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Kubanischer Spion aus US-Haft entlassenDer Spion, der aus dem Knast kam

René González ist der Erste der "Cuban Five", der nach dreizehn Jahren US-Haft freikommt. Die Gruppe sollte exilkubanische Terrororganisationen in Miami ausspionieren.

Transparent in Havanna, das die Freilassung der "Cuban Five" fordert. Bild: reuters

BERLIN taz | An diesem Freitag werden sich die Tore der Federal Correctional Institution (FCI) in Marianna im US-Bundesstaat Florida ein letztes Mal hinter René González schließen. Der 55-jährige US-Amerikaner mit doppelter Staatsbürgerschaft wird entlassen und kann sich in den USA auf Bewährung relativ frei bewegen.

In seine Wahlheimat Kuba darf González aber nicht. Ein entsprechender Antrag seines Anwalts Philip R. Horowitz wurde von den Behörden abgewiesen "angesichts der Schwere seiner Straftaten als Teil einer Konspiration, die das Ziel gehabt habe, die USA zu betrügen", so die Begründung.

René González ist einer der Cuban Five, der fünf kubanischen Spione, die exilkubanische Terrororganisationen in Miami ausspionieren sollten, um Anschläge in Kuba zu verhindern. Jahrelang trugen kubanische Agenten Informationen über militante exilkubanische Organisationen, darunter Alpha 66, Commandos F4 und Hermanos de Rescate, zusammen.

Im Juni 1998 gestattete die kubanische Regierung FBI-Experten den Besuch in Havanna - nach einer Anschlagsserie in Hotels. Den US-Agenten übergaben die Kubaner Akten mit belastendem Material, welches das eigene Agentennetz, La Red Avispa, in und um Miami zusammengetragen hatte. Mit der Übergabe flogen auch die eigenen Agenten auf. Im September 1998 wurden drei Mitarbeiter der Botschaft ausgewiesen, zehn Agenten enttarnt und festgenommen.

Prozess in Miami

Fünf Agenten kooperierten mit den US-Behörden, während gegen die anderen fünf ein Prozess wegen Spionage und Verschwörung gegen die Sicherheit der USA vorbereitet wurde. Einer der fünf, Gerardo Hernández, wurde zudem beschuldigt, für den Abschuss von zwei Flugzeugen der Exilorganisation Hermanos de Rescate im Februar 1996 mitverantwortlich zu sein.

Drei Jahre später fand der Prozess in Miami statt. Internationale Beobachter bezeichneten das Verfahren als unfair. Eine Einschätzung, die der Hamburger Völkerrechtsexperte Norman Paech genauso wie Amnesty International oder der Exilkubaner Alfredo Duran teilen. "Das Problem ist", so Duran, "dass das US-Justizsystem sehr kompliziert ist. Einen Prozess neu aufzurollen ist immens aufwendig."

Das ist nur ein Teil der Wahrheit. "Trotz des politischen Wechsels in den USA gibt es anscheinend nicht den politischen Willen, Fehler zu korrigieren", so der Exabgeordnete der Partei Die Linke, Norman Paech. Auch der ehemalige Leiter der US-Interessenvertretung in Havanna, Wayne Smith, hat mehr von der Regierung Obama erwartet. Die sei zwar den Exilkubanern in Sachen Dollartransfers und Reiseerleichterungen entgegengekommen. Aber ernsthafte Gesten zur Verständigung habe es nicht gegeben. Ein Entgegenkommen bei den Cuban Five wäre so eine Geste gewesen, aber die Obama-Administration hatte anscheinend Bedenken, die Republikaner auf die Palme zu bringen.

Unstrittig ist, dass das kubanische Agentennetz auch gegen das Southern Command, das bei Miami stationiert und für alle militärischen Aktionen in der Region verantwortlich ist, spioniert hat. Zwar ohne große Erfolge, aber Spionage ist kein Kavaliersdelikt. Wie drakonisch die Richter 2001 allerdings mit den Cuban Five umgingen, ist beispiellos, so die Experten.

René González hat seine Haftstrafe abgesessen. Allerdings ist für ihn nicht Schluss, denn drei weitere Jahre auf Bewährung muss er in den USA bleiben. Kein Vergnügen für einen kubanischen Agenten, dessen Familie wegen Bedrohungen nach Kuba flüchten musste.

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5 Kommentare

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  • JM
    Josie Michel-Brüning

    Leider musste ich neulich feststellen, dass selbst Wikipedia die hier von Herrn Henkel vertretene Version ganz im Interesse der dafür zuständigen US-Behörden bringt. Ich hörte im Rahmen der WDR-II-Sendung "Quintessenz", dass die US-Behörden Firmen damit beauftragten, Wikipedia in ihrem Interesse zu manipulieren.

    Nachdem ich die Darstellung Wikipedias vom Fall der "Cuban Five" bzw. "Miami5" gelesen habe, glaube ich

    der Redaktion "Quintessenz" und halte Wikipedia auch sonst nicht mehr für glaubwürdig.

    Wie kommt es, frage ich mich, dass selbst unsere Journalisten sich regelmäßig vor den antikubanischen Karren spannen lassen?

     

    Man sollte auch erwähnen, dass sich 10 Nobelpreisträger für die Freilassung der Fünf eingesetzt haben, mehrere Parlamentarier und Juristenorganisation aus aller Welt, einschließlich aus den USA sowie kirchliche Würdenträger.

    Es gibt bspw. einen Film des Emmypreisgekrönten US-Autors und Filmemachers Saul Landau, "Will the Real Terrorist Please Stand up!"

  • JM
    Josie Michel-Brüning

    Sehr geehrter Herr Henkel,

     

    zunächst vielen Dank, dass Sie die den für das US-Rechtssystem peinlichen Fall der "Cuban Five" überhaupt erwähnt haben.

    Da mein Mann und ich diesen Fall tatsächlich seit dem 1. "Miami Herald"-Artikel vom 14.09.1998 über die Verhaftung von 10 kubanischen mutmaßlichen "Spionen" verfolgen und uns auch die Mühe gemacht haben, deren Gerichtsurteile zu studieren, müssen wir Ihnen in einigen, von ihnen als "unstrittig" geltende Anklagepunkte dargestellten Behauptungen, widersprechen.

    Abgesehen davon, dass Sie die akute Notwehrsituation Kubas unerwähnt ließen (bis 1999 konnte Kuba 3.478 Tote und 2.099 Invalide aufgrund von exilkubanischen Terroranschlägen nachweisen, die es 2001 vor der UNO beklagte,)konnten bei den Fünfen keine US-Geheimdokumente gefunden werden, die die Anklage auf "Spionage" belegt hätten.

    Die Behauptung, sie hätten im US-Südkommando spioniert, ebenfalls nicht, die Anklage beruht auf einer Kronzeugenaussage eines der "kooperierenden" Fünf, Joseph Santos, Vater eines damals 12-jähr. Sohnes, der dafür im Gegenzug eine mildere Strafe bekam. Er sagte aus, er habe zwar den Auftrag gehabt, im Südkommando zu "spionieren", dies aber nicht "geschafft". Daher lautete die Anklage dann auf "Verschwörung zur Spionage". Das geht auch aus der Urteilsbegründung des Drei-Richtergremiums aus Atlanta vom 4. Juni 2008 hervor, s.: http://www.freethefive.org/legalFront/LFAppealsDecision060408.pdf .

     

    80 % des Beweismaterials wurde als geheim klassifiziert und selbst den Anwälten der Fünf nicht zugängig gemacht.

    Zurzeit ist ein Antrag auf "Habeas Corpus"-Anhörung beim Bundesbezirksgericht in Miami anhängig, mit denen die Fünf ihre Unschuld im Sinne der Anklagen, vor allen Dingen auch der Anklage gegen Gerardo Hernández "Verschwörung zum Mord" begangen zu haben, beweisen könnten.

    Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich die Zeit nähmen, der Sache auf den Grund zu gehen, um entsprechend zu berichten zu können.

    Einen ersten Überblick mit den wichtigsten Quellenangaben könnten Sie sich auf 2 DIN-A-4-Seiten unter # Chronologie der Ereignisse im Fall der Cuban Five [PDF] (Stand: 20. September 2011)

    Englisch [PDF] (Stand: 20. September 2011)

     

    http://www.miami5.de/informationen/chronologie.pdf

     

    verschaffen.

    Aktuell halten wir das Leben von René González nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in Marianna, Florida, für akut gefährdet.

     

    Mit freundlichen Grüßen

    Josie Michel-Brüning, Dipl.Päd. und systemische Familientherapeutin "i.R."

    Und Dirk Brüning, Dipl. Chemieingenieur „i.R.“

    huhnIhren Kommentar hier eingeben

  • R
    rose

    Was für ein Verbrechen:die Verhinderung von Terror! Aber nur,wenn der Terror von den USA ausgeht!So darf ein Terrorist,der vor 35 Jahren eine Bombe in einem kubanischen Verkehrsflugzeug zündete und damit 73 Menschen tötete,unbehelligt in den USA leben!Schliesslich war er CIA-Agent und die Toten "nur"

    Kubaner.Und auch die Verbrecher,die 1996 Bomben in Kubanischen Hotels zündeten,haben in den USA nichts zu befürchten!Sie sind ja "Helden",die im Interesse der USA

    bomben.....Und dieser Terrorstaat will den Terror bekämpfen?

  • R
    reblek

    "An diesem Freitag werden sich die Tore der Federal Correctional Institution (FCI) in Marianna im US-Bundesstaat Florida ein letztes Mal hinter René González schließen." - Wenn ich den Text nicht ganz falsch verstanden habe, werden sich diese Tore vor allem zum ersten Mal hinter González schließen.

    "Ein entsprechender Antrag seines Anwalts Philip R. Horowitz wurde von den Behörden abgewiesen 'angesichts der Schwere seiner Straftaten als Teil einer Konspiration, die das Ziel gehabt habe, die USA zu betrügen', so die Begründung." - Im Text steht sicher nicht "habe", sondern "hat".

  • BG
    Bernd Goldammer

    Die blutige CIA und alle anderen Terrororganisationen sind für die TAZ-Lohnschreiber ganz normal. Wenn Kubaner ihre potentiellen Angreifer ausspähen um sich zu schützen, dann ist das natürlich kein Kavaliersdelikt.Eine irre Auffassung! Zum Glück bröselt das alles auf. Ob ihr diesen Mist schreibt oder nicht!