hatten, die wichtigste Brücke El Salvadors zu sprengen. Es ist ihnen erst gelungen, nachdem Kuba ein paar ihrer Sprengstoffspezialisten ausgebildet hatte.
Verwundete Guerilleros wurden jahrelang in einer Klinik in Havanna wieder aufgepäppelt. Selbst die kleine Guerilla des MIR in Chile bekam von Castro ein paar Waffen geliefert.
Obwohl Kubas Außenpolitik – allein schon, um außenpolitisch nicht isoliert zu werden – heute friedfertig ist, sieht Castro keinen Anlass, sich von seiner militanten Vergangenheit zu distanzieren. Als beim letzten iberoamerikanischen Präsidentengipfel El Salvadors rechter Staatschef Francisco Flores den Kubaner anfuhr, er habe seinerzeit die Guerilla unterstützt, blieb Castro kühl.
Er müsse kein schlechtes Gewissen haben, weil durch diese Unterstützung SalvadorianerInnen umgekommen seien. Damals habe die Partei von Flores ihre Todesschwadronen auf die gesammte Opposition losgelassen. Da sei das eben nötig gewesen. Natürlich habe er da die FMLN unterstützt. Und er sei noch heute stolz darauf. KEP
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen