Kritik an undemokratischer Struktur: Irischer Künstler auf EU-Rebellion
Irlands bekanntester Künstler Robert Ballagh sah die EU schon immer skeptisch. Wählen gehen wird er trotzdem am 7. Juni.
Er sei schon immer ein EU-Skeptiker gewesen, sagt Robert Ballagh: „Mir missfällt die undemokratische Struktur. Man kann nur das Parlament wählen, aber das hat nicht viel Macht.“ In der heutigen Zeit sei das noch besorgniserregender. „Es herrscht ein Kriegseifer bei den Politikern“, sagt er.
Ballagh ist der wohl bekannteste Künstler Irlands. Er hat die letzten irischen Geldscheine entworfen, bevor der Euro eingeführt wurde, er hat die Kulissen für „Riverdance“ gestaltet und hat Dutzende irischer Musiker, Schriftsteller und Politiker porträtiert. Ein Porträt des Wissenschaftlers Francis Crick, das von James Watson in Auftrag gegeben wurde, mit dem Crick 1953 die DNS-Struktur entdeckt hatte, wurde im Francis-Crick-Institut in London von Königin Elisabeth enthüllt.
Sie sei sehr freundlich gewesen, sagt Ballagh. Sein wichtigstes Bild, sagt er, war jedoch ein Bild von Fidel Castro, das er im Auftrag von Sinn Féin gemalt hat. Parteipräsident Gerry Adams überreichte es dem kubanischen Präsidenten 2002 in Havanna.
Dass Ballagh Künstler wurde, war nicht geplant. Sein Vater, Robert Senior, spielte Kricket und Tennis, seine Mutter war Mitglied der irischen Hockey-Nationalmannschaft. „Aber wegen meines Körperbaus und meiner Sehschwäche war ich in all diesen Sportarten nicht besonders gut“, sagt er. Eigentlich wollte er Musiker werden. Er hatte seit seinem 14. Lebensjahr in einer Reihe von Bands gespielt, mit den Chessmen ging er auf Tournee.
Trotz EU-Skepsis geht Ballagh am 7. Juni wählen
Da die Gruppe auch in England spielte, änderte er seinen Namen in Bobby Balla: „Sonst hätten sie meinen Namen auf der Nachbarinsel nicht aussprechen können.“ Nachdem er zwei befreundete Musiker bei Autounfällen verloren hatte, beendete er seine musikalische Karriere. Bei einem Familientreffen ging es darum, was er mit seinem Leben anfangen sollte. Sein Cousin Noah, ein Künstler und Musiker, hatte sich kurz zuvor in London umgebracht, sodass die Familie beschloss, dass Kunst nicht das Richtige sei. Stattdessen schickten sie ihn auf ein Architektur-College.
Politisch hat er sich immer eingemischt, sei es in den Nordirlandkonflikt oder in die EU. Im Jahr 2008 hat er die Kampagne des People’s Movement gegen den EU-Vertrag von Lissabon durch einen limitierten Druck finanziert. „Wir waren sehr erfolgreich, der Vertrag wurde in Irland durch einen Volksentscheid abgelehnt.“ Genützt hat es nichts. Die EU verlangte von Irland, das Referendum zu wiederholen. „Im zweiten Anlauf wurde der Vertrag angenommen. Das zeigt die undemokratische Natur der EU.“ Er werde am 7. Juni trotzdem wählen: „Aber mit Sicherheit keine der Mainstream-Parteien, meine Stimme geht an People Before Profit.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau