Kritik an der Lufthansarettung: Chance durch Corona? Verpasst!
Die staatliche Rettung der Lufthansa stößt auf viel Kritik. Klimaschutz, Konsumentenrechte und die Sicherung der Beschäftigten seien nicht garantiert.
Klima- und Verbraucherschützer üben harsche Kritik an der staatlichen Lufthansa-Rettung ohne Auflagen. „Es ist mehr als bedauerlich, dass die Bundesregierung keinen Mut zeigt, notwendige Veränderungen bei der Lufthansa anzustoßen“, sagte Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik des Naturschutzverbands BUND, der taz.
Finanzielle Unterstützung des Staats hätte nur gegen Klimaschutz gewährt werden dürfen, etwa die Verlagerung von Kurzstreckenflüge auf alternative Verkehrsmittel und Maßnahmen zur generellen Vermeidung von Flügen. „Zudem wird eine gute Chance fahrlässig vergeben, die Lufthansa zum Vorzeigeunternehmen bei der Verwendung nachhaltig hergestellter strombasierter Kraftstoffe im Flugverkehr zu machen“, sagte er.
Die Bundesregierung hat am Montagabend bekannt geben, dass sie trotz der Rettungssumme von 9 Milliarden Euro keinen Einfluss auf das Geschäft des Konzerns nehmen will. Auch Auflagen für den Erhalt von Arbeitsplätzen oder zur Schonung des Klimas wie die Reduzierung von Inlandsflügen hat sie nicht gemacht.
Stattdessen soll die Lufthansa durch eine Erneuerung der Flugzeugflotte Emissionen reduzieren und Kooperationen für Flugkraftstoffe auf Basis erneuerbarer Energien ausweiten. Doch das ist nicht an klare Vorgaben geknüpft, es sind unverbindliche Absichtserklärungen.
„Kurzfristige Konzerninteressen“
„Die Airline-Lobby hat sich in den Verhandlungen mal wieder durchgesetzt und klare Schritte zum Klimaschutz verhindert“, sagte Klara Strauß von der Initiative „Am Boden bleiben“. „Die Bundesregierung zeigt damit, dass ihr kurzfristige Konzerninteressen wichtiger sind als langfristige Krisenprävention.“
Die Initiative und rund 350 Organisationen sowie 300 WissenschaftlerInnen und zahlreiche Einzelpersonen fordern, mit Steuergeldern gestützte Rettungspakete an den Schutz von Beschäftigten und Klima zu koppeln.
Verbraucherschützer halten die bedingungslose Rettung der Airline ebenfalls für falsch. Neben fehlenden Klimaschutzvorgaben kritisiert der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller, dass die Bundesregierung nicht auf die Rückerstattung der bezahlten Tickets für ausgefallene Flüge besteht.
„Das Mindeste ist, dass sich die Lufthansa an Recht und Gesetz hält und die schon lange fälligen Ansprüche der Verbraucher nach der Fluggastrechteverordnung erstattet, wenn sie Staatshilfen bekommt“, sagte er. Ein großes Flugrechteportal hat die Lufthansa verklagt und 20.000 Fälle von nicht erstatteten Tickets dokumentiert.
Schutz der Arbeitnehmer:innen
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi begrüßt die Rettung, kritisiert aber den fehlenden Beschäftigungsschutz. „Das reicht uns bei Weitem nicht“, sagte Mira Neumaier, Verdi-Bundesfachgruppenleiterin Luftverkehr. Die Behauptungen aus den Reihen der Bundesregierung, die Lufthansa-Hilfe erfolge zum Schutz der Beschäftigten, seien ohne konkrete Auflagen nicht mehr als „Lippenbekenntnisse“.
Andererseits seien allerdings auch keine Maßnahmen vereinbart worden, die zwangsläufig zu einem Stellenabbau führen würden, betonte Neumaier. In der Schweiz und in Belgien zum Beispiel helfen Regierungen Airlines nur unter der Bedingung, dass sie Rationalisierungsmaßnahmen einleiten.
Auch Linkspartei und Grünen lehnen den Verzicht auf Vorgaben ab. „Das Verhandlungsergebnis ist ein schlechter Witz“, sagte der Vorsitzende der Linkspartei Bernd Riexinger. „Das Lufthansa-Management hat das Poker-Spiel gewonnen.“ Die Bundesregierung habe mit dem Verzicht auf Gestaltungsmöglichkeiten eine Chance vertan. „Den Preis dafür bezahlen die Beschäftigten und die Steuerzahler.“
Der Einsatz öffentlicher Gelder müsse Innovationen auslösen und den Klimaschutz voranbringen, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen Anton Hofreiter. Beides sei nicht zu erkennen. „Leider beweist die Bundesregierung damit wieder einmal, dass Klimaschutz zwar in Sonntagsreden zählt, nicht aber, wenn es wirklich darauf ankommt“, sagte er. Der Anteil von 20 Prozent ohne eigene Sperrminorität des Bundes sei dem Einsatz öffentlicher Gelder gegenüber nicht angemessen.
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