Kritik zum internationaler Bürohundetag: Die ambivalente Liebe zu Hunden
Bundestags-Abgeordnete organisieren sich gerne über Hobbies. Kürzlich wurde der Parlamentskreis Hund gegründet – die Gefahr brauner Kackhaufen steigt.
J eden zweiten Tag thront direkt vor unserer Haustür ein riesiger Hundehaufen. Manchmal zuvorkommend eher in der Ecke, oft aber direkt mittig platziert, da wo alle Hausbewohner*innen mit hoher Wahrscheinlichkeit reintreten. Die dicken Schmeißfliegen freut es, mich empört die braune Gesinnung des dazugehörigen Hundehalters aber so sehr, dass ich den Drang verspüre, darüber eine Kolumne zu schreiben.
Ich habe schon mal eine Kolumne über Hunde geschrieben. Es ging darum, dass ein Tierschützer in einem Charterflug aus Kabul Hunde anstatt schutzsuchende Menschen aus dem von den faschistoiden Taliban übernommenen Afghanistan evakuieren ließ. Ich fand das nicht so gut. Mir wurde daraufhin Hundefeindlichkeit vorgeworfen. Deswegen lasse ich es diesmal, Hunde mit Almans zu vergleichen.
Ich widme mich aber hier gerne mal dem Bundestag. Dort organisieren sich Abgeordnete aller Fraktionen nach Hobbys in Parlamentskreisen. Es gibt zum Beispiel einen Parlamentskreis automobiles Kulturgut (für alle, die denken, dass es noch was wird mit dem Klimaschutz: brumm brumm!), Parlamentskreis Karneval (da gehören einfach alle Abgeordneten dazu), Parlamentskreis Schützenwesen (die bereiten sich bestimmt auf den Machtwechsel vor) oder Parlamentskreis Braukultur (Zwangspromille im Plenarsaal).
Sogar einen Parlamentskreis Pferd gibt es: hab gehört, Bibi Blocksberg soll für Sahra Wagenknecht nachrücken, wenn die ihre eigene Partei gründet.
Anfang des Jahres sagte eine CDU-Abgeordnete der Süddeutschen Zeitung, es solle einen Hobbyverein für Hunde im Bundestag geben. „Aus der charmanten Idee, einen Parlamentskreis Hund zu gründen, wird wegen akuten Zeitmangels der Ideengeberin wohl nichts werden“, steht in dem Bericht.
Gute Bilder fürs Frühstücksfernsehen
Doch nicht mal vier Monate später haben sich die hundeliebenden Politiker*innen im Bundestag eine Streicheleinheit gegönnt. Schön, dass sie sich doch die Zeit nehmen. Das freut mich wirklich sehr für die Köpeks.
Dabei stehen durchaus wichtige Themen auf der Agenda: der Schutz und die Förderung von Begleithunden für Menschen mit Behinderung. Es scheint aber so, dass die meisten Abgeordneten auf der Reichstagswiese einfach Gassi gehen wollen mit ihren Wauwaus. Gibt gute Bilder fürs Frühstücksfernsehen. Das erste große Vorhaben des Hundezirkels steht fest: Am 23. Juni 2023 wird im Bundestag der Internationale Tag des Bürohundes groß begangen.
„Da gibt es eine große Aktion mit Vierbeinern“ heißt es in einer internen Mail, die mir – von gleich mehreren frustrierten Mitarbeitenden im Bundestag – zugespielt wurde. Sie sind frustriert, weil sie denken, es gebe Wichtigeres in der Politik als Hunde namens Blondi oder Flex, und weil sie Angst haben vor noch mehr braunen Kackhäufchen vor ihren Bürotüren.
Immerhin: Der Parlamentskreis steht ausdrücklich allen Fraktionen offen, doch habe sich bisher kein Hund von der AfD gemeldet.
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